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Betriebsrat warnt vor Stellenabbau

Scharfe Kritik: Demo in Bühl gegen Stellenabbau bei Schaeffler und Bosch

Mehrere hundert Metaller demonstrierten in Bühl für acht Prozent mehr Lohn. Die Betriebsratsvorsitzenden von Schaeffler und Bosch kritisierten die Verlagerung von Jobs nach Osteuropa.

BŸhl, Marktplatz, zentrale Kundgebung der IG Metall zur Tarifauseinandersetzung und zum geplanten Stellenabbau bei Schaeffler
Lautstark: Mehrere hundert Mitglieder der IG Metall demonstrierten am Mittwochmittag auf dem Marktplatz in Bühl für acht Prozent mehr Lohn und gegen die Verlagerung von Jobs in Billiglohnländer. Foto: Bernhard Margull

Der Lärm ist ohrenbetäubend. Der Marktplatz zwischen den beiden Bühler Rathäusern reicht nicht, um die wütenden Metaller zu fassen. Am Mittwochmittag sind so viele gekommen, dass ein Teil der Demonstranten in Richtung Kirchplatz ausweichen muss.

Die Bühne auf den Kirchenstaffeln gehört den Funktionären der IG Metall Offenburg und den Betriebsräten der mittelbadischen Unternehmen, insbesondere der großen Automobilzulieferer aus Bühl. Mit Trillerpfeifen und Hupen wollen die Arbeitnehmer ihrer Forderung nach acht Prozent mehr Lohn deutlichen Ausdruck verleihen. Gleichzeitig protestieren sie gegen den drohenden Stellenabbau bei Schaeffler und Bosch.

David Springmann, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei Schaeffler in Bühl, wirft den Unternehmen vor, die Transformation der Automobilindustrie für eine Verlagerung der Produkte zu nutzen. „Das ist eine Katastrophe“, sagt er. Manager bezeichnet er als „Dinosaurier, die in den wohlverdienten Ruhestand“ geschickt werden sollen.

Schaeffler will weltweit 1.300 Jobs abbauen

„Die Welt braucht neue Führung“, meint er. Springmann weist auf die 1.300 Jobs hin, die Schaeffler weltweit abbauen will, davon 200 in Bühl. „Wir fordern acht Prozent mehr Lohn, nicht acht Prozent weniger Belegschaft“, ruft er.

Maja Reusch, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Offenburg, hält die Lohnforderung von acht Prozent für angemessen. Sie verweist auf die deutlich höhere Inflation von mehr als zehn Prozent, vor allem auf die gestiegenen Kosten für Energie und Lebensmittel. „Das ist ein dickes Minus im Geldbeutel“, stellt sie fest. „Bereits wegen Corona haben wir eine Tarifrunde ausgesetzt, jetzt ist die richtige Zeit für Lohnerhöhung.“

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In den laufenden Tarifverhandlungen hätten die Arbeitgeber die Gewerkschaft bisher hingehalten. Sie drohte mit einer Eskalation im Arbeitskampf, wenn jetzt „kein anständiges Angebot auf den Tisch kommt“.

Die angebotene Einmalzahlung in Höhe von 3.000 Euro für 30 Monate sei im Hinblick auf die hohe Inflation nicht ausreichend.

Wir gehen heute für Demokratie und Wohlstand auf die Straße.
Francesco Tramonti, Betriebsratsvorsitzender Bosch

Werner Schmitt, Betriebsratsvorsitzender bei Schaeffler, freut sich über die große Zahl der Teilnehmer. „So was hat Bühl auf dem Marktplatz noch nicht erlebt“, sagt er und berichtet von steigenden Umsätzen beim Automobilzulieferer.

„Niemand wirft den Arbeitgebern vor, dass sie Geld verdienen wollen, wir wollen aber auch Geld verdienen“, betont Schmitt.

Gleichzeitig kritisiert er mit deutlichen Worten die Verlagerung von Produkten nach Osteuropa und den Abbau von Stellen in Deutschland, vor allem auch in Bühl. Schmitt spricht von einer Abwärtsspirale, nennt das vierte Stellenabbauprogramm bei Schaeffler und befürchtet, dass es bis zu betriebsbedingten Kündigungen nicht mehr weit sei.

Er ärgert sich über die Verlagerung der Jobs nach Osteuropa, die mit Mitteln der EU finanziert werden. „Dort schießen die Werke aus dem Boden“, stellt er fest. „Wir sind die Verlierer.“

Keine „wirksame“ Lohnerhöhung seit 2018

Francesco Tramonti, Betriebsratsvorsitzender bei Bosch am Standort Bühl/Bühlertal, erinnert daran, dass es seit 2018 keine „wirksame“ Lohnerhöhung gegeben habe. Auch er kritisiert, dass die Jobs aus Deutschland in Billiglohnländer verlagert werden.

„Das gefährdet unseren Wohlstand“, meint er. „Wir gehen heute für Demokratie und Wohlstand auf die Straße. Wir wollen keine Situation wie in den USA, wo Elon Musk der Hälfte seiner Mitarbeiter bei Twitter per E-Mail kündigt, selbst aber 15 Millionen Euro pro Minute verdient.“

Andreas Kühnpast war Leiter der Vertrauensleute bei Bosch. Jetzt ist er im Vorruhestand und rechnet auf dem Marktplatz mit den Managern ab. Er wirft ihnen im Hinblick auf Osteuropa eine „Liebe zu Diktatoren“ vor und nennt dies „menschenverachtend und zynisch“.

Gleichzeitig betont Kühnpast seine Solidarität mit der Ukraine nach dem Überfall durch Putins Truppen. „Dort leidet die Bevölkerung“, sagt er. Den Arbeitgebern in Deutschland droht Kühnpast mit Streik, wenn sie sich bei den Tarifverhandlungen nicht bewegen. „Wenn ihr das wollt, kann die IG Metall liefern“, ruft er den Managern zu.

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