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Nachfrage bleibt gering

Chancen auf eine Lehrstelle in Baden-Baden stehen so gut wie noch nie

Jungen Menschen stehen zum Ausbildungsstart am 1. September alle Türen offen. Noch nie war es einfacher an eine Stelle zu kommen, wie heute. Die Betriebe müssen sich hingegen mächtig ins Zeug legen und werben um den Nachwuchs.

Ein selbstgemaltes „Azubis-Gesucht“-Schild hängt vor einem Hotel.
Baden-Badener Ausbildungsbetriebe beklagen eine stetig sinkende Zahl bei Bewerbern. Bei jungen Menschen liegen Akademikerberufe immer noch im Trend. Foto: Stefan Sauer/picture alliance dpa

Am 1. September ist es wieder soweit. An genau diesem Tag starten viele junge Menschen mit ihrer Ausbildung und werden Teil der Arbeitswelt. Die Statistik der Arbeitsagentur zeigt jedoch, dass die Nachfrage nach einem Ausbildungsplatz in den letzten Jahren bundesweit drastisch gesunken ist. Auch in Baden-Baden kämpfen Betriebe um jeden Azubi und werben mit attraktiven Angeboten und sicheren Berufsperspektiven. Die BNN haben sich bei einigen Arbeitgebern in Baden-Baden umgehört.

Einige befragte Personalleiter erklären sich die sinkende Nachfrage so, dass durch die Corona-Pandemie viele Schüler in Bezug auf ihre berufliche Zukunft verunsichert sind. Deshalb verschieben sie den Ausbildungsstart um ein weiteres Schuljahr. Statt nach der 9. Klasse mit einem Hauptschulabschluss eine Lehre zu beginnen, hängen junge Menschen lieber einen Realschulabschluss oder gar das Abitur an. Dieses Streben nach dem nächstbesten Abschluss führt dazu, dass statistisch gesehen immer mehr junge Menschen in Akademikerberufen vorzufinden sind als in Handwerksberufen.

„Dass junge Menschen gerade nach den letzten Monaten mit der beruflichen Entscheidungsfindung vielleicht noch zögern, ist nachvollziehbar“, findet Patricia Montbrun-Löffler, stellvertretende Pressesprecherin der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt, „ein gewisser Druck entsteht dabei auch durch den Irrglauben, man müsse diesen einen Beruf nun den Rest seines Lebens ausüben. Wer von uns ist wirklich noch in seinem erlernten Beruf?“

Montbrun-Löffler beobachtet einen Trend weg vom Jobmarkt hin zu einem Bewerbermarkt. Das bedeutet, dass das Angebot an Vakanzen höher ist als die tatsächliche Nachfrage.

Großes Angebot für Azubis in Baden-Baden

Das trifft auch auf die Kurstadt zu. Baden-Badener Jugendliche haben im Schnitt 4.2 Stellen auf die sie sich bewerben können. „Zum jetzigen Zeitpunkt sucht nur noch ein Drittel der jungen Menschen in Baden-Baden nach einem Ausbildungsplatz, während zwei Drittel bereits versorgt sind“, sagt Benjamin Gondro, Pressesprecher der Arbeitsagentur Karlsruhe-Rastatt. Damit stehen jungen Menschen wesentlich mehr Stellen zur Verfügung als in den benachbarten Stadt- und Landkreisen.

Dabei prognostiziere die Arbeitsagentur für die kommenden Monate einen Rückgang an Lehrstellen. „Das zeigt, dass die Baden-Badener Betriebe sehr aktiv sind und mit Abstand am zukunftsorientiertesten denken“, sagt Montbrun-Löffler. Noch nie war es für junge Menschen einfacher, an eine Stelle zu kommen, wie heute: „Die Chancen auf eine Lehrstelle ab September stehen wirklich gut. Unsere Arbeitswelt ist rasant im Wandel. Die Jugend kann und sollte sie mitgestalten, weil es ihre Zukunft ist“, sagt Montbrun-Löffler.

Betriebe müssen sich gut präsentieren

Doch für Betriebe gestaltet sich die Situation schwieriger. Gerade in der Gastronomie- und Hotelbranche sinkt stetig die Nachfrage von künftigen Azubis. Der Baden-Badener DEHOGA-Chef Hans Schindler sieht die steigende Erwartungshaltung der jungen Menschen als Punkt, warum sich immer weniger Azubis bewerben. „Es ist schwierig, Azubis zu finden. Betriebe müssen sich anstrengen und gut präsentieren“, sagt er. Gleichzeitig sieht er einen Trend dahingehend, dass immer mehr Jugendliche manche Berufe scheuen: „Arbeitsintensive Berufe sind nicht mehr im Trend. Wer kann, der studiert.“

In der Baden-Badener Stadtverwaltung hingegen wurden alle Stellen bis auf eine Ausnahme vergeben, berichtet Ausbildungsleiterin Katharina Bernhard. 20 Jugendliche werden Anfang September in zehn verschiedenen Berufen ihre Ausbildung antreten. Neu dazu kommt der duale Studiengang Digitales Verwaltungsmanagement. „Wir haben zurzeit 52 Azubis in 14 Berufen“, sagt Bernhard, „wobei die Nachfrage in den letzten Jahren schon zurück gegangen ist. Aber es ist noch ertragbar.“

Lediglich die Ausbildungsstelle in der Veranstaltungstechnik konnte in diesem Jahr nicht besetzt werden. „Wahrscheinlich treten die Schüler nach dem Corona-Jahr der Veranstaltungsbranche skeptisch gegenüber“, sagt Bernhard.

Auch Natalie Schmid, Personalleiterin des Baden-Badener Maschinenbauunternehmens Arku, berichtet, dass die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr gesunken sei: „Es hat bis August gedauert, bis wir alle Lehrstellen vergeben konnten.“ Dabei vermutet sie, dass sich Schüler aufgrund der erschwerten Umstände im Corona-Jahr eher auf einen guten Abschluss konzentriert haben, statt auf die Ausbildungssuche.

Dennoch hat das Unternehmen alle Stellen erfolgreich besetzt, berichtet Leiter der Geschäftsfeldentwicklung Andreas Hellriegel: „Insgesamt haben wir dieses Jahr sieben neue Ausbildungsstellen besetzt. Zum 1 September sind dann 22 Auszubildende und DHBW-Studenten bei Arku beschäftigt.“

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