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Solarenergie

Nach Widerstand: Gemeinde Ottersweier darf Photovoltaikanlage auf historisches Rathaus bauen

Im dritten Anlauf hat die Gemeinde Erfolg gegen den Denkmalschutz: Auf dem Rathausdach in Ottersweier könnte bald Solarenergie produziert werden. Warum das Regierungspräsidium Karlsruhe jetzt doch einlenkt.

Rathaus Ottersweier
Die Farbe der Solarmodule hatte zeitweise ebenfalls für Diskussionen zwischen Gemeinde und Denkmalschützern gesorgt. Foto: Joachim Eiermann

Und es geht doch: Die Gemeinde Ottersweier darf das Dach ihres historischen Rathauses mit Solarmodulen bestücken. Die Obere Denkmalschutzbehörde im Regierungspräsidium Karlsruhe hat jetzt die Genehmigung erteilt, auf der Südseite eine Photovoltaikanlage zu errichten. „Mit unseren ersten zwei Anträgen waren wir noch gescheitert“, erinnert Bürgermeister Jürgen Pfetzer (CDU).

Das altehrwürdige Rathaus, einst ein Kloster, ist über 300 Jahre alt. 1688 erfolgte die Grundsteinlegung. Fast drei Jahre lang kam die Gemeinde an den Denkmalhütern nicht vorbei.

Zunächst auch dann nicht, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) allgemein geäußert hatte, dass der Denkmalschutz dem Klimaschutz nicht im Weg stehen dürfe, was für Ottersweier erneut ein Anlass war, eine Befreiung zugunsten einer PV-Anlage zu beantragen.

Bürgermeister sieht Rücksicht auf Baudenkmal gewahrt

Die Rücksicht auf das Baudenkmal sieht der Bürgermeister dadurch gewahrt, dass die repräsentative „Schokoladenseite“ des Rathauses mit dem Haupteingang zur Laufer Straße nicht tangiert werde. Das vordere Dach zeigt nach Norden, sei also zur Stromgewinnung ohnedies ungeeignet.

Ganz im Gegensatz zur rückseitigen Dachfront nach Süden, die der Berechnung eines Fachbüros zufolge eine Maximalleistung von bis zu 50 Kilowatt Strom verheißt. Die geplante Anlage werde vom Straßenraum kaum einzusehen sein, legte Pfetzer in einer Dokumentation dar. Außerdem sei der angrenzende Kindergarten St. Michael bereits mit Solarmodulen bestückt.

Ottersweier muss Auflagen der Denkmalschützer erfüllen

Die Denkmalschützer aus Karlsruhe willigten schließlich ein, jedoch mit Auflagen. Solarmodule in roter Ausführung sollten für eine Kaschierung sorgen – in einem matten Farbton, auch der Rahmen keinesfalls glänzend. Die Anordnung der Module wurde nur in rechteckigen Feldern erlaubt, eine seitliche Zacken-Bildung zur weitestgehenden Ausnutzung der Dachfläche damit untersagt.

Die Krux: Rote Module fügen sich zwar optisch besser ein, kommen nach Darlegung des Fachbüros, das die Gemeinde berät, jedoch fast doppelt so teuer wie Standardausführungen mit bläulichen oder gräulichen Oberflächen.

„Die Amortisation der Anlage würde sich von 15 bis 17 Jahren auf rund 30 erhöhen“, erläutert der Bürgermeister. „Das ist wirtschaftlich einfach nicht sinnvoll.“ Zumal von einer Lebensdauer der Module von nur drei Jahrzehnten auszugehen sei.

Pfetzers Amtskollegin Bettina Kist aus Lauf kam, unter ähnlichen Voraussetzungen, weit schneller voran. Die Nachbarkommune erhielt bei ihrem zweiten Versuch grünes Licht für eine Photovoltaikanlage auf dem denkmalgeschützten Rathaus, der alten Schule. Und dies ohne derlei Einschränkungen. Kleiner Unterschied: Für Lauf ist das Regierungspräsidium in Freiburg zuständig.

Wir kamen dem Denkmalamt entgegen.
Jürgen Pfetzer
Bürgermeister

Doch Karlsruhe reagierte prompt. Der Hinweis auf Unwirtschaftlichkeit führte zur Zurücknahme der Auflage rot getönter Module. Im anderen Punkt machte die Gemeinde ein Zugeständnis. Pfetzer: „Wir kamen dem Denkmalamt durch einen Verzicht auf die gezackten Ränder entgegen.“

Damit scheint der Weg frei, das Rathaus als weitere Energiequelle mit sauberer Stromerzeugung zu nutzen. Kauf und Installation der Anlage bedürfen noch eines förmlichen Gemeinderatsbeschlusses, der voraussichtlich im Februar fallen wird. Sodann erfolgen Ausschreibung und Auftragsvergabe, gibt der Bürgermeister zu verstehen.

Vorgesehen sei eine Volleinspeisung ins öffentliche Netz, bestehe derzeit doch kein weiterer Eigenbedarf. So werde das Rathaus bereits durch die Module auf dem Kindergarten St. Michael hinreichend mit Energie versorgt. „Wir erzeugen etwa 60 Prozent unseres benötigten Stroms selbst.“

Rathaus soll mit Stromspeicher ausgestattet werden

Die fehlenden 40 Prozent, wenn die Sonne nicht scheint, müssen aus dem Netz bezogen werden. Aber auch diese Quote dürfte absehbar sinken, ist doch vorgesehen, das Rathaus mit einem Stromspeicher auszustatten. Der Puffer soll bei einem großflächigen, anhaltenden Stromausfall der Verwaltung ein Weiterarbeiten ermöglichen, um ein Notfall-Krisenmanagement zu gewährleisten. Die Energiereserve ist auf drei Tage ausgelegt.

Die Investition in den Speicher ist Teil einer umfassenden Notstromkonzeption. Vorgesehen ist in diesem Zusammenhang auch der Erwerb dreier Dieselstromaggregate für das Feuerwehrgerätehaus, das Gemeindezentrum St. Johannes und die Sporthalle in Unzhurst. „Die Konzeption wollen wir dieses Jahr umsetzen“, kündigt der Bürgermeister an. Sie sieht auch einen Grundbestand an Feldbetten für den Katastrophenfall vor.

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