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Fokus: Geriatrie

Patientin kritisiert Klinik in Forbach

Ärzte informieren sie nicht über Brüche, Schwestern gebärden sich unfreundlich, Matratzen sind durchgelegen: So beschreibt eine ehemalige Patientin ihren Aufenthalt im Klinikum Mittelbaden. In einem ausführlichen Schreiben mahnt die 91-Jährige Verbesserungsbedarf an.

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Eine Patientin sieht insbesondere am Standort Forbach des Klinikums Mittelbaden Verbesserungsbedarf. Er wird jedoch im kommenden Jahr zum Pflegeheim umgestaltet. Foto: Georg Keller

Ärzte informieren sie nicht über Brüche, Schwestern gebärden sich unfreundlich, Matratzen sind durchgelegen: So beschreibt eine ehemalige Patientin ihren Aufenthalt im Klinikum Mittelbaden, konkret in Baden-Baden Balg und Forbach. In einem ausführlichen Schreiben mahnt die 91-Jährige Verbesserungsbedarf an.

Nach einem schweren Sturz war sie im März in Baden-Baden eingeliefert und nach einigen Tagen in die geriatrische Abteilung in Forbach verlegt worden. Dort verbrachte sie fast drei Wochen, bis sie fit genug für die geriatrische Reha in Gernsbach war.

Wohl ist sie gut genesen und findet auch viele lobende Worte. Doch in einem ausführlichen Schreiben mahnt die 91-Jährige Verbesserungsbedarf an, insbesondere am Standort Forbach. Nachdem das Klinikum nicht auf ihre Zuschrift reagiert hat, hat sie sich an die Öffentlichkeit gewandt.

Ich kann bis auf die Kommunikationspanne in Balg keine Fehler feststellen.
Norbert Roeder, medizinischer Geschäftsführer im Klinikum Mittelbaden

„Wir nehmen die Kommentare sehr ernst und haben bei der Überprüfung feststellen müssen, dass sie teilweise auch zutreffend sind“, teilt der medizinische Geschäftsführer Norbert Roeder auf Anfrage der BNN hin mit.

Doch er verteidigt das Klinikum auch: „Ich kann bis auf die Kommunikationspanne bei der Diagnostik nach der Einlieferung in Balg keine Fehler bei der Behandlung feststellen“, schreibt er. „Die Kommunikationspanne bedauern wir, sie hat aber keinen negativen Einfluss auf die Behandlung gehabt.“

Mehrere Brüche nach einem schweren Sturz

Ende März ist die damals 90-Jährige in Gernsbach auf der Straße gefallen und ins Krankenhaus gebracht worden. Von ihrem Sturz trug sie einen doppelten Beckenringbruch, ein gebrochenes Steißbein, geprellte Rippen und eine Kopfwunde davon.

Doch von den Brüchen erfuhr sie nach eigenen Angaben von einer Schwester, nicht von den zuständigen Ärzten.  Die Information sei wohl auch nicht zu denjenigen vorgedrungen, die ihr wenige Tage später für die Verlegung nach Forbach erst ein Taxi statt eines Krankenwagens bestellten.

Schreinde Schwestern, durchgelegene Matratzen

Am Standort Forbach kritisiert sie unter anderem Mängel bei der Betreuung und einen unangemessenen Umgangston. Beispielsweise berichtet sie von Nächten, in denen sie nach der Schwester klingelte, weil sie auf die Toilette musste. Lange sei niemand gekommen; sie musste sich zum Teil selbst behelfen.

Eine Schwester habe sie gar wegen des Klingelns angeschrien, weil sie gerade anderweitig beschäftigt war. Auch zur Begrüßung sei eine Schwester laut geworden. Der Grund: Sie hatte sich geweigert, ein Beruhigungsmittel zu nehmen.

Ein weiteres Beispiel ist eine Infusion, die ihren Flüssigkeitshaushalt verbessern sollte. Diese habe sie nicht bekommen.

Ferner kritisiert sie die Betten. Sie beschreibt den Rost als hart und unflexibel, die Matratzen als zu weich, durchgelegen und teils verunreinigt. Sie habe eine zusätzliche Matratze und polsternde Kissen anfordern müssen.

Klinikum kündigt Entschuldigung an

Norbert Roeder kann einen Großteil der Vorwürfe im Nachhinein nicht mehr prüfen. Er bestätigt: „Die Kommunikation über die Diagnose ist leider unglücklich verlaufen.“

Aufgrund von Urlaub und Schichten hätten die Ärzte gewechselt. Sie seien jeweils davon ausgegangen, die Patientin wisse schon über die Brüche Bescheid. „Dies war ein Fehler, für den wir uns bei der Patientin entschuldigen werden“, kündigt er an.

Betten sind Standard in deutschen Krankenhäusern

Klar widerspricht er der Kritik an den Betten. „Die Matratzen unserer Betten sind in einem guten Zustand.“ Sie entsprächen dem Standard in deutschen Krankenhäusern.

Je nach Bedarf kommen Standard-, Weichlagerungs- oder elektronisch gesteuerte Wechseldruckmatratzen zum Einsatz. „Die Weichlagerungsmatratze muss und soll sich eindrücken. Dafür ist sie konstruiert.“

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Probesitzen in Forbach: Kritik gilt unter anderem den Matratzen. Die Patientin empfindet sie als zu weich und teilweise schäbig. Foto: Reinhold Bauer

Wünsche haben wir respektiert.
Norbert Roeder, medizinischer Geschäftsführer im Klinikum Mittelbaden

Die Stationsleitung habe „sofort Abhilfe geschaffen“, als sich die Patientin beklagte. Schmerzmittel hätten ihr ebenfalls helfen können, diese wollte sie aber nicht einnehmen. „Diese Wünsche haben wir respektiert.“

Einige Vorwürfe lassen sich nicht mehr eindeutig klären

Andere Punkte lassen sich nicht mehr klären. Zum Beispiel kann Roeder nur feststellen, dass die Patientin von Balg aus „ordnungsgemäß transportiert“ worden sei. Alle Infusionen und Medikamente seien der Dokumentation nach verabreicht wurden.

„Ich vermute, dass es Kommunikationsschwierigkeiten gegeben hat“, schreibt er. „Manchmal ist es so, dass Patienten Erwartungen haben, die sich mit den ärztlichen Anordnungen nicht decken und dann der Meinung sind, etwas wurde nicht gemacht. Ob das hier der Fall war, kann ich nicht beurteilen.“

Eine Nachtschwester für 20 Betten

Auch die Erlebnisse mit grantigen Schwestern lassen sich nicht prüfen. „Es kann schon einmal sein, dass die Nachtschwester länger bei einzelnen Patienten gebunden ist.“ In der geriatrischen Abteilung sei damals nachts eine Schwester für 20 Betten zuständig gewesen, tags eine für zehn Betten. Das entspricht der vorgeschriebenen Mindestbesetzung.

„Gerne würden wir mehr Personal einstellen. Der ausgeprägte Fachkräftemangel setzt uns jedoch Grenzen“, so Roeder. „Sollten Pflegekräfte nicht den richtigen Ton gefunden haben, möchten wir uns hierfür entschuldigen.“ Er kündigt eine interne Fallbesprechung an.

Als Kranker sind Sie dem einfach hilflos ausgeliefert.
Die Patientin

Er appelliert jedoch auch an die Patientin: „Bei Unzufriedenheit ist es wichtig, bei den täglichen Arztvisiten eine Rückmeldung zu geben.“ Das habe sie nicht getan. „Von daher überrascht uns das Schreiben.“

Die Patientin gibt zu, sich vor Ort nicht beschwert zu haben. Dabei spiele jedoch auch das Gefühl der Ohnmacht eine Rolle. Was, wenn die Schwester nach einem Streit nicht wieder kommt? Wenn sie die Kritik heimzahlt? „Als Kranker sind Sie dem einfach hilflos ausgeliefert.“

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