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Kreistag vermutlich dagegen

Karlsruher Verkehrsverbund bekommt wohl kein 365-Euro-Ticket

Im Karlsruher Verkehrsverbund wird es zunächst kein 365-Euro-Ticket geben: Der Kreistag des Landkreises Karlsruhe wird sich in seiner Sitzung an diesem Donnerstag in Oberderdingen aller Voraussicht nach gegen einen Antrag der SPD-Fraktion stellen, die die Einführung eines solchen Jahrestickets gefordert hatte.

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JOH_5218x Foto: Hora

Im Karlsruher Verkehrsverbund wird es zunächst kein 365-Euro-Ticket geben: Der Kreistag des Landkreises Karlsruhe wird sich in seiner Sitzung an diesem Donnerstag in Oberderdingen aller Voraussicht nach gegen einen Antrag der SPD-Fraktion stellen, die die Einführung eines solchen Jahrestickets gefordert hatte.

Als sich die Bundestagsfraktion der SPD im September vergangenen Jahres dafür stark machte, dass der Bund Städte und Gemeinden bei der Einführung eines 365-Euro-Jahres-Tickets fördern solle, fackelten die Sozialdemokraten im Landkreis nicht lange: Nur wenige Tage später beantragte die SPD-Kreistagsfraktion, im Zuge der angeschobenen Tarifreform des Karlsruher Verkehrsverbundes auch ein solches Jahresticket einzuführen.

Einbußen von sechs Millionen Euro

Die Kreisverwaltung verwies darauf, dass eine solche Entscheidung im Aufsichtsrat des KVV getroffen werden muss – und zeigte auf, dass dem Kreis mit dem 365-Euro-Ticket Einnahmen von rund sechs Millionen Euro verloren gehen würden.

Die SPD führte Fördertöpfe, einen möglichen Zuwachs von Fahrgästen und Kostenersparnisse in der Straßenerhaltung ins Feld und beantragte, der Kreistag möge sich in der Sitzung an diesem Donnerstag in Oberderdingen-Flehingen für die Einführung des 365-Euro-Tickets aussprechen und Landrat Christoph Schnaudigel als stellvertretenden KVV-Aufsichtsratsvorsitzenden sowie die Aufsichtsräte aus den Fraktionen damit beauftragen, das Ticket im KVV zur Entscheidung zu bringen.

Zurückgestellt

Laut Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung wird es anders kommen: Demnach soll über das 365-Euro-Ticket erst wieder beraten werden, wenn klar ist, welche finanziellen Auswirkungen die geplante Home Zone des KVV auf den Landkreis hat.

In der Zwischenzeit soll die Verwaltung die finanziellen Folgen des Tickets, Kosten für nötige Investitionen und Fördermöglichkeiten prüfen. Denn sowohl die Kreisverwaltung als auch CDU/Junge Liste, Freie Wähler und FDP sehen den Vorschlag der SPD kritisch. Grüne, AfD und Linke befürworten die Idee.

Familien und Senioren werden entlastet

SPD-Fraktionsvorsitzender Markus Rupp begründet den Vorstoß vor allem mit Argumenten des Klimaschutzes und der sozialen Gerechtigkeit: „Ein Ticket für einen Euro pro Tag lockt mehr Menschen in Busse und Bahnen – und das reduziert den CO2-Ausstoß. Außerdem werden Familien mit Kindern und Senioren entlastet, die momentan deutlich mehr für ihre Fahrscheine zahlen“, so Rupp.

Die Linke möchte gar einen Schritt weiter gehen: „Das 365-Euro-Ticket ist ein gutes Instrument auf dem Weg zu einem langfristig kostenfreien und ökologischen Nahverkehr“, teilt die Fraktion mit. Im Vergleich mit der Home Zone stelle es die unkompliziertere und familienfreundlichere Alternative dar.

Es macht wenig Sinn, jetzt zwischen den Pferden zu wechseln.

Für Landrat Christoph Schnaudigel ist ausschlaggebend, dass der KVV mit der Home Zone bereits konkrete Pläne hat, wie das Tarifsystem vereinfacht werden kann. Die Home Zone soll noch 2020 in eine Testphase gehen und den Kunden im Laufe von 2021 zur Verfügung stehen. „Deswegen macht es meines Erachtens wenig Sinn, jetzt zwischen den Pferden zu wechseln“, so Schnaudigel.

Zeitgemäßer und gerechter

„Wir treten für ein einfacheres und günstigeres Tarifsystem ein“, sagt der Landrat. Deswegen müsse in einem zweiten Schritt auch darüber nachgedacht werden, die Preise mit Einführung der Home Zone zu senken, heißt es in der Sitzungsvorlage. „Das würde uns auch Einnahmen kosten“, sagt er. Allerdings sei die Home Zone als individuell auf den Fahrgast abgestimmtes Angebot nicht nur zeitgemäßer, sondern auch gerechter.

Damit argumentieren auch CDU/Junge Liste und Freie Wähler. „Mit dem 365-Euro-Ticket zahlt ein Fahrgast, der nur drei Stationen fährt, genauso viel wie einer, der 25 Stationen fährt“, sagt Johannes Arnold, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler.

Er und Amtskollege Sven Weigt betonen, dass sie und ihre Parteifreunde sich einer Senkung des Preises keineswegs verschließen. „Aber wir wollen das intelligentere und zukunftsgewandtere Modell“, so Weigt, für den außer Frage steht, dass sich der KVV auch bei der Home Zone um Förderung bemühen sollte.

FDP-Fraktionsvorsitzender Willy Nees führt die Finanzen ins Feld. Tatsächlich werden der Kreis und seine Städte und Gemeinden in zehn Jahren 25 Millionen Euro mehr für den ÖPNV berappen müssen, als sie es heute tun.

Für 2020 sind Kosten von 32 Millionen Euro prognostiziert, 2029 belaufen sich diese auf 57 Millionen Euro. Hintergrund sind höhere Trassenpreise und beschlossene und geplante Investitionen. Hinzu kämen Kosten für die Home Zone. Und das 365-Euro-Ticket? „Alles gleichzeitig geht nicht“, sagt Willy Nees.

365-Euro-Ticket und Home Zone in Kombination

Für die SPD hingegen stellen die beiden Tarifmodelle – ebenso wie für die AfD – keine Konkurrenz dar, ließen sich ihrer Meinung nach gut kombinieren. „Wenn wir den ÖPNV attraktiver gestalten wollen, müssen wir Geld in die Hand nehmen“, sagt Markus Rupp, der sich zwar etwas mehr Mut gewünscht hätte, mit dem Beschlussvorschlag der Kreisverwaltung für die Sitzung an diesem Donnerstag aber leben kann.

Alle Fraktionen des Kreistags stellten klar, dass der ÖPNV nicht nur durch individuellere Angebote und günstige Preise, sondern vor allem auch durch Zuverlässigkeit punkten muss.

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