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Annaberg als Vorreiter

So will Baden-Baden den Charakter der alten Villengebiete schützen

Villenbesitzer am Baden-Badener Annaberg sollen bei Baufragen bald enger an die Kandare genommen werden. Das Areal gehört zum Unesco-Welterbe und gilt als besonders schützenswert.

Baden-Baden von oben
Das historische Stadtbild soll erhalten werden: Die Installation von Photovoltaikanlagen muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Das sei sehr beratungsaufwendig, wie Bürgermeister Alexander Uhlig sagt. Foto: Willi Walter

Ein erster Anlauf Ende Juli war wegen weiteren Beratungsbedarfs in Sachen Photovoltaik noch gescheitert. Nun soll aber ein Häkchen an die Sache gemacht werden. Die Stadt möchte ihr prägendes Erscheinungsbild bewahren und hat dabei vor allem die historischen Villengebiete ins Auge gefasst. Denn sie sind „wesentliche Bestandteile der internationalen Kurstadt und prägen in besonderer Weise das überlieferte Stadtbild“.

Annaberg soll „Pilotcharakter“ bekommen

Zudem sind sie Bestandteil des Unesco-Welterbes, mit der besonderen Verpflichtung, „das kulturelle Erbe der Stadt sowie Kulturdenkmäler und historische Stadtbilder zu schützen, zu pflegen und nachhaltig in die Zukunft zu entwickeln“.

Städtebaulicher Wildwuchs läuft solchen Zielen aber zuwider. Aus diesem Grund soll eine Gestaltungssatzung die historische Villengebiete bewahren. Der Annaberg soll dabei „Pilotcharakter“ bekommen, „ein umfängliches Paket wurde dafür erarbeitet“, erklärte Thomas Schwarz, Leiter des Fachbereichs Planen und Bauen, am Donnerstagabend den Mitgliedern des Bauausschusses. Drei weitere Gebiete sollen danach noch folgen.

„Das historische Stadtbild bietet seinen Bewohnerinnen und Bewohnern eine hohe Lebensqualität in hochwertigem Städtebau und hochwertiger Architektur mit großen Anteilen an Park- und Gartenanlagen“, heißt es zur Begründung. Und alle Bewohnerinnen und Bewohner „tragen mit ihren Gebäuden und Gärten zur Bewahrung dieses besonderen Stadtbildes und der Werthaltigkeit aller Immobilien bei“, sieht die Stadtverwaltung auch eine gewisse Verpflichtung zur Teilnahme.

Die meisten Bauherren haben ihre Schäfchen schon ins Trockene gebracht.
Wolfgang Niedermeyer, Stadtrat

Das hat aber offenbar nicht immer funktioniert: „Das Baugeschehen der letzten Jahrzehnte hat teilweise trotz der schon bestehenden Planungs- und Rechtsinstrumente Störungen im Erscheinungsbild der historischen Villengebiete hinterlassen.“ Oder wie es Stadtrat Wolfgang Niedermeyer (FBB/FW) kritisch formulierte: „Die meisten Bauherren haben ihre Schäfchen schon ins Trockene gebracht. Dabei konnten wir nur zuschauen.“

Nun also soll der Instrumentenkasten der Stadt erweitert werden, um zum Beispiel bei Fassade, Dach, technischen Anlagen oder Garagen – Stichwort „Bildschutz“ – mitbestimmen zu können. Ein „enger Regelungscharakter vermittelt Klarheit“, so Schwarz. Behutsame Ergänzungen und Weiterentwicklungen seien aber möglich, „müssen aber eine Qualitätshürde überwinden“.

Zwei Menschheitsaufgaben: Welterbe und Weltklima

Aufregung löste die Frage aus, ob in diesen besonders geschützten Arealen die Installation von Photovoltaikanlagen möglich sei. „Es geht hier um zwei Menschheitsaufgaben: Welterbe oder Weltklima?“ Es gelte, eine gute Verbindung beider hinzubekommen, denn die Antwort auf die eingangs gestellte Frage lautet: „Einzelfallbetrachtung“. „Jeder Antrag muss als Einzelfall geprüft werden“, erläuterte Bürgermeister Alexander Uhlig (parteilos). Was sehr beratungsaufwendig sei.

Schreibtischentscheidungen könnten da nicht getroffen werden. Da müsse man vor Ort sein – vermutlich mehrfach. Großen Frust der Bürger sehen die Stadträte schon auf sich zurollen – bei der aktuellen Personallage könne sich solch eine Prüfung nämlich ewig hinziehen, monierten sie.

Baden-Badener Gemeinderat hat das letzte Wort

Dennoch sieht Schwarz mit der neuen Gestaltungssatzung insgesamt eine gute Möglichkeit, das Stadtbild zu bewahren und an neue Rahmenbedingungen anzupassen, um Baden-Baden auch „zum Sehnsuchtsort des 21. Jahrhunderts“ werden zu lassen. Mehrheitlich bei einer Gegenstimme empfahl der Ausschuss die Offenlage. Der Gemeinderat hat am Montag das letzte Wort.

Begrüßt wurde im Gremium, dass es auch durch die Arbeit des Gestaltungsbeirats gelungen sei, den geplanten Abriss eines Gebäudes in der Rotenbachtalstraße in einen Umbau und eine Erweiterung umzumünzen. Dafür wurde im Bebauungsplan Annaberg auch einstimmig eine Ausnahme von der einst verhängten Veränderungssperre erteilt.

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