Die Coronakrise versetzt den Südwesten in den Ausnahmezustand. Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, sollen soziale Kontakte minimiert werden. Die Politik verordnet scharfe Maßnahmen – aber mit welcher Wirkung?
Was genau darf man nun noch in Baden-Württemberg?
Seit diesem Montag gilt: Im ganzen Land dürfen nur noch zwei Menschen zusammen draußen unterwegs sein. Ausnahmen gibt es nur für Familien. Es ist damit generell nicht verboten, die Wohnung zu verlassen. Am Sonntag hat das Land einen Bußgeld-Katalog für Corona-Sünder erlassen.
Die neue Verordnung im Detail: Was ist derzeit noch in Baden-Württemberg gestattet?
Arztbesuche, Einkaufen, frische Luft zu schnappen, alleine Sport zu treiben und andere Tätigkeiten im Freien sind also weiterhin erlaubt, solang der Mindestabstand von 1,5 Metern gewahrt wird und nicht mehr als zwei Personen beziehungsweise eine Familie daran beteiligt sind.
Schulen
Kitas Einzelhandel, insbesondere Outlet-Center
Frisörsalons
Museen
Theater
Schauspielhäuser
Freilichttheater
Bildung
Volkshochschulen
Jugendhäuser
öffentliche Bibliotheken
alle Veranstaltungen in öffentlichen und privaten
Bildungseinrichtungen
Freizeit
Freizeiteinrichtungen und -aktivitäten
Kinos
Vergnügungsstätten
Messen
Ausstellungen
Freizeit- und Tierparks Anbieter von
Freizeitaktivitäten (auch außerhalb geschlossener Räume)
Spezialmärkte
Cafés
Diskotheken
Kneipen
Eisdielen
Shisha-Bars
Tattoo-Studios
Nagelstudios
ähnliche Einrichtungen
öffentliche und private Sportanlagen und Sportstätten
Fitnessstudios
Spielplätze
Bolzplätze
Schwimmbäder
Hallenbäder
Thermalbäder
Spaßbäder
Saunen
Prostitutionsstätten
Bordelle
ähnliche Einrichtungen
Auch der Weg zur Arbeit bleibt erlaubt. Neu ist, dass Menschen, die nicht gemeinsam in einem Haushalt leben, in der Öffentlichkeit einen Abstand von 1,5 Metern zueinander halten sollen. Damit hat Baden-Württemberg die Vorschrift an das angepasst , was Bund und Länder am Sonntag bei einer Telefonschalte vereinbart haben.
Bereits seit Samstag gilt im Südwesten, dass Gaststätten und Restaurants geschlossen bleiben müssen. Essen darf aber geliefert oder mitgenommen werden.
Wer kontrolliert die Ausgangsbeschränkungen?
Die Polizei habe die Verordnung der Landesregierung in den vergangenen Tagen mit allen zur Verfügung stehenden Kräften intensiv überwacht, heißt es aus dem Innenministerium. Auch die Ordnungsämter überwachen die Einschränkungen.
Und halten sich die Bürger an die Ausgangsbeschränkungen?
Die meisten zumindest. Nach der Verschärfung der Maßnahmen waren Straßen und Plätze in den Städten am Montag weitgehend menschenleer, die
Spielplätze
verwaist. Die Bürger verließen ihr Haus höchstens zum Einkaufen oder für die Fahrt zur Arbeit.
- Einzelhandel für Lebensmittel
- Wochenmärkte
- Abhol- und Lieferdienste einschließlich Online-Handel
- Außer-Haus-Verkauf von Gaststätten
- Ausgabestellen der Tafeln
- Getränkemärkte
- Apotheken
- Sanitätshäuser, Optiker, Hörgeräteakustiker
- Praxen für die medizinische Fußpflege
- Drogerien
- Tankstellen
- Banken und Sparkassen
- Poststellen
- Reinigungen
- Waschsalons
- Zeitungsverkauf,
- Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte sowie der Großhandel
- Hofläden und Raiffeisenmärkte
- Zudem dürfen Dienstleister, Handwerker und Werkstätten in aller Regel ihrer Tätigkeit weiterhin und ungehindert nachgehen (ausgenommen Frisör-Salons)
Die Kontrollen der letzten Tage hätten gezeigt, dass die Bevölkerung grundsätzlich sehr großes Verständnis für die Bestimmungen aufbringe, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums am Montag. „Sicherlich lässt sich – insbesondere im privaten Bereich – nicht alles dezidiert kontrollieren, aber insgesamt haben wir den Eindruck, dass die Bestimmungen der Rechtsverordnung weitgehend eingehalten werden.”
Wer hält sich nicht an das Kontaktverbot?
Es gibt auch Ausnahmen. Immer wieder musste die Polizei trotzdem am Wochenende Gruppen auflösen, Platzverweise aussprechen und Menschen nach Hause schicken.
Am Sonntagabend waren die Beamten etwa gezwungen, im Raum Bruchsal eine heimlich betriebene Gaststätte dicht zu machen. Der Wirt hatte bei heruntergelassenen Rollläden und teilweise mit Folie verdunkelten Scheiben den Schankbetrieb fortgeführt , wie die Polizei Karlsruhe berichtete.
Wie viel Verstöße wurden insgesamt gezählt? Und gegen was genau?
Wenn die Polizei einschreiten musste, dann vor allem wegen der erlaubten Anzahl der Personen auf einem Fleck, vereinzelt auch wegen der unerlaubten Öffnung von Geschäften, berichtet das Ministerium. Seit Samstag habe die Polizei 2.750 Kontrollen zur Einhaltung der Verordnung durchgeführt. Dabei nahm sie rund 480 Strafanzeigen und 79 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten auf.
Welche Strafen drohen konkret bei Verstößen gegen die Verordnung?
Dann drohen nach Angaben des Innenministeriums Haftstrafen bis zu zwei Jahren oder Geldbußen. Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach am Wochenende von Bußgeldern von bis zu 25 000 Euro und mehrjährigen Haftstrafen bei Verstößen.
Zum Thema: Ausgangssperre wegen Coronavirus: Welche Strafen drohen? Kann sie wirklich verhängt werden?
Was bedeutet die Lage für die Polizeibeamten im Land?
Die Corona-Pandemie stellt auch die Polizeibeamten vor ungekannte Herausforderungen. Von den rund 34.000 Mitarbeitern der Polizei in Baden-Württemberg sind derzeit 58 Menschen am Corona-Virus erkrankt, 1.613 befinden sich nach Angaben des Innenministeriums in Quarantäne.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert eine unzureichende Ausstattung mit Schutzausrüstung für die Polizisten im Land . „Kollegen sind bei Kontrollen immer nah am Menschen”, sagte Landeschef Ralf Kusterer. „Man kann nicht zwei Meter Abstand halten, wenn man einen Personalausweis kontrolliert.”
Die Kollegen seien für die Krise zu schlecht gerüstet, hätten vor allem zu wenig Atemschutzmasken. Er wirft der Landesregierung Versäumnisse vor.
Wie lange gelten die nun getroffenen Maßnahmen?
Die Maßnahmen und Verbote gelten vorerst bis zum 19. April. Die dafür grundlegende Corona-Verordnung tritt zum 15. Juni 2020 außer Kraft. Das Sozialministerium kann allerdings, je nach Lage, ihre Verlängerung beschließen.
dpa/poem