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Tiere und Pflanzen leiden

Die Pollen fliegen schon: Warmer Winter setzt Natur unter Druck

Wintersportler ärgert es, manche freut es: Der Winter scheint wieder einmal auszufallen. Was man dabei fast übersieht: Die Natur kommt aus dem Tritt, Tiere und Pflanzen leiden.

Haselnuss bei mildem Wetter im Winter
Die Natur erwacht bereits: Die blühende Haselnuss ist Symbol für eine Entwicklung der Temperaturen, die Tiere und Pflanzen gewaltig unter Druck setzt. Foto: Veronika Gareus-Kugel

Ein warmer Winter oder doch schon Vorfrühling? Zeigte sich der Winter vor Weihnachten jahreszeitlich angepasst mit Minustemperaturen noch von seiner frostigen Seite, hat sich dies um die Weihnachtsfeiertage gründlich geändert.

Mit plus 21 Grad Celsius verzeichneten die Meteorologen den wärmsten Jahreswechsel seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Für Deutschland können seit 1881 Mittelwerte für die Temperatur errechnet werden.

Die Allergiker spüren es bereits deutlich. Die ersten Pollen fliegen schon. Auch Löwenzahnblüten wurden bereits gesichtet. Das Angebot für die Tierwelt ist reichlich. Für die Biologin und Umweltpädagogin Manuela Riedling kein wirklicher Grund zur Freude. Denn Natur und Tierwelt leiden.

Sie selbst habe, so erzählt Riedling, an Silvester eine Biene fliegen sehen. Schuld an dem jahreszeitlichen Durcheinander sei der von Menschen gemachte Klimawandel.

Druck durch warmen Winter auf heimische Artenvielfalt ist immens

Ein gutes Beispiel dafür sei das Höhengebiet rund um den Kaltenbronn, erzählt die Biologin. Die frühen Wärmeperioden sorgen selbst auf rund 1.000 Höhenmetern für ein vorgezogenes Wachstum und eine frühe Blüte.

Für die Heidelbeere, die Lieblingsspeise des Auerhuhns, sei jedoch eine frühe Blüte kontraproduktiv. Ein später Frost und es sei vorbei mit einer reichhaltigen Heidelbeerernte. Daran kann auch eine Nachblüte nichts ändern.

Der Druck auf die heimische Artenvielfalt sei immens und einwandernde Pflanzen, Tiere und Insekten, wie die Tigermücke sind die Profiteure, stellt die Biologin fest. Ein weiterer Indikator für die zeitliche Entkopplung der Tierwelt von den Jahreszeiten sei die Apfelblüte im Murgtal.

Die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) beobachte seit 2007 den Verlauf der Apfelblüte in verschiedenen Höhenstufen, von der Oberrheinebene bis in die Höhenlagen des Nordschwarzwalds. In den vergangenen 25 Jahren sei eine um zehn Tage vorgezogene Apfelblüte zu beobachten. Das ergebe in der Summe 30 Tage seit Beginn der Wetteraufzeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts.

Probleme auch für die Landwirtschaft

Die Vögel würden singen, wie wenn diese kurz vor dem Nestbau stehen. Fledermäusen, die in der Regel ab Oktober rund fünf bis sechs Monate durchschlafen, steht immer noch ein reichhaltiges Nahrungsangebot zur Verfügung.

Mit zeitlicher Verzögerung, sollte das milde Wetter anhalten, reagieren Reptilien und Amphibien. Das Problem, so Riedling: Die Tiere verbrauchen jetzt ihre Reserven. Kommt es zu Spätfrösten, könnten diese an Nahrungsmangel sterben.

Auch wenn eine längere Erntezeit ersten Betrachtungen zur Folge positiv erscheint überwiegt das Negative, fügt Gärtner Michael Buchholz hinzu. Auch für die Landwirtschaft oder den Gemüseanbau sei die aktuelle Situation nicht einfach.

So könnten klassische Gemüsesorten wie Kohl, Feldsalat, Radieschen oder Karotten mit entsprechenden Schutz versehen später geerntet werden. Dies bedeutet, dass letzte Ernten nicht im Oktober, sondern im November oder Dezember eingebracht werden können.

In der Summe seien solche Wärmeperioden jedoch negativ zu beurteilen, sagt Buchholz. Er ist ein Verfechter des regenerativen Anbaus, eine Anbaumethode bei der die Regeneration des Bodens und die Biodiversität im Vordergrund steht. Humus bildende Prozesse werden gefördert. Ist der Winter warm, beginnen Bodenbakterien, den Humus im Boden umzusetzen.

Vor diesem Hintergrund stehe den Pflanzen nicht mehr genügend Nahrung zur Verfügung. Der Eintrag von Nitraten in den Boden erhöhe sich. Zudem werde es den Pflanzen im Sommer zu heiß und zu trocken. Das Wasser werde zum Kostenfaktor.

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