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Die Hintergründe

Darum demontiert die CDU in Kraichtal den CDU-Bürgermeister

Das passiert selten: Die CDU demontiert einen Bürgermeister aus ihren eigenen Reihen öffentlich. Genau das passiert aber in Kraichtal. Dort haben die Christdemokraten dem Rathauschef Ulrich Hintermayer erklärt: Sie finden seine Arbeit nicht gut und sie würden ihn nicht mehr unterstützen, wenn er 2021 wieder kandidierten würde.

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Kraichtals Bürgermeister Ulrich Hintermayer Foto: pr

Das passiert selten: Die CDU demontiert einen Bürgermeister aus ihren eigenen Reihen öffentlich. So geschehen in der Stadt Kraichtal. Dort haben die Christdemokraten dem Rathauschef Ulrich Hintermayer erklärt: Sie finden seine Arbeit nicht gut, er habe keine Impulse und sie würden ihn nicht mehr unterstützen, wenn er 2021 wieder kandidierten würde.

Ganz neu ist das Gegrummel über die Arbeit des Bürgermeisters in der Stadt mit 14.600 Einwohne nicht. Was steckt aber tatsächlich dahinter?

Krach zwischen Ulrich Hintermayer und der CDU

„Mit Weinbergen, Äckern, Wiesen und Wäldern so reich gesegnet. Wie ein lieblicher Gartgen dem Beschauer viel Genuss und Ergötzen bereitet“. So beschreibt der aus Menzingen stammende David Chyträus einst seine Heimat, also auch die Gegend des heutige Kraichtal in einer berühmten Landschaftslobrede von 1558.

In diesen Tagen registriert man mit Blick auf die Stadt im reizvollen Kraichgau weniger Genuss, als vielmehr Verwunderung und gereizte Akteure. Und zwar über handfesten politischen Krach zwischen Bürgermeister Ulrich Hintermayer (CDU) und der CDU.

"Niemand sagt, er ist ein guter Bürgermeister"

Was sind die tieferen Gründe, dass Fraktion und Ortsverband der Christdemokraten dem Rathauschef öffentlich das Vertrauen entzogen haben? Die Partei hat gerade in einer knappen Mitteilung erklärt, bei der Bürgermeisterwahl 2021 einen Wechsel anzustreben. Die CDU würde den 54-jährigen Hintermayer nicht mehr unterstützen, sollte er nach 16 Amtsjahren erneut kandidieren. Eine persönliche Fehde oder ein begründetes Misstrauensvotum für einen Rathauschef?

Hört man sich um, gibt es viele Hinweise, dass die stärkste politische Kraft in der Stadt (elf Sitze im Gemeinderat) laut ausgesprochen hat, was viele Kommunalpolitiker und Bewohner schon länger im Stillen bewegt. „In Kraichtal sagt eigentlich niemand, dass er ein guter Bürgermeister ist“, bringt es ein langjähriger politisch Engagierter auf den Punkt. Ein anderer, der alle Gemeinderatsentwicklungen kennt, ergänzt: „Viele sprechen sogar von 16 verloren Jahren mit diesem Bürgermeister.“

Hintermayer verteidigt sich: War noch nie Parteisoldat

Ulrich Hintermayer selbst zeigt sich sehr erstaunt über die Vorwürfe der CDU „Sie sind so auch nicht nachvollziehbar“. Was ihm als Gestaltungsschwäche ausgelegt werde, „ist ein kooperativer Führungsstil. Wir haben nicht viel Geld in Kraichtal, um Impulse zu setzen“. Er könne nichts dafür, wenn im Rathaus Fluktuation herrscht oder Führungskräfte gehen. „Manche haben anderswo Aufstiegschancen gesucht, viele sind in Mutterschaft oder Elternzeit und überhaupt ist es schwer Verwaltungspersonal zu finden.“

Für den Frust der CDU sieht er mehrere Gründe: „Ich war noch nie ein Parteisoldat und ich habe nicht Einzelinteressen aus neun Stadtteilen vertreten, sondern das Gesamte im Blick. Ich habe die Gemeinschaftsschule Münzesheim zusammen mit anderen Fraktionen durchgesetzt, aber halt gegen die CDU.“

CDU: Er reagiert nicht und er regiert nicht

Deren Fraktionsvorsitzender (und Erster Bürgermeister-Stellvertreter) Alfred Richter sei anscheinend unzufrieden, dass er nicht alle seine Vorstellungen durchsetzen und wenig repräsentieren könne. Er, Hintermayer, habe im Dezember einfach keine Zeit für ein offizielles Gespräch gehabt. „Grundsätzlich halte ich es noch nicht für nötig, über eine Wahl im Frühjahr 2021 zu sprechen.“

Alfred Richter bestätigt, dass die CDU auf ein Gespräch drängte, das nicht stattfand. „Der Bürgermeister hat nicht reagiert und ein großes Problem ist, dass er auch nicht regiert.“ Hintermayer setze keine Impulse, habe keine Visionen, Vorlagen und Sitzungsleitung seien verbesserbar, man habe die Umstellung auf die Doppik verschlafen und jetzt auch noch keinen Haushalt für 2020. „Er ist ein netter Mensch. Aber die Summe aus Vielem macht uns unzufrieden. Und deshalb müssen wir schon jetzt an die nächste Bürgermeisterwahl denken, um das zu ändern“, so der örtliche CDU-Chef.

SPD und FWV  haben auch Kritik, aber finden Stil der CDU nicht gut

Bernhard Stolzenberger ist Vorsitzender der siebenköpfigen SPD-Fraktion und meint: „Herr Hintermayer ist nicht unser Bürgermeister, das ist klar. Wenn wir ihn grundsätzlich kritisieren, dann aber intern".Der Schritt der CDU schade dem Amt und der Stadt. „Es ist nicht leicht , bei Stadtteilen und 140 Vereinen zu agieren. Der Bürgermeister hat die Bereitschaft dazu gezeigt.“

Ähnlich argumentiert Reinhard Müller für die Freien Wähler mit sieben Gemeinderäten. „Es gibt viele Versäumnisse, die der Bürgermeister zu vertreten hat. Das Klima in der Verwaltung ist verbesserungswürdig und er müsste bei manchem mehr auf der Matte stehen, etwa bei großen Verkehrsproblemen wie in Unteröwisheim. Andererseits hat er manche Altlasten übernehmen müssen und wir sind halt ’arme Schlucker’“, muss Müller eingestehen. Aber was die CDU gemacht habe, war dem FWV-Fraktionsvorsitzenden zu scharf. Diese Demontage Hintermayers schade der Position von Kraichtal und seines Stadtoberhaupts.

Kraichtals Bürgermeister

Ulrich Hintermayer wurde 2005 erstmals zum Bürgermeister der Stadt Kraichtal gewählt, die heute 14.600 Einwohner hat. Kraichtal besteht aus neun Teilorten, die sich 1971 zusammenschlossen: Unteröwisheim, Oberöwisheim, Münzesheim, Oberacker, Gochsheim, Menzingen, Bahnbrücken Landshausen und Neuenbürg. Hintermayer war zuvor Bürgermeister von Illingen. Er setzte sich gegen neun weitere Kandidaten durch und gewann im zweiten Wahlgang mit 29,8 Prozent.

Bei der Wiederwahl 2013 hatte Hintermayer drei Mitbewerber und kam auf 55 Prozent. Die BNN kommentierten damals: „Kein Traumergebnis.“ Vor Hintermayer hieß der Bürgermeister Horst Kochendörfer (FWV). Er starb 2004.

Kraichtal geriet schon 2014 in die Schlagzeilen als herauskam, dass der Leiter des Liegenschaftsamts 28 Jahre lang mit fingierten Grundstückskäufen über eine Million Euro in die eigene Tasche gewirtschaftet hatte.

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