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Versuchte Körperverletzung?

Mit Corona gedroht: Wütende Husterin muss sich vor dem Amtsgericht Pforzheim verantworten

Zwei Frauen geraten Ende März auf einem Pforzheimer Parkplatz über mangelnden Abstand in Streit. Dann hustet eine von beiden symbolisch die andere zweimal an. Das zumindest soll die Angeklagte getan haben, die am Donnerstag vor Gericht steht. Nicht immer ist so etwas ungefährlich.

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Ein Anhusten kommt eine 23-jährige Frau teuer zu stehen. Das hat ein Karlsruher Gericht jetzt bestätigt. Foto: Symbolfoto: marchsirawit/Stock Adobe

Diese Idee ist in der Corona-Krise wohl schon manchem im Scherz gekommen. Wenn man einen Streit hat und diesen möglichst dramatisch beenden möchte, kann man doch einfach mal ein bisschen husten – und damit für etwas Angst und Schrecken sorgen.

Die juristischen Konsequenzen dessen könnte eine Frau am Donnerstag (ab 14.30 Uhr) beim Amtsgericht Pforzheim erfahren, die eben dies auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums in Pforzheim gemacht haben soll. Die Anklage klingt weitaus weniger spaßig: versuchte gefährliche Körperverletzung.

Angeklagte soll Ansteckung "billigend in Kauf genommen" haben

Bernhard Ebinger, Pressesprecher der Pforzheimer Staatsanwaltschaft, erläutert die Hintergründe. Demnach sollen zwei Frauen am 30. März auf dem besagten Parkplatz in Streit geraten sein, da die Angeklagte den Mindestabstand von 1,50 Meter nicht eingehalten habe. Dann habe diese „zweimal mit offenem Mund“ in die Richtung der anderen Frau gehustet.

„Sie hat billigend in Kauf genommen, sie anzustecken“, sagt Ebinger. Denn das tückische am neuartigen Coronavirus sei ja eben, dass man schon ansteckend ist, noch bevor man Symptome spürt – und die Angeklagte gar nicht wissen konnte, dass das alles ungefährlich war.

Geldstrafe denkbar - aber auch Freiheitsstrafe

Testergebnisse der beiden Beteiligten in Pforzheim liegen der Staatsanwaltschaft übrigens nicht vor, so Ebinger. Entsprechend lasse sich auch nicht zurückverfolgen, ob die Angeklagte zum Tatzeitpunkt infiziert war beziehungsweise ob der Huster neben dem Schreck noch andere Folgen hatte. Das Opfer zeige allerdings keine Symptome, man gehe auch bei der Angeklagten nicht von einer Infektion aus.

Dennoch lautet der Vorwurf eben auf versuchte gefährliche Körperverletzung. Und da sei beim Strafmaß vieles möglich. Bei einem minderschweren Fall des Versuchs sei eine Geldstrafe denkbar. Kommt das Gericht zu einer anderen Einschätzung, dann wäre sogar eine längere Freiheitsstrafe möglich.

Tragischer Fall in London endete tödlich

Nicht immer enden solche Attacken glimpflich. Jüngst ging ein besonders tragischer Fall um die Welt. Ebenfalls Ende März wurde in London eine Bahnhofsangestellte wohl von einem Infizierten angespuckt. Wie die Presseagentur AFP vermeldete, hat die 47-Jährige die folgende Covid-19-Erkrankung nicht überlebt. Sie hinterlässt eine elfjährige Tochter.

Polizisten aus Neuenbürg wurden Ziel von Spuckattacken

Spektakulär war auch ein Fall im Enzkreis, der allerdings deutlich glimpflicher ausging als der in London. Acht Polizisten der Wache aus Neuenbürg mussten nach einem Einsatz in Remchingen in Quarantäne. Die Beamten waren nach einem Ehestreit am Samstag, 11. April, in den nördlichen Enzkreis gerufen worden.

Beide Ehepartner waren aufgrund einer Covid-19-Erkrankung eigentlich in Quarantäne, der Mann musste schließlich von den Beamten zu Boden gerungen werden, berichtet Polizeisprecher Dirk Wagner. Dabei habe der Mann seinen Mundschutz abgesetzt und in Richtung eines Beamten gespuckt, verfehlte ihn allerdings knapp.

Die Beamten seien wieder im Dienst, blieben gesund. Wann dieser Fall verhandelt wird, steht noch nicht fest. Laut Ebinger liege der Staatsanwaltschaft nichts Entsprechendes vor, auch Polizeisprecher Wagner konnte zum aktuellen Stand keine Angaben machen.

Zahl von Hust- und Spuckattacken in Pforzheim unklar

Wie viele derartige Fälle es insgesamt schon in Pforzheim gegeben habe, das konnte Wagner nicht beziffern. „Vieles wird uns auch nur als Beleidigung, Nötigung oder versuchte Körperverletzung gemeldet“, erklärt er. Er selbst könne sich etwa an eine weitere Spuckattacke auf einer Polizeiwache erinnern oder an eine Attacke gegen eine Supermarktkassiererin in der Nordstadt, die ebenfalls auf die Corona-Schutzmaßnahmen hinwies.

Im Gerichtssaal gelten übrigens genau wie im restlichen Amtsgericht besondere Hygienemaßnahmen und Abstandsregeln, um Hust- und Spuckattacken zu vermeiden.

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