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Geänderte Besucherlenkung

Nationalpark Schwarzwald: Neues Konzept verspricht Gästen besseres Erlebnis der Wildnis

In Karlsruhe spricht Ursula von der Leyen über den Schwarzwald als Vorbild für Naturschutz. Eine neue Studie enthüllt, wer den Nationalpark besucht – und welche Veränderungen geplant sind.

Herbststimmung am Buhlbachsee im Schwarzwald
Viele Menschen besuchen den Nationalpark Schwarzwald, um Wildnis zu erleben und wie hier am Buhlbachsee eine romantische Stimmung fernab von Trubel und Lärm zu genießen. Foto: Arne Kolb / Nationalpark Schwarzwald

Die Schönheit des Schwarzwaldes, sie spielt jetzt sogar eine Rolle im Europawahlkampf. Gleich zu Beginn ihrer Rede vor über 700 Zuhörern an diesem Mittwoch in Karlsruhe nannte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die „Pracht“ der gebirgigen Region im Südwesten als ein Beispiel für einen gelungenen Naturschutz, um den es europaweit zu kämpfen lohnt.

Die geschützte Wildnis des Schwarzwalds ist nicht nur ein landschaftliches Juwel, sondern auch ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. Schließlich generiert die Top-Attraktion jedes Jahr touristische Einnahmen in Milliardenhöhe. Woher ihre Besucher kommen, was sie im Schwarzwald suchen und welche Erfahrungen sie dort machen, war jedoch bislang kaum erforscht. Das ändert sich jetzt.

Große Besucherbefragung zum runden Geburtstag

Zum zehnten Geburtstag hat sich der Nationalpark eine erste systematische Betrachtung seiner Besucherströme gegönnt. Sie basiert auf fast 2.000 Befragungen von Parkgästen, die von August 2022 bis Juli 2023 an 17 Standorten geführt worden waren – insgesamt 500 Stunden Interviews, die die Auftraggeber etwa 90.000 Euro gekostet haben.

Als die Ergebnisse der Studie an diesem Donnerstag vorgestellt wurden, konnten sich die Verantwortlichen ein zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Demnach liegt der Anteil von rundum glücklichen Parkgästen bei satten 98 Prozent. Dennoch sieht die Parkleitung einige Defizite, die sie mit einem neuen Konzept der Besucherlenkung angehen will.

Nationalpark Schwarzwald: Die wenigsten Gäste kommen aus dem Ausland

Die repräsentative Befragung zeichnet das folgende Bild vom typischen Besucher des Nationalparks: Männlich (55 Prozent), gut gebildet (rund 60 Prozent Abitur oder Fachhochschulreife), Beamter oder Angestellter (57 Prozent) aus Deutschland (88,5 Prozent). Demnach kommen nur vier Prozent der Besucher aus Frankreich, noch seltener trifft man im Park auf Niederländer und Schweizer.

Wenig überraschend kommen drei von vier deutschen Parkgästen aus Baden-Württemberg. Für etwa 20 Prozent ist es die Heimatregion. Während die Einheimischen und die Tagestouristen im Schnitt 32 Euro täglich beim Schwarzwaldbesuch ausgeben, steigen diese Ausgaben mit gebuchter Übernachtung laut der Studie im Schnitt auf 133 Euro.

Was zieht also all diese Menschen hin? Die Top 5 der Motivationsliste sind schöne Natur und Wildnis erleben, fit werden (oder bleiben), entspannen und eine Auszeit von Lärm und Verschmutzung genießen. Mit großem Abstand ist Wandern die beliebteste Aktivität im Nationalpark. Radfahrer machen gerade einmal sechs Prozent der Besucher aus.

Durchaus überraschend ist, dass nur sechs von zehn Befragten gewusst haben, in einem Schutzgebiet unterwegs zu sein. „Da können wir sicher noch etwas verbessern“, kommentiert Nationalparkchef Wolfgang Schlund. Neben dem Fehlen von Infotafeln kritisierten die Befragten den Mangel an Toiletten und ungenügende Präsenz von Rangern. Einige dieser Anregungen greift die Parkleitung nun im neuen Besucherlenkungskonzept auf.

Wir können sicher noch etwas verbessern.
Wolfgang Schlund
Leiter des Nationalparks Schwarzwald

Dazu gehört eine überarbeitete Webseite des Parks, die künftig Informationen auch in Englisch und Französisch anbieten soll. Ein neuer Bereich dieses Portals soll Interessierte vor dem Besuch im Detail über vorübergehende saisonale Sperrungen von Wanderwegen zum Schutz von Tieren informieren. Zur neuen Kommunikationsstrategie des Parks gehört der Ausbau seiner Präsenz in den sozialen Medien mit neuen Formaten auf Instagram und Youtube.

„Ein neues Thema in unserer Kommunikation ist der Wald im Wandel“, sagte Britta Böhr, Vize-Leiterin des Nationalparks. „Man sieht deutlich, wie sich der Nationalpark wandelt. Wir brauchen deswegen gute Informationen, damit die Menschen verstehen, was dort passiert.“ Solche Aufklärung will der Park auch mit einem überarbeiteten Angebot an Exkursionen leisten.

Im Mittelpunkt des neuen Konzepts steht laut Böhr eine Überarbeitung und Erweiterung der bestehenden Angebote mit dem Ziel, „dass der Nationalpark mit dem, was er bietet, super erlebt werden kann“. Dazu zählt die Neueröffnung des Spechtpfads – eines barrierefreien Bohlenwegs in Form eines Spechts mit Schautafeln. Der Weg in der Nachbarschaft des beliebten Lotharpfads soll ab Mitte Mai begehbar sein.

Neues Erlebnis mit umgestalteten Pfaden

Später soll auch der Luchs- und Wildnispfad für Besucher „optimiert“ werden. Am Buhlbachsee wird demnach ein neuer Besucherbereich entstehen. Am Nationalparkhaus in Herrenwies und rund um das Nationalparkzentrum ist eine Umgestaltung der Außenbereiche geplant für „Gäste, die eine kleine Runde draußen machen möchten“.

Schließlich geht man im Schwarzwald neue Wege mit dem Aufbau einer stationären Wildtierbeobachtungsstation und der Aufhebung von Sperren an einigen „internen Managementwegen“, die künftig betreten werden dürfen. Bleibt das primäre Ziel des Naturschutzes nicht auf der Strecke, wenn man die Wildnis öffnet? Das glaubt die Parkleitung nicht – aber sie räumt ein, dass die unterschiedlichen Ziele in einem „gewissen Spannungsfeld“ liegen.

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