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Brennschere, Bartbinden und Co

Friseurmeister Jürgen Oeldorf aus Baden-Baden hat Sammlung historischer Friseur-Handwerkzeuge

Dieser Salon hat was von einem Museum: Jürgen Oeldorf stellt seine Erinnerungsstücke am Arbeitsplatz aus. Er ist Friseur in dritter Generation und die Sammlerstücke stammen teils von seinem Vater.

Friseurmeister Jürgen Oeldorf sammelt Historisches seiner Zunft
Friseurmeister Jürgen Oeldorf sammelt Historisches seiner Zunft Foto: Christiane Krause-Dimmock

Das Friseurhandwerk besteht in der Rückschau aus bei Weitem mehr als dem berühmt-berüchtigten „Vokuhila“ und der Nass-Rasur.

Jürgen Oeldorf, der just seinen 80. Geburtstag feierte und bereits 1957 als Lehrling ins Metier eintauchte, hat Schere und Messer bis heute nicht abgelegt. Vor allem aber hat er eine Vielzahl von Erinnerungsstücken gesammelt, die er in seinem Salon in Baden-Baden-Lichtental ausgestellt hat.

Dass er diesen Beruf einmal in bereits dritter Generation ausüben wird, war ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Der Vater betrieb auf der Heidelberger Hauptstraße unterhalb des Schlosses einen eigenen Salon.

„Im Wohnzimmer und in der Küche war es immer kalt, wenn ich aus der Schule kam“, begründet Oeldorf, warum er Hausaufgaben stattdessen unten im Geschäft gemacht hat. Dort wurde kurzerhand ein Plakat über Becken gelegt und zum Tisch gemacht.

Seine offene, oft auch charmant-flachsige Art habe er wohl schon damals mit auf den Weg bekommen. Denn in so einem Salon, da lerne man zu plaudern und mit Menschen umzugehen.

Schon als Junge hilft er im Salon des Vaters aus

Vor allem auch Hand anzulegen, ist er schon mittendrin im Thema Historie und Gerätschaften. Dazu gehörte auch die sogenannte „Heiße Welle“. Der Name ist keineswegs misszuverstehen, berichtet er von den Ohren der Kundinnen, welche die Hitze nicht so gut vertrugen. Also durfte er als Knirps parallel mit einem kalten Föhn für entsprechende Kühlung an den entsprechenden Stellen sorgen.

Andere Maschinen hingen inklusive Stromkabel an der Wand. Aufbewahrt hatte der Vater allerdings auch einige Hand-Haarschneid-Maschinen. „Einmal hatten wir einen Stromausfall.“ Da sei das ein echter Segen gewesen. Der alte Meister verstand sich noch darauf, diese einzusetzen. Der Filius dagegen nicht, erzählt er von einem Versuch, den er sehr schnell abbrach.

Einige dieser mechanischen Geräte hat er in die Neuzeit gerettet. So können Besucher sehen, wie das Handwerkszeug damals aussah, und zwar in einer vielfältigen Art. Obendrein liegen in dem kleinen Ausstellungsregal laminierte Seiten bereit, mit denen man sich selbst ein wenig einlesen kann in die Historie, von der Jürgen Oeldorf selbst so einiges miterlebt hat.

Ich war erst 22 Jahre alt, als ich die Meisterurkunde bekam.
Jürgen Oeldorf
Friseurmeister

Denn als er nach der Ausbildung und der Bundeswehr heimkehrte, wurde der einstige Salon Hohrein, den der Großvater in Ebersteinburg betrieben hatte, vakant. Flugs ging es neben der Arbeit zur Abendschule.

„Ich war erst 22 Jahre alt, als ich die Meisterurkunde bekam. Dass ich trotzdem nicht ausbilden durfte, hat mich damals schon gefuchst.“ Das ging damals – aus Reifegründen – erst mit 24, berichtet er. „Und heute sollen die Jugendlichen mit 16 wählen.“

Beirren ließ er sich nicht, ließ sich von der Innung sogar für zehn Jahre als Obermeister in die Pflicht nehmen. So wanderten einige der Schätze aus der Oeldorf-Sammlung in die Gewerbeschule, die sie dort in einer Vitrine zeigt.

Früher trug man meist lang und Knoten.
Jürgen Oeldorf
Friseurmeister

Ein Blick lohne sich, meint er schmunzelnd und berichtet von sogenannten Wirrhaaren, vom Bubikopf und von mehr. Die Damen kamen nämlich in Sachen Hair-Styling ehedem reichlich kurz. „Früher trug man meist lang und Knoten.“

Erst der Bubikopf leistete Bahnbrechendes. Das wiederum erforderte von da an besondere Kenntnisse, etwa in der Benutzung der Brennschere, um die Haare der Damen zu ondulieren.

Die heiße Dauerwelle, die habe sich damals in Deutschland nicht wirklich flächendeckend durchgesetzt, sagt Jürgen Oeldorf und führt das auf die hohen Investitionskosten zurück. Die Sache mit dem Ondulieren, das übrigens auf Erhitzen mit Gas basierte, war ohnedies viel leichter.

Denn – so beweisen die Exponate – diese Art Brennschere gab es auch für unterwegs. Gespeist durch Spiritus ließ sich in einem kleinen feinen Set das Gerät erhitzen, mit dem man den Locken auf die Sprünge helfen konnte.

Auch Kunden und Freunde beteiligen sich an der Sammlung des Baden-Badeners

Doch seine aparte Sammlung, die übrigens in durchaus beachtlichem Umfang von Kunden und Freunden aufgestockt wurde, hat noch mehr aufzuweisen. Bartbinden, Heisswellwickel, Kreppeisen, Rasiermesser, aber auch ein Stück Kriegsseife aus dem Jahr 1916 gehören etwa dazu. Letztere habe man damals wohl durch Spenden ermöglicht, um den Soldaten an der Front ein klein wenig Hygiene zu ermöglichen.

Jürgen Oeldorf selbst hat auch in Sachen Damenfrisuren gelernt. Denn das gehörte ehedem mit dazu, genau wie das Rasieren der Herren und die Nagelpflege, wie sein Sortiment an Schmirgelfeilen, Polierleder und so allerlei zur Maniküre erforderlichen Gerätschaften beweist. Denn ein Besuch beim Friseur, das war damals Beauty rundum.

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