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Sarow-Kunst "Factory"

Weil Künstler sich weigert: Pforzheim will Installation zwangsweise abbauen

Andreas Sarow hat wieder Ärger mit den Behörden. Wie jetzt bekannt wurde, ist der Künstler mit seinem Projekt „Factory“ seit Monaten vertragsbrüchig und hätte die Installation auf städtischem Grund längst entfernen müssen. Weil der Künstler sich weigert, will die Stadt Pforzheim die Installation nun zwangsweise abbauen.

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KUNST ODER KANN DAS WEG? Die magentafarbenen Sperrholzhäuschen an der Bahn sind Teil einer Installation, die nur bis Ende 2018 genehmigt war. Künstler und Stadt machen sich jetzt gegenseitig Vorwürfe – es ist nicht die erste Auseinandersetzung. Foto: Roth

Andreas Sarow hat wieder Ärger mit den Behörden. Wie jetzt bekannt wurde, ist der Künstler mit seinem Projekt „Factory“ seit Monaten vertragsbrüchig und hätte die Installation auf städtischem Grund schon längst entfernen müssen. Weil der Künstler sich weigert, will die Stadtverwaltung Pforzheim die Installation zwangsweise abbauen. Sarow spricht von einem „Affront“ und beschwert sich über den Umgangston. Derweil zieht die Sparkasse als Sponsor Konsequenzen.

Misstöne um die Magenta-Kunst: Dabei sollte das farbenkräftige Werk doch eigentlich ein Gewinn für alle Beteiligten sein. Bei einem Ortstermin mit ausgesuchten Medienvertretern vor rund einem Jahr stellten Hand in Hand Sarow sowie Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler (Grüne) und Sparkassenchef Stephan Scholl das Projekt vor.

Bürgermeisterin: Sarow hat sich nicht gemeldet

Ein Projekt, das laut Bürgermeisterin Schüssler wie andere Sarow-Werke zuvor („Schwarze Villa“, „Bedrohtes Haus“) temporär angelegt war. „Andernfalls hätten wir zwingend die Kunstkommission und den Gemeinderat einbinden müssen“, so die Bürgermeisterin. Gemäß dem Vorschlag des Künstlers habe man das Vertragsende auf den 31. Dezember 2018 festgelegt. Doch der Termin verstrich – und nichts passierte.

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Factory9 von ro Foto: None

„Herr Sarow hat sich nicht bei uns gemeldet und um Verlängerung gebeten“, sagt Bürgermeisterin Schüssler. Man habe ihn dann „höflich und freundlich, dreimal aufgefordert, dem Vertrag entsprechend zu handeln“. Auch darauf habe dieser nicht reagiert.

Sarow hingegen sagt, er hätte sich eine persönliche Einladung zu einem Gespräch gewünscht. Die Vorgehensweise der Verwaltung empfinde er als „Affront“ und den Umgangston als „sehr traurig“. Ein Gespräch darüber, wie es weitergehe und welch ein Gewinn die „Factory“ für die Stadt sei, wäre „das Mindeste“ gewesen, findet er. Wegen des großen Erfolges seiner Installation will er diese solange stehen lassen, bis das Gelände verkauft sei.

Stadtrat Baumbusch ist gespannt

Sarow, neuerdings auch CDU-Kandidat für die Gemeinderatswahl am 26. Mai, hat deshalb inzwischen an Schüsslers Vorgesetzten Oberbürgermeister Peter Boch geschrieben. Ein Vorgehen, das nicht nur in Schüsslers Baudezernat für Stirnrunzeln sorgt.

Ich bin gespannt, ob der CDU-OB Boch anders entscheidet als das zuständige Dezernat.

Stadtrat Axel Baumbusch (Grüne Liste): „Das Gebaren von Herrn Sarow ist schon etwas merkwürdig. Ich bin gespannt, ob der CDU-OB Boch anders entscheidet als das zuständige Dezernat.“ Durch eine Nachfrage Baumbuschs am Dienstag im Kulturausschuss war Sarows Verzug erst öffentlich geworden. „Dabei fand ich das Projekt richtig gut. Ein netter Hingucker“, betont Baumbusch. Aber gerade als angehender Kommunalpolitiker müsse man sich aus seiner Sicht schon an die vereinbarten Regeln halten.

Andreas Sarow sieht "Hater" am Werk

Andreas Sarow vermutet eine ganz andere Motivlage als die Sorge um geordnete Verhältnisse. Er sieht „Hater“ aus dem Gemeinderat „um die Ecke kommen“, was seiner Meinung nach aus Neid und Missgunst resultiert, wie er dem Pforzheimer Kurier auf Nachfrage erläutert.

Spielt Wahlkampf eine Rolle?

Wie viel Wahlkampf steckt im Kunststreit? Sibylle Schüssler verwahrt sich scharf gegen entsprechende Unterstellungen. Sie habe sich doch für das Sarow-Projekt stark gemacht. Die Bürgermeisterin stellt klar: „Ich übe mein Amt strikt überparteilich aus.“ Dabei gelte aber auch gleiches Recht für alle. Zudem weist sie auf Sicherheitsaspekte hin. Bei einem Sturm im März hatte es Teile der Installation aus der Verankerung gerissen. Kurzum: Wenn Sarow sich nicht bis zum Ende der Frist am Freitag an den Abbau seiner „Factory“ mache, werde das die Stadt auf seine Kosten erledigen lassen.

Pforzheims Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler  war bis 2016 langjährige Fraktionschefin der Grünen Liste im Gemeinderat.
Kommunale Karriere: Pforzheims Baubürgermeisterin Sibylle Schüssler war bis 2016 langjährige Fraktionschefin der Grünen Liste im Gemeinderat. Foto: Daniel Streib

Rechtsstreit mit Stadt Pforzheim

In diesem Fall könnte sich ein zweiter Rechtsstreit zwischen Stadt Pforzheim und Andreas Sarow anbahnen. Der Immobilienunternehmer, Aktionskünstler und übrigens auch Biertischgarnitur-Vermieter (www.bierbank24.de) wurde vom Amtsgericht Pforzheim erstinstanzlich zu einem Bußgeld von 30 000 Euro verurteilt, weil er laut Urteil im Jahr 2015 mit seiner Aktion „Schwarze Villa“ vorsätzlich gegen Denkmalschutzauflagen verstoßen hatte.

Der Fall, der wegen eingelegter Rechtsmittel noch nicht abgeschlossen ist, kam im April 2018 vor Gericht, weil Sarow das zunächst von der Stadt auf 50 000 Euro festgesetzte Bußgeld nicht bezahlen wollte.

Sarow-Sponsor Sparkasse baut Werbung ab

Auf dem „Factory“-Gelände steht ganz aktuell immerhin ein kleiner Teilabbau an – und zwar von Reklameschildern. Die Sparkasse, mit der Sarow einen Sponsoring-Vertrag hat, teilt auf Anfrage mit: „Die Außenwerbung der Sparkasse Pforzheim Calw werden wir kurzfristig entfernen.“ Hans Neuweiler, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, betont: „Bei unserem Engagement ging es ausschließlich um die Förderung von Kunst und Kultur in Pforzheim sowie um die Aufwertung dieses Brachgeländes.“

Mitarbeit: Susanne Roth
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