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Zwist um Glockenläuten

Zu laut? Kirchenglocken der Stadtkirche in Baden-Baden stören Anwohner

Sind die Glocken der evangelischen Stadtkirche in Baden-Baden zu laut? Das zumindest behauptet ein Anwohner. Worum genau geht es in diesem Streit?

Heinz Faßbender steht vor der evangelischen Stadtkirche und hält sich die Ohren zu.
Heinz Faßbender hält sich oft die Ohren zu, wenn er die Glocken der evangelischen Stadtkirche in Baden-Baden hört. Er hält sie für zu laut. Foto: Sarah Reith

Strukturieren läutende Glocken auf angenehme Weise den Tag oder sind sie eine Lärmbelästigung? Da gehen die Meinungen weit auseinander. Auch bei der evangelischen Stadtkirche am Augustaplatz in Baden-Baden. Heinz Faßbender wohnt seit etwa vier Monaten direkt gegenüber der Kirche. Er fühlt sich von den Glocken enorm gestört.

„Die Glocken sind richtig laut“, schildert Faßbender seine Empfindung. Dabei stört ihn nicht das sakrale Läuten, wenn die Glocken etwa zum Gottesdienst rufen. Faßbender kritisiert vielmehr den Zeitschlag: Jede Viertelstunde zeigt die Stadtkirche tagsüber die Zeit an.

Der Stundenschlag ist einfach nur penetrant.
Heinz Faßbender
Anwohner

„Diese Glocken finde ich auch vom Klangbild her richtig aggressiv“, sagt der Anwohner. Insgesamt hat Faßbender bis zu 240 Schläge täglich gezählt. „Der Stundenschlag ist einfach nur penetrant“, meint er. Mittlerweile bestimme dieser sein Leben. Das will Faßbender nicht mehr hinnehmen: Deshalb hat er sich an die Baden-Badener Stadtverwaltung gewendet.

Faßbender verlangt, dass die Stadt eine Ordnungsverfügung gegen die Kirche erlässt: Letztere solle das tägliche Zeitschlagen umgehend unterlassen.

Stadt Baden-Baden prüft den Fall

„Es erfolgt eine fachlich neutrale Prüfung der Beschwerde nach den Vorgaben des Immissionsschutzrechts“, erläutert Christiane Fritsch von der Baden-Badener Stadtpressestelle das weitere Vorgehen. „Sollten Verstöße festgestellt werden, würde die Stadt entsprechende rechtliche Schritte einleiten.“

Fritsch zufolge gehen solche Beschwerden nur „äußerst selten“ ein. Es gebe im Schnitt weniger als einen derartigen Fall pro Jahr.

Keiner ist bereit, die Glocken einfach so abzustellen.
Marc Vogelbacher
Geschäftsführer der Kirchengemeinde

Bei der evangelischen Kirchengemeinde ist der Fall bekannt. „Das beschäftigt uns schon mehrere Monate“, sagt Marc Vogelbacher. Der Geschäftsführer der Kirchengemeinde berichtet von dem Austausch mit Heinz Faßbender. Dabei habe sich die Gemeinde entgegenkommend gezeigt: „Wir haben auf unsere Kosten ein Gutachten in Auftrag gegeben.“

Es sei direkt in der Wohnung des Anwohners geprüft worden, ob die gesetzlichen Grenzen bei der Lautstärke eingehalten würden. Das Ergebnis sei eindeutig: Die Glocken seien nicht zu laut.

Heinz Faßbender glaubt das jedoch nicht: Er betont, er sei bei eigenen Messungen auf zu hohe Dezibel-Zahlen gekommen. Deshalb hofft er nun auf die Klärung durch die Stadt.

Bei der Kirchengemeinde sieht man dem Verfahren gelassen entgegen. Geschäftsführer Vogelbacher wäre sogar gewillt, einen Rechtsstreit auszufechten, sollte der Anwohner den Klageweg beschreiten: „Keiner ist bereit, die Glocken einfach so abzustellen.“

Ähnliche Fälle gibt es auch in anderen Gemeinden

Faßbenders Beschwerde sei die einzige, die bei der Gemeinde je eingegangen sei. Dabei gebe es die Kirche seit 1864. „Wir bekommen vielfach die Rückmeldung, dass die Stadtkirche als ortsbildprägend wahrgenommen wird, auch akustisch“, sagt Vogelbacher. Das wolle man nicht aufgeben.

Ärger über zu laute Kirchenglocken sind nicht ungewöhnlich: Ähnliche Streitigkeiten gab es etwa auch in Ötigheim und in Bühl. Dort ging es aber vor allem darum, dass die Glocken auch nachts schlugen. Das ist bei der Baden-Badener Stadtkirche nicht der Fall: Deren Glocken bleiben von 22 bis 6 Uhr stumm.

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