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Kekke Schmidt übernimmt Intendanz

Chef-Dramaturgin leitet für ein Jahr das Theater Baden-Baden

Baden-Badens Theater-Intendantin Nicola May nimmt sich in der nächsten Spielzeit ein Sabbatjahr. In dieser Zeit leitet Chef-Dramaturgin Kekke Schmidt das Haus am Goetheplatz.

Chef-Dramaturgin Kekke Schmidt steht vor dem Theater Baden-Baden
Nach vier Jahren am Theater Baden-Baden eine neue Herausforderung für die geborene Italienerin Kekke Schmidt. Foto: Michael Rudolphi

Seit der Spielzeit 2016/2017 ist Kekke Schmidt Chefdramaturgin am Theater Baden-Baden. In der Spielzeit 2020/21 stellt sie sich der Herausforderung als Interims-Intendantin im Haus am Goetheplatz, bis Nicola May aus ihrem Sabbatjahr zurückkehrt. Unser Redaktionsmitglied Michael Rudolphi sprach mit Schmidt über ihre neuen Aufgabe.

Wie kam es dazu, dass Sie für ein Jahr die Theater-Intendanz übernehmen werden?
Schmidt

Frau May hatte mich vor über einem Jahr gefragt, ob ich mir das vorstellen könnte. Ihr Sabbatjahr ist ja mit ihrer Vertragsverlängerung verbunden. Sie hatte darum gebeten, auf eine bestimmte Zeit rauszugehen, um neue Ideen zu sammeln. Das geht natürlich nur, wenn jemand in dieser Zeit ihre Stelle übernimmt.

Haben Sie sofort Ja gesagt?
Schmidt

Ich hatte zunächst um ein paar Tage Bedenkzeit gebeten.

Hat diese Bedenkzeit tatsächlich gereicht?
Schmidt

Es hat sich relativ schnell gefestigt, dass ich das machen würde. Ich will aber nicht verhehlen, dass die Corona-Pandemie mich diesbezüglich nochmal zum Nachdenken gebracht hat.

Da war Ihre Entscheidung aber schon gefallen...
Schmidt

Ja. Frau May und ich haben vor ein paar Wochen nochmals ein sehr ausführliches Gespräch geführt, weil mir klar wurde, dass die Situation sich durch die Pandemie grundlegend geändert hat. Egal, wie die nächste Spielzeit läuft, es wird erst mal – ich kann das Wort schon nicht mehr hören – ein Auf-Sicht-Fahren sein müssen. Das ist jetzt so etwas wie ein Krisen-Management. Ich habe mir aber gesagt, dass im Moment alle experimentieren. Viel Erfahrung habe ich ja weiß Gott. Ich habe 30 Jahre als Dramaturgin auf dem Buckel. Wenn man eine kühlen Kopf behält und einen guten Schulterschluss zu seinem Team sucht, was soll passieren?

Wenn Sie vorher gewusst hätten, dass die Corona-Pandemie kommt, hätten Sie dann eher Nein gesagt?
Schmidt

Es wäre schwer gewesen, das vorher zu sagen, aber vor ein paar Wochen habe ich mich das tatsächlich gefragt. Mir wurde durchaus ein bisschen mulmig. Es war gut, dass Frau May und ich diese Entscheidung noch einmal angesehen und beschlossen haben, dabei zu bleiben. Seitdem zweifele ich nicht mehr. Jetzt stimmt es für mich.

Als Chef-Dramaturgin sind Sie bereits mit Führungsaufgaben betraut. Ist das so ein großer Unterschied zur Intendanz?
Schmidt

In unserem Haus fallen Entscheidungen häufig im Team. Der Unterschied ist, dass ich künftig für das Ganze verantwortlich bin. Ich nehme an, dass ich mich daran gewöhne und das nicht mehr als Belastung empfinde.

Sie springen ja wohl nicht ins kalte Wasser, sondern haben eine Vorbereitung erhalten.
Schmidt

Frau May hat mich in alles mit reingenommen, was spezifische Intendanten-Aufgaben sind. Wir haben Übergabe-Stunden gemacht, in denen sie mich in bestimmte Themen eingewiesen hat. Ich bin da mehr und mehr reingewachsen. Klar, manches ist ungewohnt wie etwa Budgetierungsfragen. Da brauche ich vielleicht etwas mehr die Unterstützung unserer Verwaltungsleiterin.

Ihre Bedenken gelten also weniger den künstlerischen Dingen als vielmehr der Verwaltungsarbeit?
Schmidt

Auf jeden Fall. Bei den künstlerischen Fragen mache ich mir überhaupt keine Sorgen. Da habe ich das Gefühl, das ist eher mein Gebiet. Das ist aber nur ein kleiner Teil des Intendantenjobs. Die Verwaltung, die Repräsentation nach außen und Führung nach innen finde ich die größte Veränderung.

De facto bleibt die Interims-Intendanz ja nicht bei einem Jahr. Sie haben ja schon mit Frau May gemeinsam den neuen Spielplan für das Jahr danach konzipiert.
Schmidt

Der liegt nur zum Teil vor. Für die kommende Spielzeit geht es zunächst darum, wie wir tatsächlich das Geplante umsetzen können. Draußen auf der Straße herrscht fast schon wieder Normalität. Aber für die Kultur-Institutionen ändert sich wenig. Wir dürfen beispielsweise nur 109 Besucher ins Theater lassen. Aber auch das Geschehen auf der Bühne ist sehr reguliert. Wir müssen immer auf die aktuelle Situation reagieren. Es könnte ja durchaus passieren, dass wir das Haus wieder schließen müssen.

Die große Bühne ist das eine. Wie geht es mit dem Kinder- und Jugendtheater weiter?
Schmidt

Das ist ganz schwer zu sagen, weil auf jeden Fall bis zum Ende dieses Schuljahres außerschulische Aktivitäten untersagt sind. Ob das im neuen Schuljahr anders wird, weiß ich nicht. Wenn das so bleibt, steht unser Weihnachtsmärchen in Frage, aber auch Produktionen im TiK. Das ist besonders gravierend, weil wir mit den Schulen immer eng zusammengearbeitet haben.

Das sind keine einfachen Voraussetzungen. Wie gehen Sie Ihre Aufgabe an? Improvisieren und immer von Woche zu Woche schauen?
Schmidt

Ja, ein bisschen. Wir haben bei der Planung keine Sicherheit. Wir wissen nicht, ob wir im November wieder das Musical „Hochzeit mit Hindernissen“ aufnehmen können. Auch „Der Goldne Topf“, der ja Abiturthema ist, ist im Moment nicht denkbar. Ich glaube, das ist viel Übung in Frustrations-Toleranz und im Ertragen von Ungewissheit.

Welche Auswirkungen hat die vom Gemeinderat beschlossene Haushaltssperre für das Theater?
Schmidt

Bei vielen Verträgen sind wir gebunden. Da können wir nicht raus. Aber die Wirtschaftlichkeit ist durch Corona und die dadurch bedingten wenigen Zuschauer ohnehin total in Frage gestellt. Trotzdem ist es unsere Aufgabe, präsent zu bleiben. Jetzt zuzumachen, ist keine Alternative.

Sie haben inzwischen einige Erfahrungen in der Corona-Zeit gesammelt. Wie sind die Programme angelaufen?
Schmidt

Gut. Bei der Hofbühne hatten wir Glück mit dem Wetter. Diese Abende sind sehr charmant und haben etwas Lauschiges. Die Erwachsenen-Programme sind sehr gut angekommen, bei den Angeboten für Kinder hat das etwas gedauert. Es gab auch bereits einige Vorstellungen von „Der Vorname“ im Haus. Ich habe das Gefühl, die Leute freuen sich, dass es wieder losgeht.

Sie haben zuvor an einigen großen Häusern gearbeitet. Ist Baden-Baden eine gute Stadt für Theater?
Schmidt

Ja, durchaus, aber ich würde mir wünschen, dass beim Theaterpublikum mehr jüngere Menschen dazukommen. Im Schnitt haben wir ein deutlich älteres, aber sehr treues Publikum. Leider müssen wir ihm jetzt zumuten, die Abonnements auszusetzen. Wir können den Zuschauern und Zuschauerinnen ja leider weder eine bestimmte Aufführung, noch feste Tage oder Plätze garantieren.

Was hat Sie vor Jahren an die Oos gelockt?
Schmidt

Das hatte zum Teil private Gründe. Mein Mann war als Szenenbildner beim SWR beschäftigt. Daher kannte ich Baden-Baden schon. Dann habe ich Frau May kennen gelernt und bekam den Eindruck, die machen hier gutes Theater. Auch an einem kleinen Haus kann man anspruchsvoll arbeiten. Das Betriebsklima bei uns ist sehr gut. Ich lebe sehr gern in dieser Stadt und genieße es, hier zu sein.



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