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In der Stadt

Baden-Baden: Betteln macht Armut sichtbar

Menschen, die betteln, machen Armut sichtbar. Auch in Baden-Baden sind Männer und Frauen zu sehen, die ihre Hand in der Fußgängerzone aufhalten und auf Unterstützung der Mitmenschen hoffen. Einfach vorbeigehen und nicht beachten oder Mitleid haben und was geben? Bei organisierten Banden profitieren schließlich die Hintermänner.

Kein seltenes Bild: Ein Bettler in der Baden-Badener Fußgängerzone. Das passt nicht zum Image der Stadt, die vor allem auch vom Tourismus lebt. Doch das Betteln ist nicht strafbar, wenn sich die Personen an Regeln halten. Anders sieht es aus, wenn gewerbsmäßig organisierte Bettlerbanden unterwegs sind.
Kein seltenes Bild: Ein Bettler in der Baden-Badener Fußgängerzone. Das passt nicht zum Image der Stadt, die vor allem auch vom Tourismus lebt. Doch das Betteln ist nicht strafbar, wenn sich die Personen an Regeln halten. Anders sieht es aus, wenn gewerbsmäßig organisierte Bettlerbanden unterwegs sind. Foto: Kamleitner

Auch wenn wir selbst manchmal beschämt wegschauen: Menschen, die betteln, machen Armut sichtbar. Auch in Baden-Baden sind Männer und Frauen zu sehen, die ihre Hand in der Fußgängerzone aufhalten und auf Unterstützung der Mitmenschen hoffen. Einfach vorbeigehen und nicht beachten oder Mitleid haben und was geben?

Bei vielen Menschen löst die Begegnung mit einem Bettler vor allem Unsicherheit aus. Zumal es auch organisiertes Betteln gibt: Dann hat nicht der Bedürftige einen Nutzen von einer Spende. Es profitieren vielmehr Hintermänner, an die er sein gesammeltes Geld abgeben muss.

Organisierte Banden

In Deutschland ist das Betteln nicht strafbar. Der entsprechende Paragraf wurde im Jahr 1974 im Strafgesetzbuch gestrichen. Und es gibt in Baden-Baden viele Menschen, die Bedürftigen gerne helfen möchten. Doch kann man einen Menschen in einer echten Notlage von einem Mitglied einer organisierten Bettlerbande unterscheiden?

Betteln ist nicht gleich Betteln.

Auf den ersten Blick auf keinen Fall, räumt Christian Könemann, Sprecher der Diakonie Baden ein. Aber er legt Wert auf die Differenzierung: „Betteln ist nicht gleich Betteln“. Gewerbsmäßiges oder organisiertes Betteln sei abzulehnen, betont der Sprecher des Wohlfahrtsverbandes.

Hintermänner profitieren

Dann werde die Hilfsbereitschaft der Menschen für ein gewerbsmäßiges Anliegen missbraucht. „Das ist eine Form der Ausbeutung“, betont Könemann und verweist darauf, dass die Person, die vor Ort um Almosen bittet, von den Einnahmen unter dem Strich nichts oder fast nichts bekommt. Die kassieren die Hintermänner.

Sie sind das letzte Glied der Bandenkette.

So sieht es auch Oberbürgermeisterin Margret Mergen. „Die Ärmsten der Armen sitzen vorne, sie sind das letzte Glied der Bandenkette“, formulierte die CDU-Politikerin jüngst im Gemeinderat. Die Rathauschefin sparte daher nicht mit einem Appell: Nichts geben! Die Alternative: Eine Spende an eine Organisation, die bedürftige Menschen unterstützt. Wenn die Einnahmen organisierter Bettlerbanden in Baden-Baden nicht üppig ausfallen, ziehen sie vielleicht in andere Kommunen weiter, so ihre Hoffnung.

Ordnungshüter schreiten ein

Wenn Bettler einfach nur da sitzen und auf Münzen oder Scheine in ihrer Büchse hoffen, gibt es dagegen keine rechtliche Handhabe. So stellen diese Menschen keine Gefahr für die Sicherheit oder die öffentliche Ordnung in der Stadt dar. Anders sieht es beim „aggressiven Betteln“ aus. Legen bettelnde Personen ein aufdringliches Vorgehen an den Tag, können die Ordnungshüter einschreiten. Auch gewerbsmäßiges Betteln wäre ein solcher Anlass – wenn es Anzeichen dafür gibt.

Armut in Baden-Baden

Menschen, die kein ausreichendes oder nur ein geringes Einkommen haben, gibt es auch im vermeintlich reichen Baden-Baden. Fast jeder Zehnte bezieht Sozialleistungen, offenbart der Armutsbericht der Stadt. Zudem verzeichnet die Schuldnerberatung eine hohe Nachfrage. Außerdem wird fast jeden dritten Tag ein Wohnungsnotfall registriert: Menschen droht der Verlust der Wohnung – und damit Obdachlosigkeit.

Umgang mit Bettlern

Wie soll ich einem Bettler begegnen? Christian Könemann, Sprecher der Diakonie Baden, gibt Tipps aus eigener Erfahrung:

  • Wenn man kein Geld geben möchte, kann man die Person direkt ansprechen, auch wenn es vielleicht nicht leicht fällt: „Möchten Sie einen Becher Kaffee oder ein Brezel?“ Wenn die Frage bejaht wird, kann man das Versprochene besorgen und dem Bettler bringen.
  • Wer einem Bettler einen Wunsch erfüllen möchte, kann ihn konkret fragen, ob er etwas braucht, vielleicht ein Kleidungsstück oder einen anderen Gegenstand wie ein Handtuch – und es eventuell einen Tag später an einem vereinbarten Platz übergeben. Könemann hat es schon ausprobiert: „Die Person hat sich riesig gefreut!“
  • Wer einem Bettler Geld nicht in die Hand geben oder in seinen Hut werfen möchte, kann eine Spende an eine soziale Einrichtung überweisen, die bedürftige Menschen wie Obdachlose unterstützt.

Kommentar
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Gutes tun

Der Pfadfinderspruch ist noch heute vielen Menschen geläufig: „Jeden Tag eine gute Tat!“ Wer anderen etwas Gutes tut, vergrößert aber nicht nur dessen Glück, sondern auch sein eigenes. Ein paar Euro in das Gefäß eines Bettlers zu werfen, das tut vielen Mitmenschen wirklich nicht weh. Aber tun wir es?

Misstrauisch

Tatsächlich muss man sich als Geber bisweilen fragen, ob der Mensch, der mitleiderregend am Straßenrand sitzt, von der Spende auch selbst was hat oder seine Einnahmen an kriminelle Hintermänner abführen muss, die ihn nur benutzen, um Kasse zu machen.

Wertschätzung spenden

In Baden-Baden, so darf man annehmen, sind Bettlergefäße vermutlich besser gefüllt als andernorts. Statt „Kupfer“ dürften darin auch Scheine landen. Für Menschen in Notlagen sind diese Einnahmen eine große Hilfe. Auch eine freundliche Ansprache kann etwas vermitteln, was diese Menschen nur selten oder gar nicht erfahren: Wertschätzung! Sich vor Ort von seinem Bauchgefühl leiten lassen, ist gewiss kein schlechter Ratschlag. Nur wegschauen, das ist nicht die Patentlösung. Zumal jeder von uns schnell in eine Abwärtsspirale kommen kann, wenn das Schicksal zuschlägt. Und manchmal reicht es schon, Betroffenen Aufmerksamkeit zu spenden, um etwas Gutes zu tun.

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