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Frieder Kräuter verabschiedet sich

Puppentheater Gugelhupf endet nach 42 Jahren: Alle kommen zur letzten wilden Show nach Gernsbach

Vor 42 Jahren startete Frieder Kräuter seine Karriere als Puppenspieler. Immer an seiner Seite seine 2019 verstorbene Frau Annette. Mit stehendem Applaus verabschiedet das Publikum Kräuter in den Ruhestand.

Mit einen wilden Ritt durch die vier Jahrzehnte Puppentheater verabschiedete sich Puppenspieler und Puppentheaterdirektor Frieder Kräuter, von seinem Puplikum. Der Schluss voller Poesie.
Mit einen wilden Ritt durch die vier Jahrzehnte Puppentheater verabschiedete sich Puppenspieler und Puppentheaterdirektor Frieder Kräuter, von seinem Puplikum. Es war ein Ende voller Poesie. Foto: Veronica Gareus-Kugel

Die musikalischen Wurzeln von Frieder Kräuter sind im Blues zu suchen. Den Beweis dafür trat dieser am Ende seines Abschieds von der Puppenbühne eindrucksvoll an. Seine berufliche Passion fand er als Puppenspieler. „Boom Boom – out goes the light“, ein alter Blues-Titel und mit einem Querschnitt seines künstlerischen Schaffens beendete Kräuter seine Karriere. Alle waren sie gekommen: Fans, Weggefährten, Kollegen, Freunde, Familie. Die Stadthalle ausverkauft.

Zunächst war der Abend Familienangelegenheit. Mit Enkeltochter Juli Treffkon und ihrer Trompete nahm das Spiel seinen Anfang. Mit zwei fetzig gespielten Bluessongs sollte es enden. Damit war der Abend aber nicht vorbei. Er endete mit einer Party. Durch das Programm führte mit Witz und Charme, Wortspielereien und als überdrehter Moderator, Puppenspieler, Regisseur, Musiker und Sohn Florian Kräuter von der Magdeburger Puppenbühne.

Puppenspieler Frieder Kräuter hat Schluss von langer Hand geplant

Das Karriereende nach 42 Jahren war von langer Hand geplant und kam nicht wirklich überraschend. Jedoch stellt sich die Frage: Soll es wirklich der letzte Vorhang gewesen sein?„Nichts ist absolut“, so der 71-jährige Kräuter. In Pforzheim habe er mit der „Bettleroper“ noch einen Auftritt. Im Anschluss daran ist das Motto: „Zapfenstreich, Klappe zu, Stöpsel aus der Badewanne.“

Das Ende an diesem Abend war noch weit. Bis dahin erwartete das Publikum eine letzte wilde Show, musikalisch begleitet von Jazzprojekt Gaggenau, mit Kurt Wunsch am Bass, Tobias Merz am Piano und Gerhard Maisch am Schlagzeug. Zur Bluesband ausgebaut, mit Jana Weichelt (Gesang und Spiel) und Lennart Morgenstern (Gitarre und Spiel) von der Magdeburger Puppenbühne ebenso wie mit Florian Kräuter (Saxofon) und Frieder Kräuter (Mundharmonika) holte man gemeinsam die Theaterbesucher von den Stühlen.

 Ohne meine Frau hätte es Gugelhupf nie gegeben.
Frieder Kräuter
Puppenspieler

Was im Vorfeld der Berufsfindung so alles gelaufen ist, kann nicht besser, erklärt werden als im Spiel mit den Puppen selbst. Was wahr oder einfach überspitzt formuliert ist – wer weiß das schon. Bloß enge Familienmitglieder können darüber Auskunft geben. Gesichert sind jedenfalls mehrere berufliche Anläufe unter anderem als Erzieher oder Konditor. Das Publikum kringelte sich vor Lachen.

Der Puppenspieler Kräuter fand sich erst spät in dem Gerne ein. Und mit Sicherheit stieß sein Wunsch, das Puppentheater „Gugelhupf“ zu gründen, in seinem Umfeld nicht sofort auf Verständnis, schließlich gab es da schon eine Familie. Eine der Hauptunterstützerinnen in den mehr als vier Jahrzehnten als Puppenspieler war seine 2019 plötzlich verstorbene Frau Annette. Sie zog im Hintergrund die Fäden und nähte unter anderem Kostüme für die Puppen. „Ohne meine Frau“, so Kräuter von der Bühne herunter, „hätte es Gugelhupf nie gegeben.“

Gemeinsam arbeitete das Paar auch auf ein Karriereende hin. Was fehlte, war ein allerletztes Stück: „Der Kasperblues“. „Und somit ist es heute auch Annettes Abend“, sagte Kräuter. Zudem ergriff Kräuter die Gelegenheit, allen Helfern für den abendlichen Erfolg zu danken.

Puppentheater Gugelhupf: Anarchisch, witzig und mitunter deftig

Der Puppenspieler versprach seinem Publikum eine letzte wilde Show und diese sollte es auch bekommen. Das klassische Kasperletheater, das die meisten aus ihrer Kindheit kennen, ist nicht die Sache von Frieder Kräuter. Er ließ sich lieber von Begriffen leiten: anarchisch, witzig und zuweilen deftig. Er wechselte gerne die Blickrichtung. Seine Geschichten sind nicht immer für Kinder geeignet. Doch das Publikum liebte seine wilden Ritte durch die Welt von Kasperle, Gretel und beider Sohn Isidor. Der Puppenspieler zeigte Auszüge aus „Kasper, Tod und Teufel“, „Drei Geschichten mit Musik“ und zu guter Letzt „Kasperblues“. Dieses Mal bekam nicht nur das Krokodil, sondern auch der „Knochen“ (Tod) und der „Deifel“ (Teufel) ordentlich Prügel ab. Selbst Gretel scheute sich nicht, mit dem Nudelholz zuzuschlagen. Das tödliche Duo kann nicht gegen Kasper gewinnen. Denn ein Kasper stirbt nie.

Ein Lächeln in Gesichter der Puppentheaterbesucher zauberte auch Kollege und Marionettenspieler Raphael Mürle aus Pforzheim mit seinen singenden Stabpuppen. Anschließend hauchte er mit viel Können seinen an Fäden agierenden Protagonisten Leben ein, honoriert vom Publikum mit donnerndem Applaus.

Ein zutiefst poetischer Schluss kündete das Show-Ende an. Kasperle und Gretel traten mit gepackten Koffern vor ihr Publikum. Ein letzter Song, das Licht ging aus.

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