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Zeichen der Dankbarkeit

Ehrliche Finderin sucht nach Besitzerin und gibt Baden-Badenerin ihre Geldscheine zurück

Eine Kurstädterin verliert beim Spazierengehen mit ihrem Hund zwei 50-Euro-Scheine. Sie ist sicher: Das Geld sieht sie nie wieder. Doch damit beginnt eine Geschichte, die ebenso überraschend wie schön ist.

Wollen den Crémant gemeinsam trinken: Finderin Iryna Stadnytska (links) und Eva Rief.
Wollen den Crémant gemeinsam trinken: Finderin Iryna Stadnytska (links) und Eva Rief. Foto: Stephanie Hölzle

Eine ehrliche Finderin, eine dankbare Besitzerin und eine Flasche Crémant stehen am Ende einer Geschichte, die sich in Baden-Baden zugetragen hat. Sie zeigt, dass es in Zeiten permanenter negativer Nachrichten auch noch das Gute gibt.

Sie beginnt an dem Tag, als die Baden-Badenerin Eva Rief von ihrer Mutter zwei 50-Euro-Scheine geschenkt bekommt. Sie faltet sie zusammen, steckt sie in die Jackentasche – und vergisst sie, berichtet Rief im Gespräch mit unserer Redaktion. Am Ende des Tages geht die 47-Jährige mit ihrem Hund beim Fürstenbergdenkmal spazieren.

Beim Spaziergang fallen der Baden-Badenerin die Scheine aus der Tasche

Sie erhält einen Anruf und fischt das Handy aus der Jackentasche. Dabei fallen unbemerkt die Geldscheine heraus. Dass sie fehlen, bemerkt sie erst zu Hause. „Ich habe mich schon sehr darüber geärgert“, erzählt Rief. Sie glaubt zunächst nicht daran, dass sie das Geld wiederbekommt. Dennoch sucht sie den Park unterhalb des Herrenguts am nächsten Morgen ab. Ohne Erfolg.

Einige Tage später spaziert die 47-Jährige wieder wie üblich mit ihrem Hund durch das Gelände. Dort trifft sie eine Parkbekanntschaft. Sie kommen ins Plaudern und die Bekanntschaft fragt beiläufig, ob Rief schon das Schild mit der Fundsache gesehen habe.

Ich habe im Leben nicht daran geglaubt, dass das mein Geld sein könnte.
Eva Rief

Hat sie nicht, aber Rief denkt natürlich sofort an ihre Geldschein. Sie fügt im Gespräch mit unserer Redaktion allerdings hinzu: „Ich habe im Leben nicht daran geglaubt, dass das mein Geld sein könnte.“

Finderin des Geldes sucht mit Schild nach Besitzerin

Dennoch geht sie zur benannten Stelle und entdeckt einen Pfosten, an dem – wetterfest in Plastik verpackt – ein Zettel befestigt ist: „Haben hier am Freitag 14.04. eine Fundsache gefunden. Rufen Sie an. Sie müssen die Fundsache benennen“, ist handschriftlich auf das Papier notiert. „Ich konnte es nicht glauben“, sagt Rief. Sie ruft an: Es sind ihre 100 Euro.

Einige Mühe gemacht: Mit diesem verpackten Zettel sucht Irina Stadnytska nach dem Eigentümer des Geldes.
Mit diesem verpackten Zettel sucht Irina Stadnytska nach dem Eigentümer des Geldes. Foto: Stephanie Hölzle

Schon bis hierhin wäre dieses Erlebnis schon etwas Besonderes: Ein Finder, der die losen Geldscheine nicht einfach behält, sondern einen Zettel schreibt, ihn verpackt, einen Pflock aufstellt und den Zettel daran befestigt. Rief fragt sich, was das für ein Mensch sein muss.

Ehrliche Finderin ist eine aus der Ukraine geflüchtete Mutter

Es ist eine Frau, die in Baden-Baden wohnt. Sie heißt Iryna Stadnytska und ist vor etwa einem Jahr mit ihrer Tochter aus der Ukraine geflüchtet. Seither lebt sie in der Bäderstadt.

Sie hat die Scheine entdeckt – und nicht für sich behalten. Sie hat den Zettel geschrieben, ihn verpackt und den Pflock aufgestellt. „Unglaublich“, sagt Rief rückblickend. Sie sei tief beeindruckt davon, dass es „immer noch Menschen gibt, die grundlegende Ehrlichkeit verkörpern“.

Die beiden Frauen treffen sich daraufhin. „Ich war so gerührt“, erzählt Rief. Das ändert sich auch dann nicht, als sie sich letztlich gegenüberstehen. Rief hatte sich zuvor überlegt, mit Stadnytska halbe-halbe zu machen. Das lehnt Stadnytska strikt ab. „Irgendwie hatte ich bei jemandem, der so handelt, schon damit gerechnet“, sagt Rief.

Daher hat sie eine Flasche Crémant eingepackt – als Zeichen ihrer Dankbarkeit und Freude über diese Aufrichtigkeit. Diese wollte sie der Finderin überreichen, „aber auch darauf ließ sie sich nicht ein“.

An dem Tag, an dem sie erfährt, dass sie in die Ukraine zurückkann, machen wir gemeinsam den Crémant auf.
Eva Rief

Schließlich finden die beiden Frauen eine Lösung: Stadnytska ist bereit, die Flasche zu behalten – aber nur unter einer Bedingung. „An dem Tag, an dem sie erfährt, dass sie in die Ukraine zurückkann, ruft sie mich an – und dann machen wir gemeinsam den Crémant auf“, erzählt Rief.

Und dann spricht sie die Frage aus, mit der sie in den vergangenen Wochen schon viele Freunde konfrontiert hat und die sich jedem stellt: „Hätten Sie das Geld zurückgegeben?“

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