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Viele Geschäfte bleiben zu

Coronavirus legt den Einzelhandel in Rastatt lahm

Das Coronavirus legt den Einzelhandel lahm. Thomas Richers, der Vorsitzende des Gewerbevereins Rastatt, fürchtet, dass viele Geschäfte Pleite gehen könnten. "Es ist eine Katastrophe", sagt er. Bei Handwerksbetrieben sieht die Situation besser aus - noch.

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Hinter Gittern: Die Türen der meisten Rastatter Geschäfte bleiben vorerst geschlossen. Der Gewerbeverein RA3 hofft auf schnelle und unkomplizierte staatliche Hilfen. Ansonsten seien viele Betriebe in ihrer Existenz bedroht. Foto: Hans-Jürgen Collet

Auf den ersten Blick scheint der Alltag seinen normalen Gang zu nehmen. Fußgänger schlendern im Sonnenschein durch die Kaiserstraße, Radfahrer queren den Marktplatz, Mütter mit Kinderwagen halten einen Plausch. Doch es ist nichts wie immer, es ist Coronazeit. Die Türen der meisten Einzelhändler sind geschlossen. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Thomas Richers, der Vorsitzende des Gewerbevereins RA3. Sollten nicht schnell staatliche Hilfen fließen, prophezeit er ein Massensterben der Geschäfte. Besser ergeht es derzeit noch dem handwerklichen Mittelstand. Doch auch dort sind die Sorgen groß.

Am Dienstagabend verfügte die Landesregierung, dass ab Mittwoch der überwiegende Teil der Geschäfte geschlossen bleiben muss. Für die Inhaber beginnt damit eine harte Zeit. „Das ist der große Crash. Die Kosten laufen weiter, aber es gibt keine Einnahmen mehr“, sagt Richers. Die ersten Unternehmen hätten bereits Anträge auf Kurzarbeit gestellt. Er hoffe, dass die versprochenen staatlichen Hilfen unkompliziert fließen. Ansonsten drohe vielen Geschäften die Insolvenz: „Nach drei Monaten ist die Hälfte pleite“, lautet seine düstere Prognose.

Handwerksbetriebe bekommen noch Aufträge

Bei den Handwerksbetrieben läuft das Geschäft derweil weitgehend normal – noch. Bernhard Kreutz von der Schreinerei Krupp Kreutz in Rastatt berichtet von einer „relativ normalen Auftragslage“. Trotz Grenzkontrollen und Schulschließungen sei nach wie vor die komplette Belegschaft mit 20 Mitarbeitern verfügbar. Kreutz fürchtet allerdings, dass die wirtschaftlichen Folgen der Krise den Betrieb nachgelagert treffen könnten. Die Ungewissheit sei im Moment die größte Belastung.

Das sagt auch André Blickensdorf aus Iffezheim, Inhaber und Geschäftsführer von Kiefer Glas in Appenweier: „Wir hangeln uns von Tag zu Tag.“ Aufträge seien noch vorhanden, es kämen auch neue dazu. Seine größte Sorge ist, dass ein Corona-Verdachtsfall in der Belegschaft den Betrieb komplett lahmlegen könnte. „Wir halten alles aufrecht, so lange es geht“, sagt Blickensdorf.

Ähnlich ist die Situation beim Rastatter Fensterbaubetrieb von Heiko Ullrich. „Bis jetzt merken wir kaum etwas“, sagt Büroleiterin Karin Deck. Aber angesichts einer Betriebsgröße von unter zehn Mitarbeitern könnte auch dort ein Verdachtsfall mit anschießenden Quarantänemaßnahmen fatale Folgen haben. „In drei Tagen kann die Welt schon ganz anders aussehen“, schildert Deck einen fragilen Zustand scheinbarer Normalität.

Lassen mich die Leute
überhaupt noch in ihre Wohnung?Bernd Knöpel, selbstständiger Fliesenleger

Auch für Bernd Knöpel ist die Situation extrem angespannt. Der selbstständige Fliesenleger aus der Rheinau arbeitet derzeit einen größeren Auftrag in Baden-Baden ab. „Aber danach weiß ich nicht, wie es weitergeht“, sagt er. Kommen neue Aufträge? Wie sieht die Materialversorgung aus? Lassen ihn die Leute überhaupt noch in die Wohnung? Solche Fragen treiben ihn um. Und natürlich geht es auch um die eigene Gesundheit. Als Ein-Mann-Betrieb kann er sich keine längeren Ausfälle leisten. Knöpel spricht von einer „sehr schwierigen Situation“.

Gewerbeverein ruft Rastatter zu Solidarität auf

In der stecken auch die Einzelhändler. Richers ruft die Rastatter zur Solidarität auf. Jeder solle sich überlegen, ob es notwendig sei, Einkäufe jetzt alternativ online zu erledigen. „Wir müssen lokal denken“, lautet seine Botschaft. Die Kunden müssten sich selbst fragen, ob sie auch nach der Krise noch eine Innenstadt mit Geschäften haben wollten.

Die Inhaber hätten nicht mit einer solchen Situation rechnen und vorsorgen können. „Ein solches Szenario hatte niemand auf dem Schirm“, sagt Richers. Wie er betont, hätten die Händler aber Verständnis für die drastischen Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie.

Diesen Eindruck hatten auch Johannes Flau und Torsten von Appen von der städtischen Wirtschaftsförderung. Die beiden waren am Mittwoch unterwegs, um mit den Händlern zu sprechen und ihnen ein Schreiben des CDU-Bundestagsabgeordneten Kai Whittaker zu überreichen. Darin geht es um mögliche Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung für Gewerbetreibende. Nicht alle Händler waren bis Mittwochvormittag über das Öffnungsverbot informiert. „Manche waren sehr überrascht“, sagt Dießelberg.

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