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Künstler in Kurzarbeit

Wegen Coronavirus: Mehrere Theater in Baden-Württemberg erklären Saison für beendet

Nach wochenlanger Hängepartie haben etliche Theater einen klaren Schnitt gemacht: Sie erklären ihre seit Mitte März unterbrochene Saison für vorzeitig beendet. Dies gilt am Nationaltheater Mannheim sowie an den Theatern in Freiburg und Heilbronn. Am Theater Pforzheim muss zunächst bis 31. Mai ein Großteil der Belegschaft in Kurzarbeit.

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Der Vorhang zu und viele Fragen offen – diese Situation herrscht seit Mitte März in allen Theatern (im Bild: Heilbronn). Foto: Quast

Die Hängepartie hat ein Ende. So könnte man positiv formulieren, was etliche Theater nun vermeldet haben: In der laufenden Saison wird es keinen regulären Spielbetrieb mehr geben. Das gilt am Nationaltheater Mannheim, am Theater Freiburg und am Theater Heilbronn. Und es ist wohl weniger die Frage, ob andere Häuser hier nachziehen. Sondern eher, wann sie es tun.

Die Meldungen kamen dennoch überraschend. Denn in den vergangenen Tagen wurde eher über nahende Lockerungen als über weitere Schließungen diskutiert. Galerien und Museen stehen vielerorts kurz vor der Wiedereröffnung, Bibliotheken sind teilweise bereits wieder zugänglich.

Die Nachricht, dass das Staatsballett Stuttgart in Kleingruppen wieder trainieren darf, weil Profitänzer den Profisportlern (beispielsweise Fußballern) rechtlich gleichgesetzt wurden, schürte jüngst auch ein wenig Hoffnung für die Theater. Um die gegensätzliche Situation auf den Punkt zu bringen: 40 Minuten nach der Mail zum Spielzeitabbruch am Opernhaus Zürich kam die Mitteilung, dass das Kunsthaus Zürich am 15. Mai wieder öffnet.

Theater braucht "klare Beschlusslage"

Heilbronns Intendant Axel Vornam betont in der Mitteilung des Theaters, man habe die Entscheidung zum Spielzeitabbruch „sehr schweren Herzens“ gefällt. Aber das Theater als langfristig planende und kollektiv arbeitende Kultureinrichtung, bei der viele Mitarbeiter eng zusammen wirken, brauche eine klare Beschlusslage, um weiter spielen zu können.

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Der Beschluss sei „in enger Abstimmung mit Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel und Kulturbürgermeisterin Agnes Christner“ erfolgt. Diese Formulierung verrät, warum es in dieser Angelegenheit kein einheitliches Vorgehen gibt, sondern jedes Theater für sich agieren muss: Die meisten Bühnen sind städtische Einrichtungen und können solche Entscheidungen nur gemeinsam mit ihrem jeweiligen Träger treffen.

Erstmals Kurzarbeit möglich

Dass es überhaupt die Möglichkeit für diese klare Entscheidung gibt, die sich vom Zwei-Wochen-Takt der politischen Öffnungsdiskussion entkoppelt, dürfte der Einführung von Kurzarbeit an kommunalen Theatern und Orchestern liegen. Auf einen Vertrag hierfür haben sich der Deutsche Bühnenverein für die Arbeitgeber und drei Künstlergewerkschaften geeinigt. Diese Option hatte es zuvor nicht gegeben.

Schutz vor Kündigungen

Die vom Arbeitgeber zu zahlenden Aufstockungen auf das Kurzarbeitergeld sehen bei niedrigeren Vergütungen mindestens 95 Prozent des Nettogehalts vor. Der Tarifvertrag schließt betriebsbedingte Kündigungen vorübergehend aus. Durch diese Maßnahme sollten die Einnahmeausfälle der Theater und Orchester kompensiert und die Arbeitsplätze gesichert werden, so der Bühnenverein.

Pforzheim: Kurzarbeit bis 31. Mai

Am Theater Pforzheim wird die Kurzarbeit für einen Großteil der Beschäftigten zunächst bis zum 31. Mai eingeführt. Man müsse „zum heutigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass bis zur Sommerpause am Theater kein Betrieb mehr möglich ist“, so Oberbürgermeister Peter Boch laut Pressemitteilung der Stadtverwaltung. „Gleichzeitig werden wir jede sich bietende Chance nutzen, um den Betrieb wieder vorsichtig anlaufen zu lassen, sobald sich die Lage verändert.“

Das Theater wolle die Zeit nutzen, um praktikable Sicherheitskonzepte für künstlerische Prozesse zu erarbeiten, wird Verwaltungsdirektor Uwe Dürigen zitiert: „Für uns ist die Wiederaufnahme der Probenarbeit im Juni von großer Bedeutung, um im September die neue Spielzeit eröffnen zu können.“

Staatstheater brauchen eigene Regelung

Für die Staatstheater in Karlsruhe und Stuttgart gilt der neu ausgehandelte Tarifvertrag nicht. „Die Tarifgemeinschaft der Länder hat für ihre Beschäftigten in den Landesverwaltungen vorerst keine Kurzarbeit eingeführt“, heißt es in der Mitteilung des Bühnenvereins.

Die Planungen für die nächste Spielzeit muss man derzeit eigentlich doppelt machen.
Peter Spuhler, Generalintendant am Staatstheater Karlsruhe

Ein klarer Schnitt für diese Spielzeit könnte eine konstruktive Chance sein. Das findet Peter Spuhler, Generalintendant am Staatstheater Karlsruhe. „Die Planungen für die nächste Spielzeit muss man derzeit eigentlich doppelt machen: Einmal so, wie man den Spielplan gerne hätte, und einmal mit einem Plan B."

Diese Doppelplanung ließe sich durch eine klare Entscheidung effektiver angehen, so Spuhler auf BNN-Anfrage. „Außerdem hätte man dann Luft, um neue Formate zu entwickeln, um unserem Publikum jenseits des regulären Betriebs etwas zu bieten." Denkbar seien etwa Konzerte von ein bis zwei Musikern der Staatskapelle in Innenhöfen von Altersheimen.

1:1-Konzerte in Stuttgart

In Stuttgart wird hier unter dem Titel „1:1-Concerts“ bereits experimentiert. Seit dem 1. Mai bieten Mitglieder des Staatsorchester Stuttgart und des SWR Symphonieorchester sowie Studierender Hochschule für Musik und Darstellende Kunst als Solisten rund zehnminütige Konzerte für jeweils eine Person an – beispielsweise in Galerien.

Digitaler Spielplan in Mannheim

Zu den Häusern, die im virtuellen Raum besonders präsent sind, gehört in der Region das Nationaltheater Mannheim. Zwar bleibt dort der analoge Vorhang nun bis Ende der Saison geschlossen. Doch man arbeite spartenübergreifend an neuen Formaten und Rubriken für das im März ins Leben gerufene Online-Angebot „Digitales Nationaltheater“ , das auf der Webseite des Theaters sowie auf seinen Kanälen in den sozialen Medien Facebook, Instagram und Twitter verfügbar ist, teilt das Mannheimer Haus mit.

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