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Legaler Sprayer sprüht mit Leidenschaft

Graffiti-Künstler „Syne One” aus Baden-Baden will mehr Unterstützung von der Stadt

Der Nachwuchs-Künstler „Syne One” ist seit fünf Jahren legaler Graffiti-Sprayer. Er wünscht sich für Baden-Baden mehr Raum und Unterstützung für die Szene.

Ein Jugendlicher sprayt mit Graffiti.
Jung und bunt: Syne One sprüht nicht einfach nur drauf los. Bevor er die Spraydose in die Hand nimmt, fertigt er sich ein Konzept an. Foto: Julian Meier

Die Linienführung ist sauber und das Konzept durchdacht, bunte Lichtreflexe und schwarze Schatten vermitteln den Eindruck von Tiefe – der Künstler Syne One sprüht nicht einfach nur drauf los. „Ich fertige mir vorher immer eine Skizze an”, erklärt der Schüler vom Richard-Wagner-Gymnasium und packt seine Spraydosen aus dem Karton. Er setzt die schwarze Dose an – der Geruch von Farbe steigt ihm in die Nase. An der Jugendbegegnungsstätte (Jube) in Baden-Baden kann er sich austoben, seiner Kunst freien Lauf lassen. An Farbe mangelt es im Außenbereich der Jube nicht – auch die Tischtennis-Platte scheint als Leinwand genutzt zu werden.

Ich fertige mir vorher immer eine Skizze an.
Syne One

Seit zehn Jahren tanzt der begabte Newcomer Breakdance, erste Berührpunkte zur Hip-Hop-Kultur hatte der 16-Jährige also bereits früh. Dadurch sei er auch auf das Writing – so nennt sich die Kunst der Buchstaben – gekommen. Das macht er nun schon seit fünf Jahren.

Syne One lässt sich von Skeptikern nicht unterkriegen

Skeptiker gebe es genug, gesteht er. Während einer Sprüh-Aktion seien einmal Schulkinder an der Jube vorbeigelaufen und hätten sich über den jungen Mann aufgeregt: „Das ist doch verboten, was du da machst”, haben sie über die Wiese gerufen, erklärt er. Auch seine Mitschüler lassen kein gutes Haar an seinem Hobby und denken, er verstoße gegen das Gesetz. Doch weit gefehlt – der Nachwuchs-Künstler möchte sich klar von illegalen Sprayern distanzieren: „Für mich sind das zwei verschiedene Welten”, erklärt er.

Bei illegalen Aktionen stehen Täter oft unter Zeitdruck und dürfen nicht erwischt werden – die Kunst rückt in den Hintergrund, es geht ihnen meist vielmehr um den Nervenkitzel, um eine Art Kick. Was dabei entstehe, sei oft nicht schön, findet der Gymnasiast. Die illegal entstandenen Graffiti mit der Aufschrift „Dope” an verschiedenen Flächen in der Lichtentaler Allee dienen als Paradebeispiel hierfür.

Die Jube bietet dem Künstler Raum zur Entfaltung

Syne One tobt sich ausschließlich an sogenannten Legal Walls aus. Er trifft sich zum Sprühen gerne mit Freunden, hört dabei Musik und bemüht sich generell um eine positive Atmosphäre, um ein schönes Kunstwerk zu schaffen. Er greift zur roten Spraydose und sprüht weiter. Die Jube bietet ihm Raum für sein Hobby, denn dort stehen drei solcher Wände. Pädagoge Micha Braun findet es schön, dass sich Künstler an der Jube im Freien ausprobieren. Annette Lange ergänzt ihren Kollegen: „Syne One weiß, wie er sich zu verhalten hat”, erklärt sie und beobachtet ihren Schützling von der Ferne.

Baden-Baden braucht dringend mehr solcher Legal Walls.
Syne One

Für den Teenager bedeutet das Writing unendliche Kreativität: Er kann die Buchstaben in jede Richtung laufen lassen, sie aufbrechen und auch wieder zusammensetzen. Von der Kurstadt wünscht er sich jedoch mehr Unterstützung, im wahrsten Sinne mehr Raum zur Entfaltung: „Baden-Baden braucht dringend mehr solcher Legal Walls”, erklärt er. Der Pressesprecher der Stadt, Roland Seiter, betont, dass die Diskussion, mehr Graffiti-Wände in der Stadt aufzubauen, bereits zur Debatte stehe. Derzeit können sich Künstler nur an der Jube kreativ ausleben. Wenn die Stadt mehr solcher Wände aufstelle, müssten diese jedoch überwacht und regelmäßig neu angestrichen werden, erklärt er. Ob illegale Spray-Aktionen mit mehr Legal Walls tatsächlich unterbunden werden, kann der Pressesprecher nicht abschätzen.

Er möchte sein Hobby später einmal zum Beruf machen

Syne One wechselt die Spraydose erneut. Über seinem Kunstwerk befindet sich ein mit schwarzer Farbe gesprühter Schriftzug – ein sogenannter Tag, erklärt er. Das ist die Unterschrift eines Writers – quasi eine eindeutige Zuordnung, wer das Graffito erschaffen hat. Zu seinen großen Idolen gehören die Künstler „Skore 79” aus Wilhelmshaven und „Kesti” aus Frankreich. Irgendwann möchte er einmal seinen Lebensunterhalt mit seiner Leidenschaft verdienen, als Breakdancer werde er ab und zu auch schon gebucht, erzählt er stolz.

Für das Graffito an der Legal Wall der Jube habe er zwischen zehn und elf Stunden benötigt – eine Menge Arbeit also. Was dabei heraus kommt, kann sich allemal sehen lassen. Syne One packt die Spraydosen zusammen. Eins steht fest: Der Nachwuchs-Künstler ist eindeutig mit Herz und Verstand bei der Sache.

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