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Probleme der Bäckerinnung

Handarbeit kombiniert mit Hightech

Zu jeder Tageszeit immer frische Brötchen – das erwartet der Kunde. Aber Brötchen ist nicht gleich Brötchen. Oft werden einfach Tiefkühlprodukte in den Ofen geschoben. Den selbstständigen Bäckermeister gibt es noch, aber immer seltener. Die Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl verliert immer mehr Mitglieder.

Oliver Braun (links, hier mit einem Mitarbeiter in seiner Backstube) ist Obermeister der Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl.
Oliver Braun (links, hier mit einem Mitarbeiter in seiner Backstube) ist Obermeister der Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl. Foto: Kamleitner

Zu jeder Tageszeit immer frische Brötchen – das erwartet der Kunde. Aber Brötchen ist nicht gleich Brötchen. Oft werden einfach Tiefkühlprodukte in den Ofen geschoben. Den selbstständigen Bäckermeister, der seine Waren zwar mit Unterstützung moderner Technik, aber eben in Handarbeit herstellt, gibt es noch, aber immer seltener.

Die Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl repräsentiert derzeit gerade einmal 15 Mitgliedsbetriebe. „Wir verlieren jährlich ein bis zwei Betriebe“, beschreibt Obermeister Oliver Braun das Problem. Es scheint nur eine Frage der Zeit, wann die Fusion mit der Rastatter Innung folgt.

Ein einziger Traditionsbäcker ist übrig

Wenn die Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl am Mittwoch in Baden-Baden-Geroldsau Bilanz zieht, sind es wieder drei Betriebe weniger als im Jahr 2017. Im Stadtgebiet Baden-Baden hat sich bis heute ein einziger traditioneller Bäcker gehalten. „In Bühl“, sagt Braun, „sind wir noch vernünftig aufgestellt.“ Im Murgtal sehe es noch am besten aus: „Exzellent“, beschreibt der Obermeister die Lage. Dort sei die dörfliche Struktur ein Vorteil für die Kollegen. Insgesamt weht dem Bäcker aber ein heftiger Wind ins Gesicht.

Teurere Brötchen

Da gibt es die Billigbrötchen beim Discounter und die Tiefkühlware, deren Verarbeitung eine leichte ist und in Shops angeboten wird, die oft auch die Bezeichnung Bäckerei tragen und von einer Kette bedient werden. Oliver Braun, der aus einer Bäckerfamilie in Gaggenau-Oberweier stammt, arbeitet mit seinem Team noch in einer Backstube in Kuppenheim, die das Handwerk pflegt. Dass für diese Ware mehr zu bezahlen ist als für massenhaft produzierte und aufgebackene Tiefkühlware, das liegt auf der Hand.

Der Unterschied im Teig

Doch für den Verbraucher ist es oft gar nicht so leicht nachzuvollziehen, worin der Unterschied zwischen der Brezel oder dem Körnerbrötchen beim Discounter und der Ware vom Bäcker denn nun wirklich liegt. Für Braun sind es die Zutaten, der bessere Geschmack und die lange Teigführung, wie im Fachjargon die Teigbereitung genannt wird.

Dem Teig Zeit lassen, das ist das alles Entscheidende.

Das führe dazu, dass die Ware für den Kunden verträglicher wird, weil Stoffe aus der Gruppe der Kohlenhydrate und Zuckeralkoholen (Fodmap) durch die längere Verarbeitungszeit abgebaut werden. „Dem Teig Zeit lassen, das ist das alles Entscheidende“, lautet sein Credo. Dieses Verfahren führe auch dazu, dass sich die Arbeitszeit der Mitarbeiter keineswegs nur auf die Nachtstunden beschränke.

Aus diesen Teigkugeln entstehen in der Backstube von Bäcker Braun Brezeln – natürlich von Hand ausgerollt und geformt.
Aus diesen Teigkugeln entstehen in der Backstube von Bäcker Braun Brezeln – natürlich von Hand ausgerollt und geformt. Foto: Kamleitner

Bäckerinnung spricht von Personalmangel

Die Teigproduktion könne mit computergesteuerten Geräten wie dem Gärverzögerer auch auf den Tag verlagert werden. Dennoch hat die Branche wie viele andere Handwerksbetriebe Probleme, Personal zu finden. „Die Selbstständigkeit ist inzwischen ein Husarenritt“, verweist er auf die Rahmenbedingungen und auf eine hohe Bürokratie. Dokumentationen und Hygienenachweise hätten natürlich ihre Berechtigung, erforderten aber zusätzlichen Aufwand.

Da muss jeder seine Nische finden.

Braun hat sich mit seinem Team auf die „Bio-Schiene“ und auf Dinkelprodukte spezialisiert. Abnehmer für seine Produkte findet er nicht nur in seinen Filialen, sondern auch in Metzgereien, der Gastronomie, Schulen und Firmen. Die klassische Bäckerei hat für ihn eine Zukunft: „Da muss jeder seine Nische finden“, betont der Obermeister.

Alternativen für Bäcker

Manche Kollegen sind bereits mit mobilen Verkaufsständen unterwegs, um Orte zu bedienen, die keinen eigenen Bäcker mehr haben, oder auf Märkten präsent. Was den traditionellen Bäcker ausmacht, das versucht Braun auch in Kursen der Volkshochschule (VHS) zu vermitteln. Seine Brotbackkurse sind oft frühzeitig ausgebucht – wie der Termin am 17. April.

Ich hole die Kundschaft in meine Backstube.

Kritik von Kollegen, er würde sich mit einem solchen Angebot selbst überflüssig machen, teilt der Obermeister nicht. „Ich hole die Kundschaft in meine Backstube“, sagt Braun. Da spiele er vor den Teilnehmern mit offenen Karten und erkläre alles rund ums Brotbacken. Die Teilnehmer, in der Regel ebenso viele Frauen wie Männer, seien begeistert. „Das sind richtige Profis drunter, die fundierte Fragen stellen“, berichtet Braun. Eine Konkurrenz schaffe er sich damit nicht: „Wenn jemand einen Kochkurs besucht, geht er ja danach auch weiterhin im Restaurant essen!“

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