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Stadt hat recherchiert

Anwohner in Bühl-Eisental können aufatmen: Sanierung desolater Kirchbachstraße kostet keine Beiträge

Normalerweise kostet die Erschließung einer Straße die Anwohner fünfstellige Summen. Bei der kaputten Kirchbachstraße im Bühler Stadtteil Eisental ist das anders. Kämmerer Thomas Bauer erklärt, warum das so ist.

Die Kirchbachstraße im Bühler Stadtteil Eisental ist seit vielen Jahren in einem katastrophalen Zustand. Jetzt soll die Holperstrecke erneuert werden. Die Anwohner müssen dafür nicht zahlen. 
Die Kirchbachstraße im Bühler Stadtteil Eisental ist seit vielen Jahren in einem katastrophalen Zustand. Jetzt soll die Holperstrecke erneuert werden. Die Anwohner müssen dafür nicht zahlen.  Foto: Bernhard Margul

Für Thomas Bauer ist es im Grunde keine gute Nachricht. Dennoch überbringt der Kämmerer der Stadt Bühl sie freudig.

Die Anwohner der Kirchbachstraße im Stadtteil Eisental müssen für die mehr als zwei Millionen Euro teure Sanierung der desolaten Strecke zwischen der Weinstraße in Müllenbach und dem Trottenplatz nicht zahlen. Das Geld fließt aus der Stadtkasse.

Für die Eisentaler ist das eine sehr erfreuliche Aussicht. Müssten sie Beiträge für die Sanierung der Straße leisten, wären wegen der Größe der Grundstücke zum Teil fünfstellige Summen fällig.

Die Kirchbachstraße ist eine der schlechtesten Straßen im Stadtgebiet.
Thomas Bauer
Kämmerer

„Die Kirchbachstraße ist im Hinblick auf ihren Zustand eine der schlechtesten Straßen im ganzen Stadtgebiet“, berichtet Bauer. „Das betrifft nicht nur die Oberfläche mit ihren zahlreichen Schäden, sondern auch die Wasser- und Abwasserleitungen. Es kommt oft zu Rohrbrüchen, die die Stadtwerke und unsere Tiefbauabteilung dann reparieren müssen.“

Nachdem die Asphaltflicken nach jedem Winter immer und immer wieder erneuert werden mussten, soll die Sanierung jetzt in Angriff genommen werden.

Im aktuellen Haushaltsplan 2024, den der Gemeinderat gerade beschlossen hat, wurden Planungsmittel eingestellt. Die betragen 50.000 Euro für die Straßenplanung und weitere 50.000 Euro für den Kanal, die der kommunale Eigenbetrieb Abwasser bereitstellt. Gebaut werden soll ab 2025.

Beim Straßenausbau werden Anwohner kräftig zur Kasse gebeten

Aber wieso ist die Sanierung nun für die Anwohner gratis? Üblicherweise werden die bei solchen Maßnahmen kräftig zur Kasse gebeten. Dabei hat die Kommune keinen Ermessensspielraum. Wenn ein Straßenausbau beitragspflichtig ist, muss die Stadt solche Beiträge erheben. Sie darf nicht verzichten, sonst gibt es Ärger mit dem Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde.

Um eine mögliche Beitragspflicht zu prüfen, musste die Stadtverwaltung detektivisch tätig werden. „Alle Straßen im historischen Verzeichnis, die bis 1868 bebaut waren, werden nicht zu Beiträgen herangezogen“, stellt Bauer fest. Das gilt unstrittig für den westlichen Abschnitt der Kirchbachstraße zwischen der Weinstraße und der Kurve. Die Anwohner, deren Häuser dort stehen, waren also von Anfang an aus dem Schneider.

Aufwendige Suche nach Plänen in Archiven

Das galt aber nicht für den östlichen Abschnitt der Straße. „Die Frage einer Festsetzung von Erschließungsbeiträgen ist inzwischen durch eine Begutachtung der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg aber auch dort geklärt“, sagt der Kämmerer. Trotz der intensiven Suche in verschiedenen Archiven bis hin zum Generallandesarchiv Karlsruhe hat die Stadt keine Straßenausbaupläne gefunden, die für Klarheit sorgten.

Die Lösung brachte eine Ergänzung des Kommunalabgabengesetzes um den neuen Paragrafen 5. „Danach ist die Festsetzung eines Beitrags ohne Rücksicht auf die Entstehung der Abgabenschuld spätestens 20 Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Vorteilslage eintraf, nicht mehr zulässig“, erklärt Bauer. „Die Vorteilslage im beitragsrechtlichen Sinn bedeutet den plangemäßen endgültigen Ausbau einer Erschließungsanlage.“

Die Straße wurde irgendwann vor längerer Zeit hergerichtet.
Thomas Bauer
Kämmerer

Nun ist unstrittig, dass der östliche Abschnitt der Kirchbachstraße bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten erstmals regulär ausgebaut wurde, wohl noch vor der kommunalen Neugliederung. „Auf gut Deutsch: Die Straße wurde irgendwann vor längerer Zeit hergerichtet“, meint Bauer.

„Wir wissen nur nicht genau wann. Weil die Kirchbachstraße nachweislich schon seit den 1980er Jahren in dem jetzt vorhandenen Zustand ausgebaut wurde, spricht vieles dafür, dass es sich um eine nach einem satzungsrechtlichen Ausbauprogramm der Stadt endgültig hergestellte Straße handelt.“ Wenn die Anwohner vor mehr als zwei Jahrzehnten dafür nicht zur Kasse gebeten wurden, sind entsprechende Ansprüche inzwischen verjährt.

Die geplante und dringend notwendige Sanierung der Kirchbachstraße erfolgt also auf Rechnung der Stadt und damit auf Kosten der Allgemeinheit. Die Kommune wird nicht tief in die Tasche der Anlieger greifen.

Die Kosten für das Projekt sind erheblich. Neben den bereits erwähnten Ausgaben für die Planung will die Stadt im Jahr 2025 stolze 950.000 Euro in den Straßenausbau investieren. 2026 kommt eine weitere Million Euro hinzu. Doch damit nicht genug: Der Eigenbetrieb Abwasser wird im Jahr 2025 weitere 210.000 Euro in die Erneuerung des Kanals stecken müssen.

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