Für Nobuhiro Sonoda ist die Sache klar. Er will gute Architektur in die Öffentlichkeit tragen. „Ein Stück weit müssen wir die Leute im Hinblick auf qualitätvolles Bauen erziehen“, meint der Vorsitzende der Kammergruppe Baden-Baden/Rastatt der Architektenkammer Baden-Württemberg.
Eine gute Gelegenheit dazu bietet die Ausstellung „Beispielhaftes Bauen“, die von Freitag, 26. Januar, bis Samstag, 3. Februar, zu den üblichen Öffnungszeiten in der Mediathek Bühl (Platz Vilafranca) zu sehen ist.
Wir gehen bewusst in die Mediathek, um ein großes Publikum zu erreichen.Nobuhiro Sonoda
Architektenkammer
„Wir gehen bewusst in die Mediathek, um ein möglichst großes Publikum zu erreichen“, sagt Sonoda. Dabei spielt auch eine Rolle, dass das Bibliotheksgebäude des Bühler Büros wurm + wurm im Jahr 2008 von der Kammer als „Beispielhaftes Bauen“ ausgezeichnet wurde.
Viele Bauaufgaben sind in der Ausstellung in Bühl zu sehen
Die aktuelle Schau, die Freitag eröffnet wird, widmet sich den aktuellen Preisträgern im Landkreis Rastatt und im Stadtkreis Baden-Baden, die in den Jahren 2014 bis 2021 entstanden sind. Die Sieger werden in der Mediathek auf Schautafeln mit Fotos, Plänen, Kurzbeschreibungen und der Würdigung des Preisgerichts präsentiert.
Insgesamt wurden für den Wettbewerb 58 Arbeiten eingereicht, darunter Wohnbauten, öffentliche Bauten, Industrie- und Gewerbebauten, Sanierungen und Umbauten, Garten- und Landschaftsanlagen, städtebauliche und stadtgestalterische Anlagen und Innenraumgestaltungen, also das gesamte Spektrum der Architektur.
Die Architektenkammer richtet den Wettbewerb „Beispielhaftes Bauen“ alle acht Jahre in jeder Kammergruppe aus. Die Jurys sind also in jedem Jahr in anderen Landkreisen des Bundeslandes unterwegs. Das Preisgericht hat in Baden-Baden und dem Landkreis Rastatt insgesamt 14 Objekte ausgezeichnet.
Kleiner Wermutstropfen: Im südlichen Landkreis Rastatt, also in Bühl und seinen Nachbargemeinden, wurde kein Gebäude prämiert. Dennoch gibt die Ausstellung einen guten und auf 15 Tafeln auch schnellen Überblick über die verschiedensten Bauaufgaben, die im Laufe des vergangenen Jahrzehnts in der Region entstanden sind.
Rekonstruktionsarchitektur entwickelt sich zum Schlüsselmedium der Rechten.Stephan Trüby
Professor für Architekturtheorie
Bemerkenswert ist Haus T, ein Ensemble aus Mehrfamilienhaus und Doppelhaus mitten in der Gernsbacher Altstadt, das 2019 nach einem Entwurf des Rastatter Architekten Lars Neininger gebaut wurde. Bauen in der Altstadt ist seit der sogenannten Neuen Frankfurter Altstadt ein kontrovers diskutiertes Thema.
Das rund 7.000 Quadratmeter große Quartier wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und ab 2012 in historischen Formen aus dem Nichts wieder aufgebaut. Das umstrittene Viertel, das von den einen gefeiert und von anderen als Disneyland verspottet wird, wurde 2018 der Öffentlichkeit übergeben.
Stephan Trüby, Professor für Architekturtheorie an der Universität Stuttgart, hat auf rechtsradikale Initiatoren dieser Rekonstruktion hingewiesen, nach dem Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses und der bereits begonnenen Rekonstruktion der Garnisonskirche in Potsdam das dritte große Projekt dieser Art in der Bundesrepublik. „Die Rekonstruktionsarchitektur entwickelt sich in Deutschland derzeit zu einem Schlüsselmedium der autoritären, völkischen, geschichtsrevisionistischen Rechten“, urteilt Trüby 2018 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unter der Überschrift „Wir haben das Haus am rechten Fleck“.
Lars Neininger hat in Gernsbach bewiesen, dass man Altstädte auch ohne Baukitsch vorzüglich ergänzen kann. Die Jury spricht von einem „schönen Beispiel für eine gelungene Nachverdichtung“. Die Wohnbebauung von Neininger ist aber weit mehr. Das Ensemble fügt sich in den historischen Bestand und die Topografie des Murgtals.
Die verputzte Giebelfassade an der Straße greift Formensprache bis hin zu Sprossenfenstern mit Schlagläden und Farben der Nachbargebäude auf, ohne sich anzubiedern. Es handelt sich um eine schöne Neuinterpretation, die auf eine uninspirierte Nachahmung bewusst verzichtet.
Eine niedrige Wand aus Cortenstahl zur Abgrenzung des Grundstücks gegen den öffentlichen Raum bildet einen kraftvollen Kontrast zum Naturstein. Wer vom anderen Ufer der Murg in Richtung Altstadt blickt, vermag den Neubau kaum als solchen zu identifizieren. Er verschmilzt mit seiner Umgebung zu einer Einheit.
Der Kammervorsitzende Nobuhiro Sonoda spricht im Hinblick auf die Ausstellung in Bühl von einem Umbruch im Bauwesen. „Heute und in Zukunft haben wir andere Schwerpunkte als noch vor einigen Jahren“, sagt er.
Sonoda fordert Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, Bauen im Bestand statt Neubauten, preiswerten Wohnraum und weniger Flächenversiegelung. „Wir wollen weniger zulasten unserer Umwelt bauen“, erklärt er. „Die Bauwirtschaft hat einen großen Anteil an der CO₂-Produktion. Die müssen wir minimieren. Es ist unsere Aufgabe, den Bürgern dafür gute Beispiele zu zeigen.“