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Haushaltsplan 2023

Rekordausgaben von 19 Millionen Euro: Droht Gernsbach langfristig eine Überschuldung?

Mit 18 Ja-Stimmen: Der Gernsbacher Gemeinderat verabschiedet den Haushaltsplan 2023. Geplant sind Investitionen von knapp 19 Millionen Euro.

Bleibt in der kommunalpolitischen Diskussion: Wie geht es weiter mit der Fußgängerzone in der Hauptstraße?
Bleibt in der kommunalpolitischen Diskussion: Wie geht es weiter mit der Fußgängerzone in der Hauptstraße? Foto: Lina Schmidt

Gernsbach steuert auf die Überschuldung zu. Trotzdem hat der Gemeinderat am Montagabend bei zwei Gegenstimmen des Ehepaars Voigt (parteilos) den Haushaltsplan für das Jahr 2023 (inklusive Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe Stadtwerke, Abwasserbeseitigung und Stadt Räume) verabschiedet.

Die CDU-Fraktion enthielt sich geschlossen der Stimme, stellte aber fest, dass „es Projekte und Maßnahmen im Entwurf gibt, die auch die Zustimmung unserer Fraktion finden, die wir für unbedingt notwendig halten“. Sie blickte weiter in die Zukunft und lehnte die Finanzplanung bis zum Jahr 2026 für den Kernhaushalt ab – „da diese nach unserer fachlichen Einschätzung gegen geltendes Haushaltsrecht verstößt und eine für die Stadt nicht tragbare Schuldenspirale auslösen würde“, erklärte Frauke Jung.

Die von der Fraktionsvorsitzenden beantragte getrennte Abstimmung des aktuellen und des mittelfristigen Planwerks sei aber nicht möglich, weil die eng miteinander korrelieren. „Von daher sehen wir da keine Möglichkeit“, betonten Bürgermeister Julian Christ (SPD) und Kämmerer Benedikt Lang. Sie verwiesen darauf, dass es sich bei den Finanzen der Stadt ohnehin um eine dynamische Entwicklung halte, bei der immer wieder Anpassungen vorgenommen werden.

Angesichts einer geplanten Investitionstätigkeit alleine in diesem Jahr von knapp 19 Millionen Euro ist davon auszugehen, dass Projekte nicht wie geplant abgearbeitet werden können – sei es wegen der Verfügbarkeit von Firmen, Personalknappheit, Lieferengpässen oder sonstiger Probleme.

Die SPD-Fraktion warb für etwas mehr Gelassenheit. Schließlich habe man auch in den Vorjahren schon eine ziemlich angespannte Finanzsituation gehabt. 2022 schloss aber mit einem Saldo von 266.000 Euro ab, „fast eine Punktlandung“, lobte Fraktionssprecherin Irene Schneid-Horn. Trotzdem erkennt auch sie, dass der Stadt langfristig die Überschuldung drohe, zumal sich ansteigende Kredite bei steigenden Zinsen schuldentreibend auswirken. Aber „was wäre die Alternative? Die im Haushalt abgebildeten Investitionen sind keine Verschiebeware, sondern Notwendigkeiten“, unterstrich Schneid-Horn.

Gerade darin liegt zum Teil das Problem: „Aufgrund einer ständig steigenden Bürokratie, einer immer größer werdenden Summe der staatlichen Leistungsversprechen und Standards, sind wir nicht mehr in der Lage, unsere Zukunft zu gestalten“, erläuterte Uwe Meyer. Der Fraktionschef der Freien Bürger nannte Genehmigungsverfahren für Windräder von sieben Jahren oder europaweite Ausschreibungen, wenn die Kommune ein Mehrfamilienwohnhaus bauen will, als Beispiele: „Wir können die Anforderungen weder finanziell noch personell in erwartetem Maß erfüllen“, so Meyer.

Auch die Grünen stimmen Haushaltsplan zu

Ein solches Thema ist der Klimaschutz, für den spätestens jetzt die Weichen gestellt werden müssen, fordern die Grünen. Doch sie scheiterten in Gernsbach zum wiederholten Mal mit einem Antrag, diesen vor der eigenen Haustür anzugehen: „Was soll noch geschehen, dass dieses Gremium die Zeichen der Zeit erkennt?“, fragte Birgit Gerhard-Hentschel in die Gemeinderatsrunde, nachdem diese den Antrag ihrer Fraktion, bei der Windkraft mehr Tempo zu machen, abgelehnt hatte. Dem Haushaltsplan stimmten die Grünen dennoch zu, auch wenn er „nicht den Erfordernissen der Zeit und unseren Vorstellungen entspricht, um unsere Stadt zukunftsfähig, klimaneutral auszurichten“.

Die einzigen Gegenstimmen kamen diesmal vom Ehepaar Voigt. Und das aus zwei Gründen. Zum einen argumentierte Ernst-Dieter Voigt, dass „wir den Eindruck haben, dass es sich bei manchen Investitionen eher um ein Maximum handelt als um ein Optimum“. Zum anderen „können und dürfen wir nicht alles abnicken, was uns von Land und Bund aufgebürdet wird“. Gerade im Bereich der Flüchtlingspolitik sei eine Ablehnung der Schutzsuchenden, die der Stadt zugewiesen werden, auch eine Art öffentlicher Protest, der aus Sicht des Ehepaars Voigt angemessen wäre.

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