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Katholischen Reformbewegung „Maria 2.0“

Frauen aus Baden-Baden fordern Gleichberechtigung in der Kirche

Karin Oesterle und Karin Ziegler wollen sich mit dem Status quo innerhalb der katholischen Kirche nicht abfinden. Warum dürfen nur Männer Priester werden? Diese und auch andere Fragen beschäftigt die beiden Frauen.

Karin Oesterle und Karin Ziegler schlagen die Thesen an
Hinweis auf Missstände: Karin Oesterle und Karin Ziegler (von links) schlagen die Thesen der Reformbewegung an die Kirchentür. Foto: Christiane Krause-Dimmock

Es hatte fast schon einen konspirativen Touch, als am Samstagabend zwei Frauen mit Kleberollen und Plakaten durch die Stadt fuhren. Die Mission der beiden hieß „Maria 2.0“.

Nach 500 Jahren ist es wieder soweit: An Portalen von Gotteshäusern im gesamten Bundesgebiet wurden wie zu Martin Luthers Zeiten Thesen angeschlagen.

Die Reformbewegung Maria 2.0 machte bereits im Mai 2019 mit ganz unterschiedlichen Aktionen bundesweit auf sich aufmerksam. Auch in Baden-Baden. „Wir treten ein für die Reformen in der katholischen Kirche“, erklärt Karin Oesterle, die gemeinsam mit Karin Ziegler die Plakate aufgehängt hat.

Beide engagieren sich in der Gemeinde

Beide Frauen sind aktiv in die Kirche eingebunden, Karin Oesterle unter anderem als Sprecherin im Gemeindeteam, während Karin Ziegler Pfarrgemeindratsmitglied im Seelsorgeteam ist. Dass sie beide zu Multiplikatorinnen von Maria 2.0 wurden, sehen sie nicht als Problem. „Wir fühlen uns verstanden von Pfarrer Teipel.“

Und so trugen beide Frauen am Wochenende dazu bei, dass am Sonntagmorgen, rechtzeitig vor den Gottesdiensten, auch in Baden-Baden auf die Missstände hingewiesen wird, die Maria 2.0 deutschlandweit anprangert.

„Unsere Kirche muss endlich wieder zukunftsfähig gemacht werden“, unterstreicht Karin Ziegler. „Es geht dabei auch um uns Frauen.“ Denn gefordert wird eine Geschlechtergerechtigkeit, auch wenn es um das Bekleiden von Weiheämtern geht.

Sie fordern Auflösung des Zölibats

Auf der Agenda stehen außerdem Themen wie die Aufklärung, Verfolgung und Bekämpfung der Ursachen von sexualisierter Gewalt. Gefordert wird obendrein eine wertschätzende Haltung gegenüber selbstbestimmter, achtsamer Sexualität. Vor allem aber soll das Zölibat nicht länger verpflichtend sein.

Dass die Plakate in bester Luther-Manier gerade jetzt deutschlandweit angeschlagen wurden, hat einen guten Grund. „Die Vollversammlung der Deutschen Bischöfe tagt ab diesem Dienstag“, verweist Karin Oesterle auf das digitale Meeting, bei dem sich die Initiative Gehör verschaffen möchte.

Am Ende sei es also völlig nebensächlich, ob Luther tatsächlich zu Hammer und Nagel gegriffen hat, als er seine Thesen publik machte. Es sei vielmehr der Inhalt, der zählt. Der hat letztlich Großes bewegt. „Und genau das wollen wir auch.“ Deshalb kann nun an allen Türen der Baden-Badener katholischen Kirchen nachgelesen werden, was die Aktion Maria 2.0 für reformüberfällig hält.

Forderung nach Gleichberechtigung

Kritisiert wird auf diesem Wege etwa, dass das Mannsein Sonderrechte begründet. „Priesterämter sind in der katholischen Kirche den Männern vorbehalten“, berichtet Karin Oesterle. Sie weiß sehr gut, dass die Frauen in der Kirche längst so viele Aufgaben und Ämter übernehmen, dass es ohne sie gar nicht mehr ginge. Deshalb müsse ihnen auch Zugang zu Weiheämtern gewährt werden.

Auch der transparente Umgang mit dem sexuellen Missbrauch innerhalb der Kirche sei unvermeidbar. „Das ist nicht gut für die Glaubwürdigkeit,“ erinnert Karin Oesterle daran, dass die katholische Kirche schon viel zu lange als Tatort sexueller Gewalt gilt.

Wenn Informationen zu solchen Gewaltverbrechen unter Verschluss gehalten würden, wirke es, als stehle man sich aus der Verantwortung. „Unsere Kirche muss glaubwürdig sein. Dazu gehört auch, dass solche Taten umfassend aufgeklärt und Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden“, unterstreicht sie die Forderung von Maria 2.0.

Das alles sei genauso lebensfremd und diskriminierend, wie die offiziell in der katholischen Kirche gelehrte Sexualmoral, die von vielen nicht mehr ernst genommen werden könne. „Dabei ist unsere Kirche doch bunt“, pflichtet auch Karin Ziegler Maria 2.0 bei.

Eine Haltung, die nicht jedem in der Gemeinde zu schmecken scheint. Als am Sonntag nach dem Gottesdienst eine kurze Erklärung zu den Anschlägen abgegeben wurde, verließ eine Frau mit Türenschlagen das Gotteshaus. Doch aufhalten lassen wollen sich die Reformwilligen auch trotz spürbarem Gegenwind nicht.

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