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Gesundheitsämter gewarnt

Welche Auswirkungen hat der Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies für den Südwesten?

Der Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies sorgt bundesweit für Aufsehen. Gesundheitsämter in Baden-Württemberg sind vorgewarnt, auch durch den hiesigen Fall bei Müller-Fleisch in Birkenfeld. Dieser wird noch analysiert, wie es vom Landesgesundheitsamt heißt.

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Großeinsatz vor Ort: Beim Schlachtereibetrieb Tönnies in Rheda-Wiedenbrück sind seit Anfang der Woche Hunderte Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden. Foto: dpa Foto: dpa
Der Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies sorgt bundesweit für Aufsehen. Gesundheitsämter in Baden-Württemberg sind vorgewarnt, auch durch den hiesigen Fall bei Müller-Fleisch in Birkenfeld. Dieser wird noch analysiert, wie es vom Landesgesundheitsamt heißt.

Coronaviren erschüttern die Fleischindustrie einmal mehr. Jetzt ist die Zentrale von Branchenriese Tönnies in Rheda-Wiedenbrück dran und sorgt für „hohe Sorgen“ in Pforzheim. Der Betrieb habe immerhin bereits einiges umgesetzt, was bei Müller-Fleisch in Birkenfeld gut gegen weitere Infektionen funktioniert, erläutert die Chefin die Chefin des für Pforzheim und Enzkreis zuständigen Gesundheitsamts, Brigitte Joggerst weiter.

Die heftige Infektionskette mit rund 650 Betroffenen allein in dem Fleischwerk selbst, bringt für die Pforzheimer Ärztin ein Déjà-vu mit sich. Wie am 7. April bei Müller-Fleisch ist „der Ausbruch erst aufgefallen, nachdem Leute in Kliniken auftauchten“. Das, so Joggerst, verweist auf eine hohe Dunkelziffer – also viele Betroffene, die wie im Umfeld von Birkenfeld in beengten Verhältnissen leben, um ihre Werksvertragsarbeit zu erfüllen.

In Birkenfeld läuft "Pandemieplan 2.0“

Kälte, Nähe, Lebensumstände – es gibt manche Theorie zur Infektionsattacke, die das Zeug hat, das Geschäftsmodell der Fleischindustrie hinwegzufegen. Trotzdem, „wir wissen nicht genau, was da passiert“, sagt Joggerst. Sie werde jetzt ihre Kontrollstrategie unter dem Eindruck des Tönnies-Falls weiter bearbeiten.

Bei Müller-Fleisch selbst bleibt es derweil beim „Pandemieplan 2.0“.

Mit diesem Werk zur Corona-gerechten Organisation der Arbeitsabläufe und Schulung des Personals hat sich das Unternehmen am 8. Juni nach acht Wochen der angeordneten Betriebsquarantäne entledigen können. Seitdem dürfen sich alle 1.100 Mitarbeiter wieder frei bewegen. Denn es gibt „null Positive“, wie Müller-Fleisch Anfang der Woche nach der vierten, dieses Mal aber auf die Produktion beschränkten Testreihe mitteilte.

Regionale Schlachthöfe im Vorteil

„Tönnies hatte zu Anfang erschreckend wenig Betroffene bezogen auf 12.000 Mitarbeiter“, verbinden Insider den heftigen Ausbruch mit dem bisherigen Corona-Geschehen in der Fleischindustrie. Es habe dort interne Tests gegeben und alle, die Symptome hatten, seien nach Hause geschickt worden.

Gesundheitsamtsleiterin Joggerst fällt das schwer, zu glauben. „Jedes Labor muss das melden.“ Ihre Kollegen in Gütersloh müssten das also wissen, sagt sie.

Bislang gänzlich von Corona-Infektionen verschont ist die Großfleischerei Färber in Emmendingen mit Standorten in Bühl und Bretten. Das Unternehmen sieht sich seit Mai verstärkt von Gewerbeaufsichts- und Gesundheitsbehörden kontrolliert.

Der Schlachthof in Bretten sei allerdings „regional ausgerichtet und nicht zu vergleichen mit der von Corona betroffenen Schlachtindustrie, die momentan in der öffentlichen Kritik steht“, teilt ein Sprecher mit. Außerdem habe man schnell auf die neuen Hygiene- und Abstandserfordernisse reagiert.

Extremfall lässt sich nicht vorbereiten

Den Gedanken, sich allein schon durch die Größe des Schlachtbetriebs von der Fleischindustrie abzusetzen, verfolgt auch die Enzkreis-SPD. Sie will in Reaktion auf das Corona-Debakel vom Landratsamt wissen, was es braucht, um die kleinen Schlachthäuser zu revitalisieren, die in den Jahren 2008/09 wegen vieler Auflagen aufgegeben wurden.

Aber wenn 700 Menschen auf einmal erkranken, gehen wir unter.
Ulrich Wagner, Karlsruher Gesundheitsamt

Für größere Ausbrüche, etwa in Schlachtereibetrieben, gebe es natürlich Pläne, sagt Ulrich Wagner vom Karlsruher Gesundheitsamt. „Aber wenn 700 Menschen auf einmal erkranken, gehen wir unter. Da würde jedes Gesundheitsamt untergehen.“

Für den Extremfall könne man nicht dauerhaft gerüstet sein.

Tritt ein solcher auf, werden Mitarbeiter aus der Stadtverwaltung oder dem Landratsamt angefordert. „Das ganze Amt kann sich in den Dienst von Corona stellen“, sagt Wagner. Einen Ausbruch wie bei Tönnies hält er hier aufgrund der kleineren Betriebe allerdings für unwahrscheinlich.

Müller-Fleisch-Ausbruch hätte noch größer sein können

Bei größeren Fällen kommt auch das Landesgesundheitsamt ins Spiel. „Schon wenn die Fälle leicht zunehmen, antizipieren wir das“, sagt Medizinaldirektor Stefan Brockmann. Mit frühzeitigen Maßnahmen solle ein großer Ausbruch verhindert werden.

So habe man einen noch größeren Ausbruch bei Müller-Fleisch verhindern können. Derzeit analysieren Experten, ob der Ausbruch dort vor allem mit dem Arbeits- oder Wohnbereich der Mitarbeiter zu tun hatte. Mit einem Ergebnis sei in vier Wochen zu rechnen.

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