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Rantastic ist ausverkauft

Gysi wirbt in Baden-Baden für Demokratie und sein neues Buch

Er gehört zu den umstrittensten und eloquentesten Politikern der Bundesrepublik: Jetzt hat der Linkenpolitiker Gregor Gysi im Rantastic über Politik gesprochen – und so nebenbei sein neues Buch vorgestellt.

Gregor Gysi und Moderator Hans-Dieter Schütt auf der Bühne im Dok 1.
Er kann es noch: Kaum gibt ihm Moderator Hans-Dieter Schütt ein Stichwort, sprudelt Gregor Gysi im Rantastic los. Foto: Ulrich Philipp

„Was Politiker nicht sagen“ – so lautet der Titel des neuen Buches von Gregor Gysi. Am Freitagabend hat der 75-jährige Links-Politiker sein Werk im Rantastic vorgestellt. Die Veranstaltung lief dabei anders ab, als man es von Lesungen vielleicht gewohnt ist.

Die finden ja bekanntlich oft in Buchhandlungen vor maximal 30 bis 40 Interessierten statt, während der Autor an einem Tisch sitzt und Passagen seines Textes vorliest.

Im Rantastic haben 360 Zuhörer Eintritt bezahlt, der größte Veranstaltungssaal des Kulturtempels, war damit voll besetzt.

Gysi-These: Mehrheiten zählen mehr als Wahrheiten

Gysi nahm Platz auf der Bühne, neben ihm der Berliner Journalist Hans-Dieter Schütt, der als Stichwortgeber fungierte und zu unterschiedlichsten Themen Fragen stellte. Zum Beispiel, was es denn mit dem Untertitel des Buches auf sich hat, der da lautet: „– weil es um Mehrheiten geht und nicht um Wahrheiten“.

Als Erklärung führte Gysi die Bundestagswahl 1990 an, als ein Jahr nach dem Fall der Berliner Mauer Helmut Kohl gegen Oskar Lafontaine angetreten ist: „Lafontaine hat den Menschen damals gesagt, die Einheit wird sehr teuer, Kohl hat ihnen blühende Landschaften versprochen. Und wer hat die Wahl gewonnen?“

Wir wollen, dass Sie wissen, dass wir das wissen.
Wolfgang Schäuble zu Gysi – laut Gysi

Gysi unterhielt die Zuhörer geistreich und auf hohem rhetorischen Niveau. Während der zwei Stunden dauernden Veranstaltung schien zu keiner Sekunde die Aufmerksamkeit der Zuhörer nachzulassen.

Gysi hatte ja auch Interessantes zu berichten, zum Beispiel von einem Treffen im Jahr 1991 mit dem damaligen Innenminister Wolfgang Schäuble. „Wir wissen, dass Modrow und Sie dafür verantwortlich sind, dass bei der Wiedervereinigung keine Schüsse gefallen sind“ – hat Schäuble damals zu ihm gesagt und hinzugefügt: „Wir wollen, dass Sie wissen, dass wir das wissen.“

Gegenüber den Medien hat Schäuble diese Äußerung aber anscheinend niemals wiederholt und er habe Gysi in dieser Sache auch zum Schweigen angehalten. In diesen Jahren war Gysi häufig in Talkshows zu Gast und hat als Vorsitzender der PDS „auch um Akzeptanz für mich gekämpft“, wie er sagte. In Bayern sei dies am schwersten gewesen.

Gysi hat immer eine Meinung, aucgh zur Tagespolitik

Auch auf die Tagespolitik lenkte Schütt das Gespräch, als er von Gysi wissen wollte, was es denn mit der Zögerlichkeit von Bundeskanzler Olaf Scholz auf sich hat, der Ukraine Leopard II Panzer zu überlassen.

„Scholz wollte eigentlich gar keine Waffen liefern, aber dazu hat er nicht den Mumm! Deshalb wirkt er zögerlich“, antwortete Gysi und ergänzte: „Die Koalitionspartner machen Druck, das hätte er wissen müssen“.

Zu den Eigentumsverhältnissen in Deutschland befragt, antwortete er: „Mir gefällt nicht, dass die Mitte in unserem Land alles bezahlt. An die Reichen traut man sich nicht heran“, kritisiert er die Steuerpolitik der Ampelkoalition.

Sie einfach nicht zu fragen, das geht nicht.
Gregor Gysi über den Umgang mit Impfgegnern

Als besorgniserregend wertet Gysi eine Umfrage, nach der 38 Prozent der Bevölkerung der etablierten Politik nicht mehr vertrauen. „Neu ist, dass jetzt zusätzlich auch den öffentlich-rechtlichen Medien nicht mehr getraut wird“, führt Gysi weiter aus.

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Eine mögliche Ursache ist deren Umgang mit Impfgegnern während der Corona-Pandemie: „Ich hätte sie in die Talkshows eingeladen, dort hätte man sie widerlegen können. Sie einfach nicht zu fragen, das geht nicht“, sagte Gysi und betonte unter dem Beifall der Anwesenden: „Wir werden die Demokratie nur schützen können, wenn wir Vertrauen schaffen.“

Bei aller Ernsthaftigkeit der Themen bewies Gysi auch, dass er über sich selbst lachen kann. In Berlin kursiere ein Witz über ihn, so Gysi, in dem er neben Jesus im Müggelsee über das Wasser gehe. Kommentar der am Ufer stehenden Berliner: „Typisch Gysi, nicht mal schwimmen kann er!“

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