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Regelmäßige Abstände

Starker Rückschnitt der Baden-Badener Kastanien: Deshalb ist das nötig

In der Sophienstraße in Baden-Baden werden aktuell die Kastanien zurückgeschnitten. Doch wieso muss das sein – und gibt es dann im Sommer noch genug Schatten?

Ein Mann sitzt auf einem Kastanienbaum in der Sophienstraße in Baden-Baden und schneidet seine Äste zurück.
Die Bäume in der Sophienstraße müssen in regelmäßigen Abständen zurechtgeschnitten werden. Die Arbeiten dauern immer vier Tage an. Foto: Jürgen Volz

Auf der Sophienstraße ist dieser Tage einiges los: Dort geht es den großen Kastanien an den Kragen. Zumindest sieht das auf den ersten Blick so aus. Doch so manch Baden-Badener ist besorgt: Ist es wirklich nötig, so radikal zurückzuschneiden? Wir fragen bei Gartenamtschef Markus Brunsing nach.

Und der erklärt direkt zu Beginn: „Wir freuen uns, dass die Menschen sich so sehr mit den Bäumen auseinandersetzen und an ihnen interessiert sind.“ Doch was radikal aussehe, sei es am Ende nicht. Denn die Bäume auf dem Boulevard, wie die Sophienstraße gerne genannt wird, brauchen diese Pflege. Ansonsten könnte es Probleme geben.

Kastanien stehen bereits seit 1830 in der Sophienstraße

Bevor Brunsing weiter auf mögliche negative Konsequenzen eingeht, macht er einen Zeitsprung in die Vergangenheit. Denn die Kastanien dort haben mitunter schon viele Jahre auf dem Buckel: „Die ganz alten wurden bereits 1830 gepflanzt.“ Und Brunsing erklärt direkt, wieso er diese Jahreszahl nennt.

Denn der erste Rückschnitt dieser Bäume, das kann er anhand alter Dokumente ableiten, haben erst im Jahr 2004 stattgefunden. „Das zeigt uns, wie lange man wartet, bis man das erste Mal tätig wird“, sagt der Gartenamtschef. Damals ragten die Zweige bis kurz vor die Hausfassaden.

Ab diesem Zeitpunkt fanden regelmäßige Rückschritte der Kastanien statt: 2008, 2013, 2016 – und jetzt eben im Februar 2024. Dabei fällt auf: Zwischen der letzten Maßnahme und der aktuellen liegen sehr viele Monate. Brunsing erklärt: „Wir konnten aufgrund der Baustelle am alten Gefängnis acht Jahre lang nicht schneiden.“

Doch zurück zu diesem Februar, in dem wieder fleißig Hand angelegt wird. Über vier Tage hinweg sitzen insgesamt acht Mitarbeiter eines externen Unternehmens in den Baumkronen. Damit der Verkehr gewährleistet werden kann, wird pro Tag nur einer der vier Abschnitte bearbeitet.

Rückschnitt der Bäume in Baden-Badener Stadtmitte findet immer in den Faschingsferien statt

In diesen Stunden wird die jeweilige Fahrbahn gesperrt, eine Ampel regelt den einseitigen Verkehr auf der gegenüberliegenden Seite. „Wir machen das immer in den Faschingsferien“, ergänzt Brunsing. Denn da sei der Verkehr nicht so stark.

Ein Mann sitzt auf einem Kastanienbaum in der Sophienstraße in Baden-Baden und schneidet seine Äste zurück.
Insgesamt acht Mitarbeiter kümmern sich um den Rückschnitt. Foto: Jürgen Volz

Wir haben verstanden: Die Bäume werden in regelmäßigen Abständen zurückgeschnitten. Doch wieso ist das notwendig – und fehlt am Ende wirklich so viel von der Kastanie, wie es im ersten Augenblick aussieht?

Brunsing sagt: „Wir müssen so viel abschneiden.“ Und das habe mehrere Gründe. So habe das mitunter etwas mit der Verkehrssicherheit zu tun: „Wir müssen den Lichtraum freihalten, da darf nichts hineinragen.“

Dieser Lichtraum beschreibt den Querschnitt der Straße; also jenen Bereich, der durch Bäume oder auch Balkone nicht versperrt werden darf. Nur so könne die Durchfahrtsbreite und -höhe gewährleistet werden.

Würden wir nicht zurückschneiden, hätten wir in ein paar Jahren einen großen, dunklen Tunnel.
Markus Brunsing
Gartenamtschef in Baden-Baden

Es geht aber nicht nur um die Verkehrssicherheit: So sollen Bewohner und auch Ladenbesitzer den Rückschnitt vor allem deshalb befürworten, weil dadurch die Straße nicht zuwächst. „Würden wir nicht zurückschneiden, hätten wir in ein paar Jahren einen großen, dunklen Tunnel.“

Durch das Kürzen falle mehr Licht auf die Straße, die bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt ist. Und der Bereich sei ohnehin durch die hohen Gebäude relativ dunkel. Deshalb muss sich laut Brunsing auch niemand darum sorgen, in den heißen Sommermonaten zu wenig Schattenspender zu haben.

Wenn ich eine Kastanie wäre, würde ich mich in der Lichtentaler Allee wohlfühlen.
Markus Brunsing
Gartenamtschef in Baden-Baden

Der Gartenamtschef nennt während des Gesprächs einen weiteren Grund für den Rückschnitt der Bäume: Es gehe nämlich auch um die Gesundheit der Kastanien. „Der Schnitt verjüngt sie“, sagt er. Dadurch könne sich die Krone immer weiter mit neuen Trieben aufbauen, und das habe wiederum einen nachhaltigen Effekt.

Denn prinzipiell muss Brunsing zugeben: „Die Kastanien haben es in der Sophienstraße nicht gerade leicht.“ Die asphaltierte Fahrbahn, der Fußweg in der Mitte: Es gebe weitaus bessere Voraussetzungen für diese Pflanzen. „Wenn ich eine Kastanie wäre, würde ich mich in der Lichtentaler Allee wohlfühlen.“

In der Sophienstraße stehen insgesamt 104 Kastanien

Trotzdem sind sie da, die Bäume in der Sophienstraße. Und Brunsing weiß: Das freut all jene, die dort einen Spaziergang machen. Insgesamt stehen in diesem Bereich 104 Kastanien.

Geschnitten werden dieses Jahr übrigens aber nicht alle. „Einige sind noch zu jung“, sagt Brunsing mit Blick auf den unteren Bereich, der an den Leopoldsplatz angrenzt. Dort seien im Zuge der langjährigen Baustelle neue Bäume gepflanzt worden. „Die brauchen noch etwas Zeit.“

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