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Streik auf dem Marktplatz

Apotheker protestieren in Bühl für mehr Geld und weniger Bürokratie

Bühler Apotheker haben Angst um ihre Existenz. Am „Tag der Apotheke“ kämpfen sie auf dem Marktplatz in Bühl für höhere Honorare und weniger Bürokratie.

Apotheker
Die Apotheker aus Bühl und Bühlertal informieren Passanten am Mittwochmorgen auf dem Marktplatz in Bühl über ihre Sorgen. Christoph Bergbauer und seine Kollegin Stefanie Gräf unterhalten sich mit Ursula Weißkopf. Foto: Ulrich Coenen

„Die Aktion ist super“, findet Ursula Weißkopf. Die Passantin diskutiert am Mittwochmorgen auf dem Marktplatz mit Apotheker Christoph Bergbauer, der drei Apotheken in Bühl, Baden-Baden und Rastatt betreibt, und seiner Kollegin Stefanie Gräf. Sie beteiligen sich am bundesweiten „Tag der Apotheke“ und streiken.

Abgesehen von einem Notdienst blieben am Mittwoch sämtliche Apotheken im Landkreis Rastatt und in Baden-Baden geschlossen. Das sind – wie Bergbauer berichtet – immerhin rund 70, mit im Schnitt jeweils zehn Mitarbeitern. In Bühl gibt es acht Apotheken, zwei weitere in Bühlertal. Die blieben am Mittwoch alle zu.

Kunden, die dringend ein Medikament benötigten, mussten zu den Notdienst-Apotheken in Baden-Baden oder Achern fahren. „Bundesweit beteiligen sich 90 Prozent der Apotheken“, sagt Bergbauer. „Das verdeutlicht, wie groß unsere Not ist.“

Wir brauchen Apotheken vor Ort.
Ursula Weißkopf, Passantin auf dem Bühler Kirchplatz

Für Ursula Weißkopf ist die Sache klar. „Wir brauchen Apotheken vor Ort, nicht nur wegen der Versorgung mit Medikamenten, sondern auch wegen der qualifizierten Beratung. Diese billigen Versandapotheken machen alles kaputt.“ Bergbauer nickt zustimmend. Der Bühler Apotheker klagt über gestiegene Kosten in allen Bereichen.

Apotheker beklagen: Keine Honoraranpassung seit mehr als zehn Jahren

„Wir hatten vor weit über zehn Jahren die letzte Honoraranpassung. Seitdem addiert sich die Inflation auf 60 Prozent.“ Das Festhonorar von 8,35 Euro pro Medikament sei nicht annähernd hinreichend, zumal die Apotheker 2,30 Euro „Zwangsrabatt“ an die Krankenkassen abführen müssten. „Wir fordern einen Inflationsausgleich, um kostendeckend arbeiten können“, sagt Bergbauer.

Frederik Hauk von der Aesculap-Apotheke in Bühl ist sauer. „Es sind immer dieselben politischen Argumente, mit denen eine Vergütungsanpassung abgelehnt wird“, meint er. „Für viele Dinge ist Geld da, leider nicht für wirklich wesentliche Sachen.“

Hauk weist auf die ständig steigenden Fixkosten für Miete, Energie oder Gehälter hin. „Die haben sich im Laufe der Jahre verdoppelt“, sagt er. Gleichzeitig wachse der Verwaltungsaufwand. Hauk spricht von einem Bürokratiemonster, das viel Zeit und damit auch Geld koste. „Wenn ich Windeln oder Spritzen verkaufen will, muss ich dafür ein dreimonatiges Prozedere durchlaufen“, berichtet er.

Unsere Sorgen sind begründet.
Michael Bentz, Apotheker aus Bühlertal

Michael Bentz ist Inhaber der Schwarzwald-Apotheke in Bühlertal. „Unsere Sorgen sind begründet“, stellt er fest. „Wir wollen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nicht nur während der Pandemie viel geleistet haben, ordentlich bezahlen. In Zeiten von Corona haben wir Apotheken gezeigt, dass sich Politik und Gesellschaft auf uns verlassen können.“

Bergbauer berichtet über ein weiteres Problem: den Fachkräftemangel. „Es ist nicht so, dass es an Interessenten mangelt“, sagt der Bühler Apotheker. „Die Studienplätze sind alle belegt. Das Studium ist zulassungsbeschränkt. Wir haben zu wenige Studienplätze und deshalb zu wenig Nachwuchs. Gleichzeitig sind die Hürden für die Anwerbung von Apothekern aus dem Ausland viel zu hoch.“ Bei den Pharmazeutisch-Technischen Assistenten ist die Situation nicht besser. „Fachkräftemangel gibt es in unserem Beruf überall“, klagt Bergbauer.

Apotheken konkurrieren mit Pharma-Industrie um Nachwuchs

Beim Wettbewerb um den beruflichen Nachwuchs konkurrieren die öffentlichen Apotheken mit der pharmazeutischen Industrie und dem öffentlichen Dienst, der beispielsweise für Krankenhausapotheken ebenfalls Apotheker benötigt. „Wir benötigen die Honoraranpassung auch, um im Bereich der Gehälter konkurrenzfähig zu bleiben“, konstatiert Bergbauer. „Kliniken und vor allem die Industrie zahlen besser als wir. An diesem Niveau müssen wir uns orientieren.“

Die selbstständigen Apotheker und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter versammelten sich am Mittwochmorgen auf dem Marktplatz. Von dort schwärmten sie in die Hauptstraße aus und suchten das Gespräch mit Passanten. Wer mehr wissen wollte, erhielt ein Flugblatt.

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