Skip to main content

Festival kehrt nach Pandemie zurück

Warum der Bluegrass-Sound im badischen Bühl Wurzeln geschlagen hat

Banjo, Fiddle und Kontrabass geben am Wochenende in Bühl den Ton an. Erstmals seit drei Jahren geht nach der Corona-Pause wieder das beliebte Bluegrass-Festival über die Bühne.

Die Band Chatham County Line
Zur Deutschlandpremiere nach Bühl kommt die US-Formation Chatham County Line, deren Auftritt am 14. Mai den krönenden Abschluss des 18. Bluegrass-Festivals bilden soll. Foto: Chatham County Line

„American Roots Music“ am Fuß des Schwarzwalds — dafür steht die Stadt Bühl seit fast 20 Jahren. 2003 ins Leben gerufen, lockt das Internationale Bühler Bluegrass-Festival mit einem facettenreichen Mix aus Bluegrass, Old-Time-Music, Folk und Americana stets eine große Fangemeinde aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland in die badische Zwetschgenstadt. Sorgte Corona 2020 und 2021 für zwei Auszeiten, geht nun am 13. und 14. Mai die 18. Auflage des von der Stadt ausgerichteten Festivals über die Bühne.

Vier Bands spannen den Bogen vom traditionellen Bluegrass bis zum modernen Americana-Sound: Seth Mulder & Midnight Run und The Hackensaw Boys (beide USA) sind am Festivalfreitag im Bürgerhaus Neuer Markt zu erleben, Old Salt (Belgien) und Chatham County Line (USA) am Samstag. Letztere, seit rund 20 Jahren im Geschäft, feiert in Bühl nun endlich ihre Deutschland-Premiere. „Ein lang gehegter Wunsch vieler Bluegrass-Fans“, freut sich Patrick Fuchs als künstlerischer Leiter des Festivals über dieses Debüt.

Bluegrass ist ein Stil der Country-Musik, den Bill Monroe in den 1930er Jahren kreierte und seine Band The Blue Grass Boys nach dem blau-schimmernden Gras seines Heimatstaates Kentucky benannte. Der Sound hat längst nicht nur in den USA, sondern weltweit eine große Fangemeinde. Und dass das „blaue Gras“ auch im Schwarzwald gedeihlich sprießt, dafür steht der Name Fuchs gleich in doppelter Hinsicht.

Country-Experte Walter Fuchs war der Vater des Festivals

Der Bühler Moderator und Country-Experte Walter Fuchs brachte die Banjo- und Fiddle-Klänge in seine Heimatstadt und hob 2003 zusammen mit dem damaligen Oberbürgermeister Hans Striebel, Kulturfachbereichsleiter Hans Störk und Rüdiger Schmitt von der Kleinkunstbühne Schüttekeller das Bühler Festival aus der Taufe.

Bluegrass-Festival 2022

Konzerte am 13. Mai ab 20 Uhr und am 14. Mai ab 19 Uhr im Bühler Bürgerhaus Neuer Markt. Infos unter www.buehl.de/bluegrass-festival

Nach dem Aus des Vorgängerfestivals in Güglingen hatte die Bluegrass-Szene damit ein neues Podium im Südwesten. 2016 übernahm schließlich Patrick Fuchs die künstlerische Leitung. Der hauptberufliche Kontrabassist der Essener Philharmoniker setzt damit die Arbeit seines Vaters erfolgreich fort.

Die Band auf der Bühne
Beim bislang letzten Bluegrass-Festival 2019 waren unter anderem die Henhouse Prowlers aus den USA in Bühl zu erleben. Foto: Bernhard Margull

Die Stadt Bühl weiß um den Stellenwert des Festivals. Bürgermeister Wolfgang Jokerst spricht gar vom „kulturellen Flaggschiff der Stadt“, hat Bühl doch damit ein gewisses Alleinstellungsmerkmal in Deutschland und einen Farbtupfer im kulturellen touristischen Angebot, wie Fuchs gegenüber dieser Zeitung erläutert.

Wir haben einen guten Ruf, aber vergleichsweise wenig Geld.
Patrick Fuchs, künstlerischer Festivalleiter

„Wir haben einen guten Ruf, aber vergleichsweise wenig Geld“, sagt er. Finanziell könne man mit den beiden großen europäischen Bluegrass-Festivals in Rotterdam und La Roche (Frankreich) zwar nicht mithalten. Statt großer Gagen setzt Bühl auf Experimentierfreude und die Offenheit, auch über den Bluegrass-Tellerrand hinauszuschauen.

„Bluegrass ist ein Genre, das sich neben Hip-Hop, Rap und Techno am stärksten entwickelt, und zwar in alle Richtungen. Es wird gerade auch von jungen Leuten entdeckt, die einen rockigen Hintergrund haben oder aus dem Folk oder Jazz kommen, und das tut der Musik unglaublich gut“, weiß der künstlerische Leiter.

Bluegrass hält Einzug in die Großstädte

Längst hat sich die Bluegrass-Musik seinen Angaben zufolge von der Country-Szene emanzipiert und Einzug in die Großstädte gehalten.

Vor allem aus diesem Umfeld komme ein enormer Schub für den modernen Bluegrass. Fuchs hebt in diesem Zusammenhang den Einfluss des Berklee College of Music in Boston hervor – die preisgekrönte Gitarristin Molly Tuttle hat dort beispielsweise studiert, ebenso die mit vielen Awards bedachte Mandolinen-Virtuosin Sierra Hull, die 2018 in Bühl für Furore sorgte. Fuchs: „Von dort kommen toll ausgebildete Leute, da ist es keine Überraschung, dass Bluegrass immer mehr junge, städtische Leute anspricht.“

Vor allem die Singer/Songwriter mit ihren mitunter kritischen Songtexten kommen laut Fuchs sehr gut an. Darunter ist übrigens auch ein gebürtiger Bühler: Thomm Jutz aus Neusatz, 2021 durch die International Bluegrass Music Association (IBMA) zum „Songwriter of the Year“ gewählt, ist längst fest etabliert in Nashvilles kreativer Musikszene.

nach oben Zurück zum Seitenanfang