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Projekt „Zwei Herzen“

Leben zwischen zwei Kulturen: Jugendliche Flüchtlinge in Bühl gestalten Podcast und Kalender

Junge Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan leben in Bühl zwischen zwei Kulturen. Das Kreativ-Projekt #ZweiHerzen soll ihnen Selbstvertrauen geben.

ZweiHerzen
Die jungen Menschen aus Syrien und Afghanistan stellen in der Mediathek Bühl ihre erste Podcast-Folge und ihren Kalender der Öffentlichkeit vor. Foto: Ulrich Coenen

Trotz Podcast-Erfahrung sind die Akteure in wenig schüchtern. Dabei stellen sie am Premierenabend in der Mediathek Bühl ihr erstes Werk vor. Ein Dutzend Jugendlicher zwischen elf und 20 Jahren aus Syrien und Afghanistan hat sich für das Projekt #ZweiHerzen zusammengetan, in Essen ein Interview mit Ali Can, dem Gründer des „VielRespektZentrums“ geführt und mit dem Fotografen Daniel Bollinger einen Kalender produziert. Beides wurde jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt.

Christine Schmelzle vom DRK-Kreisverband Bühl/Achern ist eine der beiden Projektleiterinnen. Beim 2017 gegründeten Café International, das sich speziell an erwachsene Flüchtlinge richtet, hat sie festgestellt, dass man mehr für die Jugendlichen tun muss.

Zwei Kulturen können etwas Schönes sein.
Christine Schmelzle, Projektleiterin #ZweiHerzen

„Sie leben mit zwei Kulturen und zwei Sprache“, sagt sie. „Im Kindergarten und in der Schule erleben sie, dass fehlende deutsche Sprachkenntnisse ein Integrationsdefizit darstellen. Daheim vermitteln ihnen die Eltern ihre Kultur. Das wird zur Zerreißprobe.“ Schmelzle will diesen Spagat ins Positive verwandeln. „Zwei Sprachen und zwei Kulturen können etwas Schönes sein“, meint sie. „Es kommt darauf an, was man daraus macht.“

Aus diese Idee ist das Kreativ-Projekt entstanden. „Es soll unsere Message nach außen tragen“, erklärt Schmelzle. Seit 1. Oktober 2020 läuft das auf insgesamt drei Jahre angelegte Projekt, das durch Corona erst einmal ausgebremst wurde.

Gruppentreffen waren nicht möglich – so entstand der Podcast

„Gruppentreffen waren nicht möglich“, berichtete Co-Projektleiterin Svenja Steinborn vom Jugendzentrum Komm. Die ursprünglich geplante Theaterinszenierung ließ sich nicht realisieren. So wurden ein Podcast und ein Kalender daraus, den man übrigens ab dieser Woche in der Mediathek und mehreren Bühler Geschäften erwerben kann.

„Die Jugendlichen haben die Ideen für die Motive eingebracht“, erzählt Daniel Bollinger. „Sie spiegeln ihre Lebenswirklichkeit wieder.“ Im Detail sieht das dann so aus. Die 19jährige Laveen Ahmad steht auf Beauty-Themen und ist die Stylistin der Gruppe. Sie hat die anderen Mitglieder für die Fotos nicht nur geschminkt, sondern hatte auch die Idee für ein Motiv. Das zeigt drei Mädchen vor einer großen Spiegelwand, natürlich beim Schminken.

Dolmetscher ist aus Syrien und arbeitet bei #ZweiHerzen mit

Dass Laveen und ihre jüngere Schwester Shana mitmachen, verdanken sie ihrem Onkel Ahmad Ahmad. Der Dolmetscher ist 2015 als Flüchtling aus Syrien nach Deutschland gekommen und längst Projektmitarbeiter bei #ZweiHerzen. Er hält das Miteinander der beiden Kulturen für wichtig und will die jungen Menschen stark machen für ihr neues Leben in Deutschland.

Doch zurück zum Podcast: Die erste Folge mit dem Interview mit Ali Can wurde jetzt beim Audio-Streaming-Dienst Spotify hochgeladen und ist dort verfügbar. Über Kopfhörer kann man sie aber auch in der Mediathek hören. Vor diesem Interview hat die Gruppe an zwei weiteren Folgen zum Thema Ramadan gearbeitet, die aber noch nicht fertig geschnitten sind. Das Rohmaterial ist das Ergebnis eines Ferienworkshops mit einer Schauspielerin und einem Veranstaltungstechniker.

Weitere Podcast-Folgen sind geplant

Den letzten Schliff wird der 20jährige Mazen Hajoun, der sich besonders für die Technik interessiert, diesen beiden Folgen geben. „Meine Schwester war zuerst in der Gruppe und hat daheim davon erzählt“, berichtet er. „Ich möchte mehr über Audioschnitt lernen.“ Vor dem Interview mit dem Sozialaktivisten Ali Can gab es mehrere Redaktionskonferenzen, in denen über die Fragen diskutiert wurde.

„Die Reise nach Essen war für die Gruppe ziemlich aufregend“, erzählt Christine Schmelzle. „Die Jugendlichen hatten einen riesigen Respekt von Ali Can, der im vergangenen Jahr das Bundesverdienstkreuz erhalten hat.“ Schluss ist noch lange nicht. Insgesamt sind sechs Podcast-Folgen geplant. Alle vier bis sechs Wochen soll eine neue erscheinen.

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