Skip to main content

Zwischen Stress und Ruhe

Karlsruher Köche erzählen: Wie erleben sie Weihnachten und was kommt auf den Tisch?

Auf jede Menge Weihnachtsfeiern in der Adventszeit folgen ausreservierte Feiertage, an denen Familien en masse essen gehen. So lautet zumindest die Vorstellung, die viele Nicht-Gastronomen von den Feiertagen bei Gastronomen haben. BNN.de sprach mit Karlsruher Köchen darüber, was bei ihnen tatsächlich an den Feiertagen los ist.

Thorsten Bender ist Karlsruhes einziger Sternekoch. Zusammen mit seiner Frau Susanne Schwall verbringt er entspannte Weihnachtstage. Das Restaurant "Sein" bleibt an den Feiertagen geschlossen.
Thorsten Bender ist Karlsruhes einziger Sternekoch. Zusammen mit seiner Frau Susanne Schwall verbringt er entspannte Weihnachtstage. Das Restaurant "Sein" bleibt an den Feiertagen geschlossen. Foto: Rake Hora

Oh du Stressige: Auf jede Menge Weihnachtsfeiern in der Adventszeit folgen ausreservierte Feiertage, an denen Familien en masse essen gehen. So lautet zumindest die Vorstellung, die viele Nicht-Gastronomen von den Feiertagen bei Gastronomen haben – Zeit mit der Familie bleibt ihnen demnach keine, dafür sind sie ohne Unterbrechung in ihren Restaurants. BNN.de sprach mit Karlsruher Köchen darüber, was bei ihnen an den Feiertagen los ist. Eine Frage durfte dabei nicht fehlen: Was kommt bei denen auf den Tisch, die ohnehin den ganzen Tag in der Küche stehen?

Thorsten Bender

„So entspannt wie möglich“ lautet das Motto bei Karlsruhes aktuell einzigem Sternekoch – gerade an den Weihnachtstagen. Thorsten Benders Restaurant „Sein“ bleibt vom 23. Dezember bis zum zweiten Weihnachtsfeiertag geschlossen. Dabei kämen die Gäste in dieser Zeit sicherlich in Scharen zu dem seit März mit einem Michelin-Stern dekorierten Bender. Darum geht es aber auch gar nicht: „Weil wir so ein kleines Team sind, sollen die Mitarbeiter freie Zeit haben. Sie sollen die Weihnachtstage mit Familie und Freunden verbringen können“, erklärt er. Genau das hat auch Bender selbst an den Feiertagen vor: An Heiligabend sei bei ihm zu Hause vormittags „Open House“ – „Freunde und Verwandte kommen vorbei“.

Thorsten Bender
Thorsten Bender Foto: Gärtner

Wer nun an Weihnachten Extravaganzen auf dem Esstisch bei Thorsten Bender zu Hause erwartet, liegt falsch: „Bei uns gibt es jedes Jahr das gleiche zu essen“, erzählt er. Das heißt bei ihm Feldsalat, danach ganz traditionell Ente – „die muss man einfach ins Rohr schieben“. Und als Dessert? Seine Frau Susanne Schwall, die im Restaurant „alles andere“ im Hintergrund managt, mache „die beste Linzer Torte“.

Die Weihnachtstage sind damit eine Zeit der Erholung vom stressigen Alltag. Sonst seien sie „das ganze Jahr am Rennen“, meint Bender. Durch den Michelin-Stern sei das nicht weniger geworden: „Wir erfahren jetzt eine andere Aufmerksamkeit.“ Aber: „Wir genießen es.“ Für Silvester seien sie so früh wie nie ausgebucht gewesen. Stress soll jedoch auch an diesem Abend nicht ausbrechen: Das Sechs-Gänge-Menü beginnt um 19 Uhr, um 22.45 Uhr sind alle Gänge serviert, und die Gäste können sich entscheiden, ob sie den Jahreswechsel noch an einem anderen Ort verbringen wollen. „Wir stoßen gemeinsam als Mitarbeiter auf das neue Jahr an“, erzählt Bender. Für ihn seien das „die schönsten Tage im Jahr“. „So entspannt wie möglich“ eben.

Leonhard Bader

An Weihnachten herrscht bei Gastronomen Hochstress? „Bei mir ist es tatsächlich so“, sagt Leonhard Bader lachend: „Da scheppert’s.“ Der Inhaber zweier Betriebe – von „Baders Wirtshaus“ in Rüppurr und des Restaurants „Das Scheibenhardt“ – hat tatsächlich an allen Feiertagen mindestens ein volles Haus, wenn nicht sogar zwei volle Häuser.

None
Leonhard Bader Foto: pr

Schon nachts um halb drei beginnt für ihn an Heiligabend der Tag. Dann wird produziert. Schließlich soll es zum Weißwurstfrühstück im Wirtshaus hausgemachte Weißwürste und hausgemachten Fleischkäse geben. Etwa 150 Bestellungen habe er. An den beiden darauffolgenden Feiertagen hat er jeweils mittags beide Häuser geöffnet. Die Arbeit beginnt dann um 5 Uhr morgens und endet mittags um 14 Uhr. Wie er dann noch bis zum Abend kommt? „Ich mache einen Nachmittagsschlaf“, erzählt er.

Aber trotzdem: „An Weihnachten habe ich Scheuklappen auf.“ Klagen will Bader aber nicht. Ganz im Gegenteil. „Ich liebe das“, betont er: „Ich bin lieber nach dem Jahreswechsel bei der Familie.“ Gerade das Programm an Heiligabend, „das ist cool das ist geil“ – alle Besucher seien in entspannter Stimmung.

Was isst nun ein Koch, der tagsüber so unter Stress steht, an Heiligabend mit der Familie? „Ich weiß es noch nicht so ganz“, gibt er zu. Er möge es „unspektakulär“. Eine Favoriten hat er: „Am liebsten eine gute Nudelsuppe.“

Jörg Hammer

Keine Spur von Stress herrscht bei Jörg Hammer an Weihnachten „Wir machen zu“, sagt der Inhaber der „Oberländer Weinstube“ ganz entspannt. Zwischen den Jahren sei „Familienzeit“. Im Jahr 2010 habe er sein Restaurant zum ersten Mal über die Feiertage geschlossen – und das bis heute beibehalten.

None
Jörg Hammer Foto: Fabry

Er erinnert sich aber an eine andere Begebenheit von früher. Damals war er noch im Restaurant „Olive“ in der Scheffelstraße. „Wir haben zum ersten Mal über Silvester geschlossen“, erzählt er: „Da wusste ich gar nicht, was ich tun sollte.“ Das ist heute definitiv anders: „Die Pause haben wir eingeführt wegen unserer Kinder.“ Für ihn gilt das Prinzip „Hauptsache familiär“. Die freien Tage werde er mit seiner Frau und seinen Kindern in den Bergen verbringen. Erst am 3. Januar beginne dann wieder das neue Jahr für ihn im Restaurant. Auch sonst gestalte er die Zeit mit seiner Familie wie wohl viele anderen: „Wir gehen in die Kirche“, sagt er. Und an Heiligabend gibt es bei ihm, den der Restaurantführer Gault & Millau mit 14 Punkten auszeichnet, ganz bodenständig Wiener Würstchen und Kartoffelsalat. Tagsüber sei Bescherung, dann gebe es Abendessen.

Die freie Zeit sei zudem Erholung und Urlaub für seine Mitarbeiter. Hammer lässt einen weiteren Grund nicht unerwähnt: „Weihnachten ist nicht mehr so wie vor 20 Jahren, als noch die ganze Familie mit sehr vielen Leuten essen gegangen ist.“ Wirtschaftlich sind die Feiertage nicht mehr so interessant wie früher. Und wer das ganze Jahr über gut arbeite, habe sich dich freie Zeit dann eben verdient. Der Hauptgrund ist und bleibt aber: die Zeit mit der Familie. „Das ist mir wichtiger als alles andere.“

Anita Jollit

Gefragt, wie sie den Heiligabend verbringt und was bei ihr auf den Tisch kommt, lacht Anita Jollit zunächst herzlich. „Wir arbeiten, und haben mittags noch geöffnet“, erzählt sie: „Da koche ich abends nicht mehr.“ Tatsächlich falle der Abend des 24. Dezember wirklich ruhig aus. „Nein, bei uns kommt keine Gans und keine Ente auf den Tisch“, erzählt sie: „Da muss man schauen, dass man runterfährt.“

None
Anita Jollit Foto: Hora

Aber es gilt dann doch: Anita Jollit und ihr Mann Gérard bringen ein kulinarisches Stück Frankreich nach Durlach – für ihre Gäste im Restaurant „Zum Ochsen“ wie auch bei sich selbst. Denn bei ihnen gibt es zu Hause die französischen Festtagsklassiker. „Austern, Entenleber und Räucherlachs“, zählt Anita Jollit auf. „Den Räucherlachs esse ich dann am liebsten“, verrät sie.

Gefeiert werde ohnehin bei ihnen immer nur im kleinsten Familienkreis. Dieses Jahr sei er aber noch etwas kleiner. „Meine Tochter, die in Spanien wohnt, bekommt ein Kind. Wir hoffen, dass es ein Christkind wird“, freut sich Jollit.

Kevin Wilde

An Heiligabend wird im Restaurant von Kevin Wilde gefeiert – aber nur mit der Familie. „Das bietet sich einfach an“, sagt der Inhaber des „Nagels Kranz“ in Neureut . Besondere Rituale gibt es bei ihm fast keine. „Man macht sich schick“, erzählt er. Aber sonst? „Ich war so viel beruflich in Deutschland unterwegs, da sind bei mir die Rituale verschwunden.“ Früher mit seiner Großmutter sei das noch anders gewesen.

Kevin Wilde
Kevin Wilde Foto: pr

Jetzt versucht Wilde, den Heiligabend so ruhig wie möglich zu gestalten. Dazu gehört auch, dass das Weihnachtsessen schon während des normalen Geschäfts vorbereitet wird. Bei ihm gibt es Salat und, ganz traditionell, Ente im Hauptgang. So ganz stressfrei geht die Weihnachtszeit doch nicht an Wilde vorüber. „Das Pensum nimmt schon zu“, meint er – die Arbeit sei etwa doppelt so viel wie normalerweise.

nach oben Zurück zum Seitenanfang