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Fachkräftemangel im Reha-Bereich

Mediclin Gernsbach fehlt das Fachpersonal: Reha-Patienten gehen leer aus

Eigentlich will das Mediclin-Reha-Zentrum in Gernsbach wieder voll durchstarten und sich sogar vergrößern: Doch das Personal fehlt. Das führt dazu, dass immer wieder Reha-Anträge abgelehnt werden.

Um ausreichend Therapieangebote machen zu können, fehlt es auch im Mediclin Gernsbach an Personal.
Um ausreichend Therapieangebote machen zu können, fehlt es auch im Mediclin Gernsbach an Personal. Foto: Jörg Wilhelm/Mediclin

Anspruch auf eine Reha, aber keine Klinik, die einen nimmt? Das kann Patienten immer häufiger passieren. Denn der Fachkräftemangel macht sich auch im Bereich der Reha-Zentren breit – mit spürbaren Folgen für therapiebedürftige Menschen. Auch das Mediclin Gernsbach kann nicht jeden Patienten annehmen, der gerne kommen würde.

„Wir könnten eine viel größere Klinik hinstellen, die wäre voll“, sagt auch Christian Wolf, Chefarzt der Fachklinik für Neurologie. „Wenn wir den Platz hätten. Und das Personal.“ So müsse er immer wieder Reha-Anträge ablehnen. Ein Zustand, den auch Geriatrie-Oberärztin Cornelia Schopp nur zu gut kennt.

Auch sie habe die Belegung ihrer Station an die Personalsituation angepasst – was nichts anderes heißt, als dass nicht jeder Reha-Antrag angenommen wird. „Ich schaue bei der Auswahl darauf, welche Belastung das für das Personal bedeutet.“

Schock über Wegfall des Coronazuschlags

Doch nicht nur der Personalmangel bereitet den Kliniken Schwierigkeiten, wie der kaufmännische Direktor Matthias Langenbach und Regional-Geschäftsführer Norbert Schneider betonen. Auch die Fallpauschale, die zu wesentlich kürzeren Verweildauern in den Akutkliniken geführt hat, sei nach wie vor ein Problem.

„Was vorher im Krankenhaus war, ist jetzt bei uns“, beklagt Langenbach. Und zwar oft in nicht therapiefähigem Zustand – innerhalb der Branche werde vom „englischen oder blutigen Patient“ gesprochen, so Schneider. „Für eine Reha muss man sich bewegen können. Das ist oft nicht der Fall.“ Letztlich hänge vieles auch an der Bezahlung, so Langenbach. „Es ist nicht so, dass wir das inhaltlich nicht leisten können.“

Morgens Fango, abend Tango. Die Zeiten sind lange vorbei.
Norbert Schneider, Regionalgeschäftsführer

Entsprechend schockiert sind Langebach und Schneider auch über die Entscheidung der Bundesregierung, den Corona-Zuschlag zum Monatsende auslaufen zu lassen. Zwar gehe es im Fall von Mediclin nicht gleich um die Existenz, so Regionalgeschäftsführer Schneider. „Aber wir sind schon davon ausgegangen, dass diese Hilfe verlängert wird.“

Nach wie vor erfordere die Pandemie einen erhöhten Personalaufwand und die Arbeit mit kleineren Gruppen als vor der Corona-Krise. Hinzu kämen die Kostensteigerungen bei den Energiepreisen. Die Rehaklinikgen hätten in der Pandemie gezeigt, was sie leisten können, so Schneider. „Morgens Fango, abend Tango. Die Zeiten sind lange vorbei.“

Gerade im Bereich der Altersheilkunde setzt laut Geriatrie-Medizinerin Schopp erst jetzt ein Umdenken ein. Zwar hätten die Akutkliniken erkannt, dass sie die Rehahäuser dringend brauchen. „Wie viel Geld wir aber sparen, wenn die Leute rehabilitiert werden und nicht im Pflegeheim landen, will niemand wissen.“

Mediclin will mit gutem Arbeitsklima punkten

Dreh- und Angelpunkt bleibt allerdings das Personal. Laut Langenbach ist das Mediclin mit 254 Vollzeit-Stellen in die Corona-Krise gegangen, aktuell gebe es 207 Vollzeit-Stellen. Zwischenzeitlich waren es unter 200 Mitarbeiter.

„Wir sind mit einem personellen Defizit in die Krise gegangen“, sagt Chefarzt Wolf. „Das müssen wir erstmal wieder aufholen.“ Und am Fachkräftemangel lasse sich nunmal nichts ändern, so Schneider.

Deshalb will das Mediclin mit sogenannten „weichen Faktoren“ dafür sorgen, das Haus bei den wenigen Bewerbern auf dem Markt umso attraktiver zu machen.

Als Konsequenz einer Mitarbeiterbefragung im vergangenen Jahr ist der Entschluss gereift, drei Arbeitsgruppen einzusetzen, die sich mit den Themen „Führungskultur“, „Miteinander“ und „Arbeitssituation“ befassen sollen.

Veränderung soll gemeinsam herbeigeführt werden

Auch wenn Arbeitsgruppen gerne belächelt würden, halte er das für den richtigen Weg, so der kaufmännische Direktor Langenbach. „Solche Veränderungen dürfen nicht von oben kommen. Die müssen gemeinsam getragen werden.“

Auf einer gemeinsamen Betriebsversammlung von Mitarbeitern, Betriebsrat, Klinikleitung und Vorstand am Dienstag sind die Angestellten dazu aufgerufen worden, sich an dem Veränderungsprozess zu beteiligen. Gleichzeitig habe es einen regen Austausch gegeben, der sich besonders um die Themen Wertschätzung und Anerkennung gedreht habe.

Wenn man sich wohlfühlt, dann springt man auch gerne mal ein.
Martina Iannuzzi-Nedeljov, Betriebsratsvorsitzende

Ausgangspunkt waren zahlreiche personelle Umstrukturierungen gewesen, die innerhalb der Belegschaft für Unruhe gesorgt haben, so die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Martina Iannuzzi-Nedeljov. „Die Mitarbeiter hatten den Wunsch, dass die Klinikleitung ihre Fragen beantwortet und ihre Sorgen ernstnimmt.“ Und das sei geschehen.

„Wenn man sich wohlfühlt, dann springt man auch gerne mal ein“, so Iannuzzi-Nedeljov. Genau darauf setzt auch Geschäftsführer Schneider. „Wer unzufrieden ist, erzählt das auch zuhause. Wenn man sich aber wohlfühlt, dann macht man auch Werbung für seinen Arbeitgeber im Freundes- und Bekanntenkreis.“ Letztlich könne das Reha-Zentrum auf einem knappen Markt nur mit dem Arbeitsklima punkten.

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