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Keine Öffnungsperspektive

Ausgetanzt? Kult-Disco Lauinger in Malsch bangt um Existenz

Seit dem 14. März bleibt das Tanzparkett in dem überregional bekannten Lokal leer. Die Inhaberin hält eine Öffnung unter Corona-Auflagen für möglich. Dass ihr Tanzrestaurant weiter zu bleiben muss, während in der Gastronomie wieder mehrere Menschen an einem Tisch sitzen dürfen und Demos mit Tausenden Teilnehmern erlaubt sind, kann sie nicht nachvollziehen.

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Hofft auf klare Zukunftsaussichten: Dagmar Sammüller, Inhaberin des Tanzrestaurants Lauinger in Malsch, ist von der Corona-Krise hart getroffen. Seit 14. März ist ihr Lokal geschlossen. Eine Perspektive für die Öffnung hat sie nicht. Foto: Trauden

Seit dem 14. März bleibt das Tanzparkett in dem überregional bekannten Lauinger in Malsch leer. Die Inhaberin hält eine Öffnung unter Corona-Auflagen für möglich. Dass ihr Tanzrestaurant weiter zu bleiben muss, während in der Gastronomie wieder mehrere Menschen an einem Tisch sitzen dürfen und Demos mit Tausenden Teilnehmern erlaubt sind, kann sie nicht nachvollziehen.

Wo die Menschen sonst zu Discofox, Schlager oder Chartmusik tanzten, herrscht jetzt Leere: Im Tanzrestaurant Lauinger in Malsch stehen die Barhocker auf den Tischen, die Musik ist aus. Nur die bunten Lichter an den Wänden und der Decke vermitteln annähernd einen Eindruck von der Atmosphäre, die sonst besteht, wenn im Lauinger Bands oder DJs das Publikum in Stimmung bringen.

Bei Inhaberin Dagmar Sammüller wächst die Verzweiflung – und der Ärger: Während in der Gastronomie inzwischen bis zu zehn Personen aus verschiedenen Haushalten an einem Tisch sitzen dürfen, Grenzen geöffnet werden und bei Demonstrationen Tausende Menschen zusammenkommen, müsse ihr Lokal weiter geschlossen bleiben.

Tanzlokal gibt es schon seit 60 Jahren

„Ich kann das nicht nachvollziehen“, sagt Sammüller. Sie hat das Lauinger vor elf Jahren übernommen. Insgesamt gibt es das Tanzrestaurant schon seit 60 Jahren. 1965 gewann der Baden-Badener Schlagersänger Tony Marshall hier einen Talentwettbewerb und damit auch seinen ersten Plattenvertrag.

Die Leute kommen nicht her, um etwas zu essen oder eine Cola zu trinken. Sie kommen, um zu tanzen.
Dagmar Sammüller, Inhaberin Tanzrestaurant Lauinger

Sammüllers Lokal passt wohl am ehestens in die Kategorie Diskotheken, und die dürfen laut Corona-Verordnung noch nicht wieder öffnen. Zwar bietet die Inhaberin auch Speisen an, aber alleine deswegen kommen die Gäste nicht. Sie kommen um zu tanzen.

Und zwar richtig, nach der alten Schule: Discofox, Walzer, Rock ’n’ Roll, mit einstudierten Schrittfolgen und zur jeweils passenden Musikrichtung. Freitags spielt ein DJ Discofox, Charts oder Schlager von der Platte, immer samstags und sonntags zum Tanztee ist eine Liveband da.

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Gäste kommen aus Stuttgart oder Weil am Rhein

Nur das Restaurant zu öffnen, wie es laut Verordnung erlaubt ist, lohnt sich für Sammüller nicht. „Die Leute kommen nicht her, um etwas zu essen oder eine Cola zu trinken.“ Vor allem nicht diejenigen, die für den Tanzabend im Lauinger eine weite Anfahrt in Kauf nehmen – und das sind die meisten: Sammüllers Gäste stammen aus Bruchsal, aus Pforzheim, aus Stuttgart, aus Weil am Rhein an der Schweizer Grenze.

Die Besucher sind 40 Jahre aufwärts alt, „75 Prozent sind Pärchen“. 150 bis 250 Gäste zählte Sammüller vor der Corona-bedingten Schließung durchschnittlich pro Abend. „Das ist überschaubar. Das könnte man gut erfassen und rückverfolgen, wenn etwas wäre, so wie es in der Gastronomie gemacht wird.“

Keine Einnahmen, aber mehrere Tausend Euro monatliche Fixkosten

Eine Perspektive, wann sie ihr Lokal wieder für Tanzveranstaltungen öffnen darf, hat sie nicht. Seit dem 14. März sind die Türen zu und die Einnahmen auf Null, die Aushilfen musste Sammüller nach Hause schicken.

Derweil muss sie weiter die monatlichen Fixkosten für das Gebäude tragen. Die gehen in die Tausende. Wie lange das noch gut geht, kann sie nicht sagen. Klar ist: Der finanzielle Puffer, den sie sich erarbeitet hat, schmilzt.

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Seit genau 61 Jahren gibt es das Tanzrestaurant Lauinger in Malsch schon. Schlagersänger Tony Marshall feierte hier erste Erfolge. Foto: Trauden

Hilferuf bei Politikern aus der Region

Hilfesuchend hat sie sich an lokale Politiker und die Gemeinde gewandt: Die Bundestagsabgeordneten Axel E. Fischer (CDU) und Christian Jung (FDP), die Landtagsabgeordnete Christine Neumann-Martin (CDU) und der Malscher Hauptamtsleiter waren da und haben versprochen, sich zu kümmern, Klarheit zu schaffen. Damit Sammüller zumindest ein Perspektive hat.

Dehoga-Chef fordert weitere finanzielle Hilfe

So wie der Geschäftsführerin des Lauinger  geht es vielen Inhabern von Discos und Clubs, weiß Michael Kant, Geschäftsführer des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga) in Karlsruhe. „Es gibt leider Gottes noch keine konkrete Öffnungsperspektive“, sagt er. Die Feierlocations zählten zu den am härtesten von der Krise getroffenen unter den rund 30.000 Vertretern des Hotel und Gaststättengewerbes in Baden-Württemberg.

Kant fordert: Wenn die Corona-Situation eine Öffnung schon nicht absehbar macht, solle die Politik doch zumindest eine finanzielle Perspektive geben. Konkret meint er damit die „Soforthilfe II“ in Höhe von 330 Millionen für Gastronomie und Hotellerie in Baden-Württemberg, die nun auf den Weg gebracht werden soll.

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„Ins Bett“ geht es bald nicht mehr am Rande der Alb: Die Traditionskneipe macht nach 26 Jahren dicht. Einen neuen Pächter gibt es bereits, Mitte oder Ende Juli soll dort das „Gold Blond“ öffnen. Foto: Trauden

Aus der Ettlinger Musikkneipe "Ins Bett" wird das "Gold Blond"

Auch die Ettlinger Kult-Kneipe „Ins Bett“ hat unter der Corona-Krise gelitten – die Pandemie ist aber nicht der alleinige Grund für die nun erfolgte Schließung. „Ich suche schon seit ein, zwei Jahren nach jemandem, der es weiter betreibt“, erklärt Inhaber Andreas Schmider.

Die Corona-Krise habe seine Entscheidung beschleunigt. „Hätten wir nicht schließen müssen, hätte ich vielleicht noch gewartet.“ Nun übernimmt das Lokal eine Betreibergesellschaft um den Karlsruher Gastronomen Florian Amann.

Aus dem „Ins Bett“ wird das „Gold Blond“. Derzeit wird renoviert, geplant ist eine Eröffnung bis Ende Juli. Das Konzept: Eine gemütliche Kneipe mit Kleinigkeiten zum Essen, die sieben Tage die Woche geöffnet ist.

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