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Grenke Chess Open

Die Schach-Weltelite kommt nach Karlsruhe

Das Grenke Chess Open in Karlsruhe ist das größte Schachturnier Europas. Über Ostern kämpfen dort rund 2.000 Spieler um die Krone - darunter sind mehrere Weltstars. Wolfgang Grenke ist der Mann, der Baden zum Schach-Dorado machte. Was treibt ihn an?

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Popstar der Szene: Weltmeister Magnus Carlsen gilt als einer der genialsten Strategen im Schachsport. Foto: Grenke

Am Morgen weilte Wolfgang Grenke noch geschäftlich in Mailand. Jetzt, zur besten Nachmittagskaffeezeit, lenkt er seinen schwarzen Sportwagen zackig und zielsicher auf eine der Parkboxen vor dem Haupteingang des BNN-Verlagshauses in Karlsruhe. „Als junger Mann bin ich Taxi gefahren“, wird er später beiläufig das erwähnen, was zu seiner Geschichte gehört. Denn mit dem seinerzeit durch Chauffeurdienste verdienten Geld stieß er seine faszinierende Karriere auf dem Sektor der Finanzdienstleistungen an.

Der Reiz des Schachs lag für mich schon immer darin, unter Druck und in Unsicherheit richtige Entscheidungen zu treffen.
Wolfgang Grenke, Unternehmer und Schach-Fan

Um die Biografie des Unternehmers, der früh die Überholspur nahm und nicht wieder verließ, soll sich das verabredete Interview aber nicht drehen. Vielmehr interessiert die Passion des Strategen, der weiß, dass sich aus einem vermeintlich schwachen Doppelbauer auf dem Brett eine Position der Stärke entwickeln lässt. Sobald Grenke über das Spiel der Könige redet, leuchten seine Augen, es wird klar: Aus ihm spricht die Leidenschaft des lebenslangen Überzeugungstäters. „Wissen Sie“, sagt der Vater dreier Söhne, „der Reiz des Schachs lag für mich schon immer darin, unter Druck und in Unsicherheit richtige Entscheidungen zu treffen“. Es verrät sich die Sicht des Selfmademans und im selben Zug die kompetitive Ader des Erfolgsmenschen, der aus einem Zweimannbetrieb ein börsennotiertes Unternehmen mit einem Umsatz von an die zwei Milliarden Euro formte.

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Als Mann des Kalküls ist Wolfgang Grenke nicht nur eine Größe aus der regionalen Wirtschaft, sondern jahrzehntelanger Freund und Förderer des Schachspiels im Badischen. Foto: Grenke

Schon in seinen frühen Zwanzigern entwickelte Grenke Exzellenz darin, vorauszuplanen – ohne bei alldem auch die manchmal gar noch wichtigeren Bauchgefühle zu ignorieren. Nur zum Schachspiel in der siebten Mannschaft seiner OSG Baden-Baden fehlt ihm heute die Zeit. „Kürzlich habe ich nochmal ausgeholfen“, sagt er und lacht. Der Trainingsrückstand sei aber eben auch im Schach kein Vorteil.

Mann des Kalküls

Grenke, Jahrgang 1951, ist heute im Aufsichtsrat der von ihm gegründeten Grenke AG, Präsident der Industrie- und Handelskammer Karlsruhes und daneben auch Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages. Als Mann des Kalküls weiß er, dass sich im Schach mit für ihn verhältnismäßig überschaubaren Mitteln wesentlich mehr bewegen lässt als mit einem Sponsoring im Fußball etwa. Das Stichwort lautet auch hier „Nachhaltigkeit“. Gut: Beim Karlsruher SC investiert sich Grenke neuerdings als Förderer des Nachwuchses. Das Jugendstadion trägt seinen Namen, die KSC-Akademie auch. Bei den lange arg verfahrenen Stadionbaugesprächen zwischen Verein und Stadt hatten ihn die Streitparteien als Mediator mit durchschlagendem Erfolg eingebunden. Menschen, die sich ihn spätestens seither beim KSC in anderer Rolle vorstellen mögen, muss er enttäuschen. Als Verantwortungsträger könne er sich dort nicht sehen. „Ich bin ja jetzt auch ein echter 68er“, sagt er in Anspielung auf sein Lebensalter. Er lächelt verschmitzt. Grenkes Ehrgeiz fließt in die schwarzen und wie die weißen Figuren und stolz ist er darauf, seine Heimatstadt als deutsche Schachhochburg etabliert zu haben.

Über die Leistungsstärke der Ooser Schachgesellschaft, kurz OSG, die eben mit den Männern ihren 13. deutschen Meistertitel feierte, wissen Kenner und Liebhaber selbst in den USA Bescheid, wie Grenke einmal während einer Zufallsbegegnung mit einem Schach-affinen Geschäftsmann erfuhr. Was vor einem Dutzend Jahren eine seiner Forderungen zur Popularisierung der Bundesliga war, ist längst selbstverständlich: „Im Internet werden heute alle Spiele übertragen“, erklärt er.

Das größtes Schachturnier Europas

Der 2013 angegangene Schritt, das europaweit größte Schachturnier in der Region zu etablieren: konsequent. Zu den Grenke Chess Open werden von diesem Donnerstag an bis 22. April laut Veranstalter mehr als 2000 Spieler in der Karlsruher Schwarzwaldhalle erwartet. Und zwischen dem 20. und 29. April wird sich die Weltelite schon zum dritten Mal in Karlsruhe und Baden-Baden treffen. Es geht dann um den mit 20.000 Euro dotierten Sieg bei der Grenke Chess Classic.

Auf den Weltmeister Magnus Carlsen und den Vorjahresgewinner Fabiano Caruana werden alle wieder besonders schauen. Der Norweger und der US-Amerikaner hatten vor einem halben Jahr in London mit ihrer epischen Remis-Serie im Kampf um die WM-Krone die Szene unterhalten. Der 28 Jahre alte Carlsen blieb nach zwölf unentschiedenen Partien Weltmeister, weil er den Tiebreak gegen den zwei Jahre jüngeren Herausforderer gewann. „Zur ersten Revanche kommt es bei unserem Turnier“, bemerkt Grenke. Im Inder Viswanathan Anand, der 2013 von Carlsen als Weltmeister abgelöst wurde, und im Franzosen Maxime Vachier-Lagrave stehen zwei weitere Großmeister aus der Top-10 der Weltrangliste im Zehnerfeld des Turniers, das dem Modus „Jeder gegen Jeden“ folgt.

Staunen über 14-Jährigen

Grenke selbst wird zumeist aus dem Ausland via Internet das Geschehen verfolgen und genau hinsehen, wie sich der erst 14 Jahre alte Mainzer Vincent Keymer schlägt. Der angehende Großmeister versetzte Experten vor einem Jahr mit seinem Sieg beim offenen Turnier ins Staunen. Grenke fördert den Jungen, der nun gegen die Besten ran darf, deren ersten fünf Runden in Karlsruhe ausgespielt werden, an die sich die restlichen im „LA8“ anschließen. Das „LA8“. Klar: Man findet es in Baden-Badens Lichtentaler Allee, Hausnummer 8. Feinste Adresse. Und Grenke liebt Abkürzungen.

Er hat den vor zehn Jahren eröffneten Gebäudekomplex für 15 Millionen Euro sanieren und ausbauen lassen. Ein Museum für Kunst und Technik des 19. Jahrhundert ist darin untergebracht, das Schachzentrum auch. Es ist die Heimstätte der OSG, deren Frauen elf Meistertitel holten. Selbst ein Farm-Team leistet man sich in der Männer-Bundesliga. Die Schachfreunde Deizisau, eben Abschluss-Vierter in der 16er-Liga. Der Club aus dem Landkreis Esslingen ist Heimatverein von Sven Noppes, des Teamchefs der OSG.

Der beste Schachspieler aller Zeiten? Grenke überlegt nur kurz. Wer wollte die in ihrer Spielweise so entgegengesetzten, russischen Dauerrivalen der 1980er, Anatoli Karpov und Garri Kasparov, beispielsweise mit Emanuel Lasker vergleichen oder José Raúl Capablanca in ein Verhältnis zu Bobby Fischer setzen? Fest steht: Wenn Grenke verfolgt, wie ein Carlsen oder ein Caruana am Brett agieren, dann mit der Hochachtung des staunenden Hobbyspielers. „Man studiert deren Züge und kann manchmal gar nicht erkennen, wohin diese führen sollen“, weiß er. Caruana gehört der OSG-Bundesligamannschaft an, Anand und Vachier-Lagrave tun es auch. Carlsen? Ist Mitglied der OSG. „Er hat gesagt, dass er vormittags kein Schach spielen kann“, verrät Grenke. Weil die Bundesliga aber nun einmal die Spielklasse der Frühaufsteher ist, gibt es den magischen Magnus in der Region eben nur bei den Chess Classic zu sehen. Nicht nur für Grenke: der Favorit.

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