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Stillgelegtes Kernkraftwerk

Nach 40 Jahren: Philippsburger Kühltürme sollen im Herbst fallen

Es war für Jahrzehnte ein gewohntes Bild: Der Wasserdampf aus den Kühltürmen des Kernkraftwerks in Philippsburg - sichtbar weit in der Region – ob vom Durlacher Turmberg oder dem Hambacher Schloss. Seit Silvester steht nun auch Block 2 still. Schon länger steht fest, dass die in 1970er Jahren erbauten Betonkolosse gesprengt werden sollen – das könnte nun im Herbst der Fall sein.

Seit rund 40 Jahren ragen die beiden Kühltürme des Atomkraftwerks Philippsburg in den Himmel. In der zweiten Jahreshälfte könnten sie gesprengt werden.
Seit rund 40 Jahren ragen die beiden Kühltürme des Atomkraftwerks Philippsburg in den Himmel. Foto: Jehle

Von Stefan Jehle

Von einer „Landmarke“ spricht angesichts der markanten Kühltürme nicht nur der Bürgermeister der 12.000 Einwohner zählenden Stadt Philippsburg, Stefan Martus. Die Türme ragen seit inzwischen rund 40 Jahren in die Höhe. Fest steht: Die beiden Kühltürme werden seit Ende des vorigen Jahres nicht mehr benötigt. Da wurde das Atomkraftwerk Philippsburg II endgültig abgeschaltet.

Langes Genehmigungsverfahren

Der Kraftwerksblock 1 (KKP 1) war bereits 2011 stillgelegt worden. Im Inneren, dem Bereich des Reaktordruckbehälters, ist schon der Rückbau im Gang. Die Beseitigung beider Kühltürme erfordert ein kompliziertes Genehmigungsprozedere. Jörg Michels, Leiter der Kernkraftwerkssparte des Energieunternehmens EnBW äußerte sich erstmals 2016 zur möglichen Sprengung.

„Wir gehen von einem Abbruch der Kühltürme im Laufe des Jahres 2020 aus“, teilt die EnBW-Pressestelle auf Anfrage mit. Den Abbruch hatte man zum Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsuntersuchung gemacht, ließ ein Sprecher von Umweltminister Franz Untersteller, bereits 2019 wissen. In dem im Jahr 2017 vorgelegten 315 Seiten langen Ergebnispapier wird das Für und Wider abgehandelt.

Eine Sprengung ist die umweltfreundlichste Lösung

Die Fallrichtung der Türme wäre in nordwestlicher Himmelsrichtung, dort wo das Gelände weitgehend freigeräumt ist. „Eine Sprengung ist die Variante mit den geringeren Umweltauswirkungen“, so der Sprecher des Umweltministers.

Bis dahin dauert es allerdings noch. Für den stillgelegten Kraftwerksblock 2 – der zufolge auch der Kühlturm in Block 2 außer Betrieb ging, wurde 2016 die Stilllegungs- und Abbaugenehmigung für den gesamten Rückbau der Anlage beantragt, gewissermaßen „in einem einzigen Paket“. Das Umweltministerium erteilte Ende Dezember 2019 die Genehmigung für KKP 2.

Die Abbaugenehmigung für den älteren Block steht noch aus

Bei dem älteren Teil des Kraftwerks, dem bereits 2011 stillgelegten Kraftwerksblock 1, liegen derweil noch nicht alle Genehmigungen vor. Diese wurden – anders als bei Block 2 – in zwei Schritten beantragt. Die EnBW hatte die Stilllegungs- und erste Abbaugenehmigung für KKP 1 im Jahr 2013 beantragt. Diese wurde im Frühjahr 2017 vom Umweltministerium Baden-Württemberg erteilt.

Die zweite und damit letzte Abbaugenehmigung für KKP 1 wurde derweil im Jahr 2017 beantragt. Auch dieser Teil wird nach Atomrecht behandelt – das allerdings bei Bau des Kühlturms Block 1, formal als solches nicht bestand. Die Gesetzesgrundlagen entstanden damals erst. Der Block 1, ein Siedewasser-Reaktor, ging im Mai 1979 in Betrieb. Der Block 2, ein Druckwasser-Reaktor, war Ende 1984 ans Netz gegangen.

Die EnBW sagt: „Wir erwarten die Erteilung der zweiten Abbaugenehmigung für KKP 1 im ersten Halbjahr 2020.“ Parallel bereitet der Energieversorger den Antrag auf ein baurechtliches Verfahren gemäß Landesbauordnung vor – für den eigentlichen Abbruch der Kühltürme.

Bürgermeister erwartet viele Schaulustige zur Sprengung

Für die beabsichtigte Sprengung, und unter der Maßgabe, dass diese laut EnBW „noch im Laufe des Jahres 2020“ erfolgen solle, ist damit die Umsetzung im Herbst wahrscheinlich. Als Vorlage für den dann wohl binnen Sekunden erfolgenden „Rückbau“ könnte der im Februar 2019 mit Hilfe von 250 Kilogramm Sprengstoff in sich zusammen gefallene Kohle-Meiler „Knepper“ nahe der Stadt Dortmund dienen.

Bürgermeister Stefan Martus hatte vor Monaten noch mit einer Sprengung „spätestens an Pfingsten“ gerechnet. Auf jeden Fall dürfte der Vorgang, der die Türme in Sekundenschnelle zu Boden gehen lassen wird, zahlreiche Schaulustige anlocken. Martus rechnet mit bis zu 20.000 Besuchern.

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