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Pendelei contra Vereinsamung

Was wird nach dem Corona-Ausnahmezustand aus dem Homeoffice?

Was wird aus dem Homeoffice, wenn sich der Corona-Ausnahmezustand normalisiert? Autobauer werfen ihre Bänder wieder an und die ersten Schüler gehen zurück zur Schule. Und die vielen ins heimische Wohnzimmer geflüchteten Angestellten? Wird der Lockdown ihre Arbeitswelt dauerhaft beeinflussen?

Romantisch aber einsam: Was wird aus dem Homeoffice, wenn sich die Gesellschaft wieder öffnet?
Romantisch aber einsam: Was wird aus dem Homeoffice, wenn sich die Gesellschaft wieder öffnet? Foto: dpa

Homeoffice, die Büroarbeit mit nach Hause zu nehmen und dank moderner Technik in der Abgeschiedenheit der eigenen vier Wände zu verrichten, ist einer der großen Trends in der Corona-Zeit.

Der Software-Entwickler Frequentis Comsoft war wohl das erste Unternehmen, das sich aufgrund der Pandemie vollständig ins Homeoffice zurück zog.

Infobox: Alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus im Überblick ...

Seit sechs Wochen im Homeoffice wegen Coronavirus

Bereits vor sechs Wochen zwang die Infizierung eines Mitarbeiters Geschäftsführer Thomas Hoffmann zu der radikalen Entscheidung, den Betriebsstandort im Karlsruher Gewerbegebiet Killisfeld vollständig zu räumen und alle Mitarbeiter von zu Hause aus einzusetzen.

„In diesen Wochen haben wir einiges dazu gelernt“, sagt jetzt Brigitte Gschiegl, Pressesprecherin der Wiener Konzernmutter von Frequentis Comsoft.

Zwischenmenschliche Beziehungen gehen verloren

„Am Anfang haben wir den gesamten Tag zubetoniert mit Telefonkonferenzen, niemand hatte mal die Gelegenheit, etwas zu essen oder einen Kaffee zu trinken.“

Man habe recht schnell erkannt, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen, die es im Büro gibt und die der Arbeit alles andere als abträglich sind, verloren gingen.

Inzwischen gibt es auch im Homeoffice den sozialen Kontakt zu den Kollegen. „Das hat nämlich sehr gefehlt“, sagt Gschiegl.

Wir haben einen digitalen Chatraum eingerichtet.
Brigitte Gschiegl, Pressesprecherin Frequentis

„Deshalb haben wir einen eigenen digitalen Chatraum eingerichtet, unsere Coffee-Lounge, in der sich die Kollegen abseits der Arbeit treffen, austauschen und abhängen können.“

Die Stärken und Schwächen der Heimarbeit hat auch Andreas Henke kennengelernt. Der Sprecher der Dienstleistungs-Gewerkschaft Verdi für den Landesbezirk Baden-Württemberg, sitzt ebenfalls bereits seit Wochen am heimischen Schreibtisch und sagt, die Arbeitnehmer hätten in den letzten Wochen bewiesen, dass sie auch von zu Hause aus sehr produktiv sein können.

Videokonferenz statt Dienstreise

Problematisch ist für den Gewerkschafter aber, „dass wir uns jetzt gar nicht mehr sehen“. In der Krise habe sich gezeigt, dass Videokonferenzen viele Sitzungen und auch Dienstreisen ersetzen könnten.

„Aber es ist auf Dauer auch schwierig, ganz ohne Kollegen zu sein. Ich denke, ein kluger Mix aus Homeoffice und Büropräsenz wäre für die Zukunft am Besten.“

Gesundheitsgefährdung muss ausgeschlossen sein

Wenn die Politik langsam die Wirtschaft wieder öffnet, gehen auch erste Unternehmen dazu über, ihre ins Homeoffice entlassenen Mitarbeiter wieder einzufangen.

„Wichtig ist, dass jetzt kein Wettrennen beginnt, wer seine Mitarbeiter am schnellsten zurück ins Büro holt“, sagt Henke. „Die Arbeitgeber müssen sicher stellen, dass die Rückkehr an den Arbeitsplatz nicht zu Gefährdungen der Gesundheit führt.“

Homeoffice im Büroalltag

Für Mindestabstand zwischen den Kollegen, aber auch Plexiglas-Scheiben zu den Kunden oder Mundschutz wenn nötig müsse gesorgt werden. „Und das muss die Politik nicht nur einfordern, sondern auch kontrollieren“, sagt der Gewerkschafter.

Für die Zukunft würde Henke nicht alles, aber doch einiges aus der Zeit im Homeoffice mit in den Büroalltag mitnehmen.

„Viele Dienstreisen sind tatsächlich überflüssig und lassen sich mit moderner Kommunikationstechnik erledigen. Und die Pendelei muss man sich auch nicht mehr unbedingt an fünf Tagen pro Woche geben.“

Persönlicher Kontakt versus ressourcenschonender Video-Chat

Das sieht Unternehmenssprecherin Gschiegl genau so. „Wir haben gelernt, dass wir sehr viel mehr remote machen können, als wir das bislang gedacht hatten. Zahlreiche Kundenkontakte, aber auch neue Software aufzuspielen und in Betrieb zu nehmen, geht durchaus ohne zum Kunden hin zu reisen.“

Insbesondere für ein Unternehmen, das weltweit engagiert ist, sei das eine wichtige Erkenntnis. „Der persönliche Kontakt ist notwendig und wir werden ihn künftig sehr viel bewusster erleben. Aber sehr viel können wir auch zeitschonender und ressourcenschonender ohne den direkten Kontakt erledigen.“

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