Es war wie bei Adam und Eva: Der Apfel lockte! Doch in diesem Fall durfte er nicht vom Baum der Erkenntnis gepflückt werden.
Zum einen lagen die Äpfel schon da auf 41 Präsentierkörben oder -tellern. Zum anderen öffneten Helmut Möhrmann und Bernhard Schorpp Männlein wie Weiblein auch so die Augen und gaben ihre Erkenntnisse gerne weiter.
Minister, Polizei und Gräfin auf dem Marktplatz in Gaggenau
Illustre Gäste hatte der Förderverein Streuobstwiesen an Murg und Oos (SOMO) mit auf den Marktplatz am Samstag in Gaggenau gebracht. Bei der Veranstaltung innerhalb der Bio-Woche des Naturparks Schwarzwald befand sich ein Minister quasi im engen Polizeischutz aus Ulm, daneben thronte eine leibhaftige Gräfin von Paris.
Sie passte der Birnenform wegen zum Vertreter aus der Schweiz, der sich in ihrer unmittelbaren Nähe befand. Der aus Russland ähnelte farblich dem Eidgenossen. Ihn unterschied eigentlich nur die Tonnenform vom rundlichen Gesellen aus dem Land der Neutralität und der Banken. Deshalb heißt Letzterer Schweizer Glockenapfel und sein optischer Zwilling daneben Russischer Taubenapfel.
Der Minister von Hammerstein ist genauso wie der Ulmer Polizeiapfel ein Gewächs von heimischen Streuobstwiesen.
Nur die Gräfin von Paris fällt etwas aus diesem Rahmen, ist sie doch nur eine von drei Birnensorten, die der SOMO ebenso zeigte.
Obwohl wahrlich genügend Apfelsorten aus dem Erhaltungs-Obstgarten im elsässischen Froeschwiller (bei Woerth) in Körben und Tellerchen präsentiert wurden, schleppten vier Besucher weitere Äpfel heran!
Die Unkundigen begehrten von Möhrmann und Schorpp Auskunft, welches Apfelbäumchen denn nun in ihrem Garten gedeiht? „Das müsste ein Jonagold sein“, befand Möhrmann, nachdem Elke Hansing den Baum als „etwa fünf Meter hoch“ beschrieb und weitere Details nannte sowie vor allem die Früchte zeigte. Entsprechend „toll“ fand die Gaggenauerin den Stand und die Beratung. „So sieht man auch, welche Vielfalt es in unseren Streuobstwiesen gibt“, sagte Hansing.
Neue Mitglieder für ihren rund 20-köpfigen Förderverein zu begeistern, sei das Ziel der Aktion während der Marktzeiten von acht bis 13 Uhr, erzählt SOMO-Schriftführer Schorpp. „Glücklicherweise haben wir auch ein paar Jüngere, die sich für Streuobstwiesen und deren Erhalt einsetzen“, freut sich der 72-Jährige aus Gaggenau über die „sehr gute Resonanz“.
Ihn bestätigt am Samstag Brigitte Seiser allzu gerne. Die pensionierte Leiterin der Naturparkschule in Hilpertsau weilte erst Tage davor in Forbach an der Klingenbachschule und freute sich bei ihrem Vortrag „über die Begeisterung der Kinder“ für das heimische Obst. „Die Streuobstwiesen werden hoffentlich weiter gepflegt“, wünscht sich die ehemalige Rektorin und setzt dabei auch auf den im März 2021 gegründeten SOMO-Förderverein.
Äpfel lassen Erinnerungen an Kindheit am Bodensee aufkeimen
Eine ältere Gaggenauerin pflichtet bei: „All die Sorten hier erinnern mich an meine Kindheit am Bodensee. Leider gibt es die teilweise gar nicht mehr“, bedauert sie und erinnert sich mit Schaudern an ihren kürzlichen Urlaub in Südtirol: „Die hatten dort nur Golden Delicious: Hektar über Hektar.“ Deshalb freute sich die Murgtälerin, „hier wieder die Vielfalt zu sehen“.
Die Jakob Lebel sind gut für Kuchen!Natalie Krieg
Apfel-Interessierte aus Scheuern
Aber nicht alle, das sei auch nicht ganz verschwiegen, waren rundum zufrieden mit der Ausstellung des SOMO! Zu behaupten, Natalie Krieg zog deshalb „leicht säuerlich“ wie ein Braeburn ab, wäre allerdings auch übertrieben. Sie fand es nur „blöd“, dass die Apfelsorten aus hiesiger Region nicht auch am Samstag verkauft wurden.
„Die Jakob Lebel sind gut für Kuchen!“, wusste die Frau aus Scheuern und hätte „gerne welche gekauft, denn die bekommt man leider nicht überall“. Daher fand sie es „schade“, dass ihr die paar ausliegenden Jakob-Lebel-Früchte verwehrt blieben.
Apfelannahme wegen miserabler Ernte abgesagt
Auf den Hinweis von Schorpp, „die sind alle nur zur Schau ausgestellt“, mussten sich die zwei SOMO-Mitglieder am Werbestand für ihren kleinen Verein meist weiter erklären, folgte doch dann oft die weitere neugierige Frage: „Und was ist da drin?“, gepaart mit einem Fingerzeig auf den Korb mit Papiertüten unter einem Tisch.
Der Selbacher Möhrmann vertröstete die Apfelfreunde, die schon vor Beginn der Ausstellung „um 7.30 Uhr Äpfel kaufen wollten“, aufs nächste Jahr: „Da versuchen wir, die seltenen Apfelsorten auch zu verkaufen!“ Heuer gesellte sich nicht nur für den SOMO das Problem hinzu, dass die Ernte in der Region miserabel ausfiel.
So sagte etwa der Obst- und Gartenbauverein (OGV) Loffenau die Apfelannahme für die Firma Seifermann, die Saft herstellt, komplett ab. Wegen der unrentablen Ernte muss man das Streuobst wohl so betrachten wie ein Besucher aus Ottenau, der befand: „Die größten Blumensträuße sind Obstbäume!“ Deshalb pflanze er jedes Jahr einen.
Verkehrte biblische Welt: Ein Adam darf in den Apfel beißen
Am Schluss der Ausstellung wurde zwar das ausgestellte Obst noch immer nicht verhökert. Aber es kam doch noch etwas Bewegung in das Marktgeschehen mit einer Verköstigung.
So entwickelte sich eine etwas verkehrte Welt, vergleicht man es mit der Bibel: Ein neugieriger Adam durfte sich einen Apfel greifen und biss sogleich herzhaft hinein. Glücklich ging er von dannen und fühlte sich wie im Paradies ...