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Eine Schule für Uganda

Steinbacher Entwicklungshelferin: „Wir werden alles tun, ihnen diese Heimat zu erhalten“

Für viele Jugendliche in Uganda ist Christine Irtenkauf zur „Mama“ geworden. Die Frau aus Steinbach unterstützt seit über zehn Jahren Kinder im Malaika Smile Home. Jetzt entsteht eine Schule.

Eine weiße Frau mit afrikanischen Kindern und Jugendlichen
Herzensangelegenheit: Christine Irtenkauf (rechts, hier mit Neuankömmling Shine auf dem Arm) mit Betreuern und Kindern des Malaika Smile Home. Derzeit ist sie vor Ort und schaut sich das Projekt an. Foto: Alex Ssekabira

Seit 2012 engagiert sich die Familie Irtenkauf aus Steinbach für Kinder aus sozial schwachen Familien in Uganda, seit 2017 gemeinsam mit ihrem Verein Malaika Smile. Im Malaika Smile Home bei Kampala wohnen derzeit 20 Kinder und Jugendliche.

Geleitet wird das Haus von einem Team einheimischer Betreuer. Zudem unterstützt Malaika Smile rund 60 Kinder aus dem Dorf, vorwiegend mit Blick auf Ernährung sowie Schul- und Ausbildungsgebühren. 2022 ist der Verein in ein Großprojekt gestartet: den Bau einer Schule. Im Interview beschreibt die Vorsitzende Christine Irtenkauf, die gerade im „Home“ weilt, aktuelle Entwicklungen.

Wie erleben Sie das Malaika Smile Home im Vergleich zur Anfangszeit?
Irtenkauf

Ich fand eine super Arbeit und ein einwandfreies Haus vor und wurde von allen Bewohnern sehr herzlich empfangen. Gerade für die älteren Jugendlichen, die mich schon seit ihrer Kindheit kennen, bin ich wirklich zur „Mama“ geworden – eine Konstante in ihrem Leben, denn ich bin regelmäßig hier. Sie öffnen sich mir heute ohne Angst. Das war ein Prozess, hatten sie doch zuvor wenig Beständigkeit erfahren. Eine gewisse Verschlossenheit ist zudem Teil der ugandischen Kultur. Die wirkt zwar auf den ersten Blick sehr offen, aber gerade Jungs und Männer sprechen eigentlich nicht über ihre Gefühle. Dass „unsere“ Kinder Vertrauen schöpften und wir heute ein so enges Verhältnis haben, rührt mich manchmal zu Tränen. Auch die Betreuer haben sich an die deutsche Direktheit gewöhnt. Ich glaube, sie genießen sie sogar. Die Gespräche mit jedem Einzelnen sind immer integraler Bestandteil bei meinen Besuchen. Das junge Team führt das Home übrigens mit großem Enthusiasmus und ganz in unserem Geiste.

Können Sie diesen „Geist“ ein wenig näher erklären?
Irtenkauf

Uns sind verlässliche Beziehungen und ein geregelter Tagesablauf sehr wichtig. Dazu zählt nicht nur der Schulbesuch, sondern auch die gemeinsamen Mahlzeiten, das Beten und Singen. Das Zusammenleben im Home ist von Respekt, emotionaler Stabilität und viel Liebe geprägt. Auch die Kinder helfen mit und lernen so, Verantwortung zu tragen. Wenn Kinder aus dem Dorf kommen, weil sie Hunger haben oder Medikamente benötigen, werden sie ebenso selbstverständlich versorgt. Neuen Bewohnern erklärt das Team erst einmal unser „System“ – zum Beispiel, dass jeder im Home einen eigenen Paten in Deutschland hat. Als wir gebeten wurden, ein zweijähriges, durch Hunger und Krankheit geschwächtes Kind aus einem entlegenen Gebiet aufzunehmen, dessen Familie aus einem Nationalpark ausgesiedelt wurde, haben wir allerdings erst einmal eine Weile überlegt, ob wir das schaffen, sind die anderen „Kids“ doch deutlich älter und benötigen weniger medizinischen und psychologischen Beistand. Das Team hat sich aber dafür entschieden und wir haben eine tolle Patin für unsere kleine Shine gefunden. Sie entwickelt sich super, wir haben sie sehr ins Herz geschlossen.

Wie schreitet das Schulprojekt voran?
Irtenkauf

Das läuft Schritt für Schritt in die richtige Richtung. Anders funktioniert in Uganda sowieso nichts. Gerade mit Blick auf die Behörden braucht man unglaublich viel Geduld. Mir stehen denn auch noch einige Gespräche bevor. Es gilt zum Beispiel, steuerliche Fragen zu klären. Doch zurück zur geplanten Schule: Der Brunnenbau ist abgeschlossen, ein Wärterhäuschen steht. Wir möchten erst nur eine Primary School mit sieben Klassen bauen, ebenso Unterkünfte für Lehrer und Gäste sowie WC und Küche; Architekt und Bauingenieur feilen noch an den Details. Der pädagogische Ansatz soll sich vom hier üblichen, sehr stressigen Schulalltag mit purem Auswendiglernen unterscheiden. Von Kosten in Höhe von 350.000 Euro sind bisher 100.000 Euro gedeckt, darin ist der später geplante Anbau einer Secondary School noch nicht enthalten. Wir sind in jedem Fall zuversichtlich, weitere Sponsoren zu gewinnen. Mit dem Anpflanzen eines Gemüse- und Obstgartens auf dem Areal, das uns gratis überlassen wurde, haben wir schon begonnen, um Lebensmittel aus eigenem Anbau zu produzieren. Die Dorfbewohner – die Schule ist rund 150 Kilometer von Kampala entfernt – sollen von Beginn an aktiv ins Projekt einbezogen werden. Wir werden außerdem schauen, wie wir Lehrkräfte für den entlegenen Standort gewinnen. Als verantwortliche Farmer denken wir an Shines Eltern. Es wäre toll, wenn wir der fünfköpfigen Familie so auch finanziell Sicherheit schenken und sie wieder vereint wäre.

Gibt es weitere Neuigkeiten?
Irtenkauf

Eine Herzensangelegenheit ist uns ein Projekt an einer Schule in Kampala, wo auch Kinder mit Behinderungen unterrichtet werden. Wir zahlen das Gehalt eines Physiotherapeuten und einen Arztbesuch pro Monat. Der inklusive Ansatz des Schulleiters funktioniert vorbildlich. Das ist gerade in Afrika, wo Behinderte oft als verhext gelten und versteckt werden, eine Seltenheit. Außerdem wird ein Mädchen aus dem Home auf eigenen Wunsch hin für ein Jahr bei uns in Steinbach wohnen und die achte Klasse der Carl-Netter-Realschule in Bühl besuchen. Es fliegt im Mai mit mir nach Deutschland. Ansonsten kann ich nur sagen: Alles läuft prima hier. Ich fühle mich so wunderbar geborgen und geliebt, dass mich die materiellen Entbehrungen kaum belasten. Es gibt zum Beispiel fast täglich Maisbrei zu Mittag und wir haben regelmäßig keinen Strom. Im Vergleich zu den Herkunftsfamilien unserer Kinder in den Slums sind die einfachen Verhältnisse im Malaika Smile Home aber der pure Luxus. Wir werden alles dafür tun, ihnen diese Heimat zu erhalten.

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