In der Corona-Pandemie ist vieles anders. Das tangiert auch den Gemeinderat Baden-Baden. Der tagte jetzt erstmals unter offenem Himmel. Im Stehen wurden zwölf Tagesordnungspunkte in der Rekordzeit von 15 Minuten behandelt. Das ist für das Gremium fast so außergewöhnlich wie der Ort, an dem es sich traf: im Innenhof des Rathauses.
Ob es zu einer Wiederholung kommen wird, ist offen. Die Meinungen über Freiluftsitzungen gehen unter den Bürgervertretern jedenfalls zum Teil weit auseinander.
Johannes Schindler ist kein Freund davon. „Sitzungen gehören in einen Sitzungssaal“, betont der FDP-Mann. CDU-Rätin Reinhilde Kailbach-Siegle könnte sich in Zeiten der Corona-Pandemie dagegen noch einen anderen Ort für Treffen des Stadtparlaments vorstellen: im Autokino. „Da habe ich ein Dach über dem Kopf, wenn es regnet“, nennt sie lachend einen Vorteil. Ansonsten pflichtet sie dem FDP-Mann bei: „Eine Openair-Sitzung ist mal interessant, soll aber eine Ausnahme bleiben.“
Ihr Parteikollege Ansgar Gernsbeck ist perfekt auf die äußeren Gegebenheiten eingestellt. Er hat einen Notenständer als Ablage für sein Tablet mit den Infos zur Sitzung mitgebracht. „Ich bin Musiker, und als Musiker ist man gewohnt, im Freien zu spielen und auch mal zu improvisieren“, erläutert der CDU-Fraktionschef, der im Musikverein Lichtental Waldhorn spielt.
Für das Stadtparlament sollte das aber die Ausnahme bleiben. SPD-Rat Werner Henn findet die Freiluftsitzung dagegen „nicht schlecht“: „Ich bin gerne an der frischen Luft!“ Er könnte sich vorstellen, dass zum Beispiel der Forstausschuss im Wald oder der Betriebsausschuss im Betriebshof der Stadtwerke tagt.
Für den Corona-Abstand sind Standpunkte auf dem Boden markiert
Oberbürgermeisterin Margret Mergen (CDU) fand den Sitzungsort „ungewöhnlich“ und und sprach vom Pult am Eingang zum Rathaus zu den Bürgervertretern, die sich im Innenhof an mit Kreide markierten Punkten mit dem geforderten Mindestabstand und mit Mund-Nasen-Masken versammelt hatten. Inn Sichtweite: ein Weihnachtsbaum mit Lichterkette.
Die Tagesordnungspunkte beschrieb Mergen als „gewichtig aber überschaubar“. Themen wie die Container-Lösung für das Markgraf-Ludwig-Gymnasium oder die Zusammenlegung der Verwaltungsstellen der Ortsverwaltung Rebland waren ebenso in Ausschüssen vorberaten worden wie die geplante Erweiterung des Kiesabbaus auf Gemarkung des Stadtteils Sandweier oder die Bestellung von Naturschutzbeauftragen für den Stadtkreis.
Mergen macht am Ende der Sitzung noch darauf aufmerksam. dass der Termin am Montagabend mit einem besonderen Ereignis für Himmelsgucker zusammenfiel: dem Weihnachtskuss. Die besondere Konstellation von Saturn und Jupiter, die sich so nahe kamen, dass sie wie ein heller Stern leuchteten, könnte nach Ansicht von Astronomen einst das gewesen sein, was die drei Könige am Himmel sahen, als sie dem Stern von Bethlehem folgten.
„Nehmen Sie das als gutes Omen“, sagte Mergen und riet den Kommunalpolitikern, in der Zeit des Lockdowns Ruhe und Besinnlichkeit zu genießen.