Skip to main content

Grundsteinlegung vor 125 Jahren

Der Friedrichsbau in Bühl erinnert an ein Stück Wirtschaftsgeschichte

Zum Ende hin trägt die Verbindung von Friedrichsbau und der Unitas GmbH in Bühl Züge eines Wirtschaftskrimis. Es geht um schwarze Kassen und braune Politik

Ein Stein zeigt die Jahreszahl 1898
Die Jahreszahl 1898 verrät den Platz des Grundsteins. Er ist an diesem Mittwoch vor 125 Jahren am Friedrichsbau eingesetzt worden. Foto: Wilfried Lienhard

Es ist die wohl erste Urkunde, auf der der Name Unitas erscheint. Allerdings lässt sie sich nicht betrachten: Sie ruht seit dem 21. Juni 1898 im Grundstein des Friedrichsbaus. Unitas und Friedrichsbau, das ist eine Geschichte aus dem katholischen Bühler Milieu. 

Die Protagonisten scheinen unauflöslich miteinander verflochten. Doch diese Verbindung wird nach etwas mehr als vier Jahrzehnten enden, und zwar nicht ganz freiwillig. 

An diesem Mittwoch sind es 125 Jahre seit der feierlichen Grundsteinlegung am Friedrichsbau. Im November 1897 hat sich die Vereinshaus zum Hirsch GmbH gegründet, deren Ziel ein Heim für die katholischen Vereine ist. 

Die Grundsteinurkunde listet sie auf: den Bürgerverein Zentrum, den Gesangverein Harmonie, den Gesellenverein und den Lehrlingsverein. Am Tag der Grundsteinlegung wird aus der Vereinshaus zum Hirsch GmbH die „Unitas, Gesellschaft für Druck, Verlag und Vereinswesen.“ Sie zählt 56 Gesellschafter, 30 mehr als das Vorgängerunternehmen. 

Ein potentes Unternehmen

Die älteste vorliegende Liste der Gesellschafter stammt aus dem Jahr 1906, sie dürfte sich von der Zusammensetzung acht Jahre zuvor nicht allzu sehr unterscheiden. Diese Liste belegt noch einmal den katholischen Charakter des Unternehmens. 23 Pfarrer zählen dazu, zudem sechs Personen und Vereine aus dem kirchlichen Umfeld. 

Die allermeisten stammen aus Bühl und Umgebung, es finden sich aber auch Männer wie der Landwirt Aloys Röckel aus Herbolzheim im Amt Mosbach oder der Pfarrer Josef Huber aus Bollschweil, in dessen Zeit in Sinzheim die Pfarrkirche St. Martin entstanden ist. 

Die Unitas entwickelt sich zu einem potenten Unternehmen mit einem kräftigen Hunger auf Immobilien. Zu ihrem Besitz zählen im Lauf der Jahre Friedrichsbau, Druckerei und Ladenlokal des Acher- und Bühler Boten, die Buch- und Kunsthandlung in der Hauptstraße und die Villa Merk (das heutige Rathaus II), zu dem ein großer Garten am Eckgrundstück Eisenbahnstraße/Friedrichstraße zählt. 

Der Verlag gibt den Acher- und Bühler Boten heraus, der Mitte der 1860er Jahre erstmals erschienen ist und 1899 seinen heutigen Namen erhält. Er produziert aber auch eine ganze Reihe weiterer Publikation, etwa eine Lehrerzeitung, das Christliche Familienblatt, die Arbeiterzeitung, das offizielle Organ der katholischen Arbeitervereine Badens, und den „Badischen Obstzüchter“. 

Großen Anteil am Erfolg hat das Drucksachengeschäft. Briefumschläge, Briefbogen, Postkarten, Adresskarten, Prospekte, Kataloge, Eintrittskarten, Trauerkarten, Plakate, Programme, Liedtexte, Mitgliedsbücher – kaum etwas, das die Unitas nicht druckt. Filialen betreibt das Unternehmen in Achern und Kehl.

Schlecht ausgehandelter Vertrag

Auf dem Höhepunkt der wirtschaftlichen Kraft, so will es scheinen, beginnt die finale Krise. Später wird in Firmenunterlagen immer wieder die Rede von den Folgen der nationalsozialistischen Repression sein, die den Niedergang verursacht habe. 

Das zielt auf die „Anordnung über Schliessung von Zeitungsverlagen zwecks Beseitigung ungesunder Wettbewerbsverhältnisse vom 24.4.1935“. Der Acher- und Bühler Bote wird mit weiteren Zeitungen aus Bühl und Achern zwangsvereinigt. 

Der Vertragsabschluss unter den „Partnern“ stellt sich für die Unitas als wirtschaftliche Katastrophe heraus. Sie verliert das Verlagsrecht, darf aber die neue Zeitung „Mittelbadischer Bote“ drucken, doch ist das oft ein Zuschussgeschäft. 

Der Vertrag ist schlecht ausgehandelt. So hat die NS-Politik ihren Anteil am Ende der Gesellschaft, sie ist aber nur ein Grund unter mehreren. Nicht minder entscheidend war die Misswirtschaft des 1913 ins Unternehmen gekommenen Geschäftsführers. 

Misswirtschaft heißt: Der Mann zweigt Geld ab, unterhält schwarze Kassen, ab Mitte der 1920er sind die Bücher manipuliert. Als das aufliegt, steuert die Unitas in die Insolvenz. Just in dieser Zeit wird das Zeitungsgeschäft neu geordnet. 

Die Wirren sind möglicherweise ein Grund für den aus Unitas-Sicht verheerenden Vertrag. Allerdings ist einer der Vertragspartner, der Verleger des „Bühler Tageblatts“, ein NSDAP-Mitglied, das nicht selten auch mit seinen entsprechenden Verbindungen argumentiert. 

Stadt kauft Friedrichsbau günstig

Der Rechtsanwalt Hermann Schauber übernimmt und weiß die Insolvenz abzuwenden. Doch der Preis ist hoch. Eine Immobilie nach der anderen muss verkauft werden, die erlösten Preise dürften unter dem Marktwert liegen. 

Davon profitiert auch die Stadt, die für 35.000 Reichsmark zum 1. April 1940 neue Besitzerin des Friedrichsbaus wird (und ihn in Stadthalle umbenennt, was sie 1991 rückgängig machen wird). Aus der Unitas wird aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen über Unternehmensstrukturen die Lorenz Discher & Cie. Ihre Geschäftsführer sind der Namensgeber und Hermann Schauber. 

In den 1950er Jahren, der ABB ist seit 1949 zurück auf dem Zeitungsmarkt, tut sich Discher mit den Badischen Neuesten Nachrichten zusammen. Heute ist von dem, wovon am 21. Juni 1898 in Bühl die Rede war, noch zweierlei übrig: der Acher- und Bühler Bote und der Friedrichsbau – Seite an Seite.

nach oben Zurück zum Seitenanfang