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Senioren als Opfer

Wie die Volksbank Bühl und die Polizei gegen Enkeltrick und Schockanrufe kämpfen

Meist sind Senioren die Opfer. Telefonbetrüger überrumpeln sie mit Anrufen. Sie geben sich als falsche Polizisten oder Enkel aus. Jetzt machen Polizei und Banken gegen die Gauner mobil.

Waschmaschine
Angeblich ist das Smartphone eines erwachsenen Kindes versehentlich in der Waschmaschine gelandet. Deshalb schicken die Betrüger eine WhatsApp-Nachricht von einer unbekannten Telefonnummer aus. Foto: Ulrich Coenen

Stress, Druck und Angst. Diese drei Stichworte nennt Sonja Hoffmann. Die Kriminalhauptkommissarin ist Referentin für Kriminalprävention im Polizeipräsidium Offenburg. 17,5 Millionen Euro haben Betrüger auf dieser Weise im vergangenen Jahr bei sogenannten Anrufstraftaten im vergangen Jahr allein in Baden-Württemberg erschlichen.

Der falsche Polizeibeamte am anderen Ende der Leitung ist mit rund 60 Prozent der Fälle die häufigste Variante, gefolgt von Enkeltrick und Schockanruf mit jeweils 20 Prozent. 3.400 erfolgreiche Straftaten allein aus dem Inland gab es 2022 in diesem Bundesland. Hinzu kommen 15.056 vollendete Straftaten, bei denen die Täter aus dem Ausland in Richtung Baden-Württemberg agierten. Meist sind Senioren die Opfer.

„Gleichzeitig sind aber 3.039 Versuche gescheitert“, berichtet Sonja Hoffmann. „Die Leute haben also den Betrug erkannt.“ An diesem Punkt setzt die Hauptkommissarin an. „Wir bieten viele Informationsveranstaltungen an, speziell für Senioren“, erklärt sie.

Um diese Initiative der Polizei zu verstehen, muss man die Methode der Betrüger kennen. „Die erfinden am Telefon Notlagen und lassen ihren Opfern überhaupt keine Zeit, Kontakt zu Verwandten oder Freunden aufzunehmen“, sagt Hoffmann. Da meldet sich beispielsweise der falsche Polizeibeamte am Telefon, der ganz schnell einen Kollegen in Zivil vorbeischicken will, um alle Wertsachen abzuholen und sie damit vor einer angeblichen Einbrecherbande zu schützen. Durch technische Manipulation gelingt es den Verbrechern die Polizeirufnummer „110“ im Display des Opfers erscheinen zu lassen.

Bei Schockanrufen meldet sich eine weinende Stimme, die angeblich dem Enkel gehört, der einen Unfall mit Todesfolge verursacht hat. Der reicht den Hörer weiter an den Staatsanwalt, der innerhalb kürzester Zeit eine Kaution von 40.000 Euro fordert, damit der junge Mann nicht im Gefängnis landet. Beim Enkeltrick braucht der Enkel dann ganz dringend viele tausend Euro für eine Kaution zur Wohnungsmiete.

In dieser Situation reagiert man nicht mehr rational..
Sonja Hoffmann, Kriminalhauptkommissarin

„In solchen Fällen müssen die Senioren rasch zur Bank, um das geforderte Geld abzuholen“, berichtet Sonja Hoffmann. „Deshalb schulen wir Bankmitarbeiter und Taxifahrer, die den Betroffenen in diesen kritischen Situationen helfen können.“ Für die Trennscheibe in Taxis hat die Polizei spezielle Warnaufkleber entwickelt. „Die Opfer stehen so unter Druck, dass sie einen Impuls von außen brauchen“, stellt die Hauptkommissarin fest. „Die Täter sind rhetorisch geschult. Auch intelligente Menschen werden zu Opfern. In dieser Situation reagiert man nicht mehr rational.“

Relativ neu ist die Masche mit der Whatsapp Nachrichten des angeblichen Sohnes oder Tochter, dessen Smartphone versehentlich in der Waschmaschine gelandet ist und der jetzt eine neue Rufnummer hat. Natürlich geht es auch bei diesem Betrug, der sich an Menschen in der Lebensmitte mit erwachsenen Kindern richtet, um schnelle Geldüberweisungen.

Besonders gefährdet sind aber Senioren. Helfende Impulse von außen können diese nicht nur im Taxi auf der Fahrt zur Bank, sondern vor allem auch in der Bank erhalten. Die Volksbank Bühl arbeitet inzwischen mit der Polizei zusammen. Das ist in Mittelbaden kein Einzelfall. Auch die Sparkasse Hanauerland hat sich der Initiative bereits angeschlossen. „Es handelt sich zum Teil um herzzerreißende Fälle, bei denen ältere Leute um ihre gesamten Ersparnisse gebracht werden“, sagt Sonja Hoffmann. „Deshalb haben wir im vergangenen Jahr alle Banken angeschrieben.“

Die Dunkelziffer bei diesen Fällen ist sicher sehr hoch.
Marco Feit, Vorstandsprecher Volksbank Bühl

Die Volksbank Bühl engagiert sich in besonderer Weise. Vorstandssprecher Marco Feit tut das ganz bewusst. Die Initiative ging dabei nicht nur von der Polizei, sondern auch vom Kehler Verein Courage aus. Alle drei wollen gemeinsam ältere Menschen gegen die Anrufe der Trickbetrüger sensibilisieren.

„Die Dunkelziffer bei diesen Fällen ist sicher sehr hoch“, befürchtet Veit. „Als regionale Bank kennen wir unsere Kunden.“ Wer bei der Volksbank Bühl größere Bargeldbeträge ab etwa einem mittleren vierstelligen Betrag vom Konto abheben will, erhält ab sofort die Scheine nach Auskunft des Vorstandschefs in einem speziellen Briefumschlag, auf dem vor Betrügern gewarnt wird.

Die Mitarbeiter wurden außerdem sensibilisiert, Kunden anzusprechen. „Wir stehen in einer gesellschaftlichen Verantwortung“, meint Feit, dessen über 90jährige Großmutter bereits einen Anruf von Gaunern erhielt. „Perfide“, nennt der Banker das. Bei seiner Oma waren die Verbrecher glücklicherweise nicht erfolgreich.

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