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Milde Temperaturen

Im Murgtal wandern die Kröten immer früher

Grasfrösche in Gaggenau, Erdkröten in Staufenberg: Amphibienschützer müssen schon im Februar aktiv werden. Mehr freiwillige Helfer sind willkommen.

Straßen sind massive Hindernisse für Amphibien auf Wanderung. Wenn der Asphalt warm ist, ruhen sie sich sogar darauf aus.
Straßen sind massive Hindernisse für Amphibien auf Wanderung. Wenn der Asphalt warm ist, ruhen sie sich sogar darauf aus. Foto: Stefan Eisenbarth

Es ist bereits dunkel, als Harald Wolf in seinem Garten auf der Heil ein seltsames Geräusch vernimmt – eine Art brummendes Grunzen. Labrador „Jimmy“ fängt gleich an zu bellen. Der Garteneigner nähert sich dem Teich und hört ein mehrfaches Platschen.

„Da wusste ich: Die ersten Grasfrösche haben sich zum Ablaichen eingefunden“, erzählt der Naturfreund. „Krötenstimmen kenne ich gut, aber dieser Klang war mir neu. Es ist Mitte Februar und eigentlich noch Winter. Dass die Grasfrösche jetzt schon ablaichen, ist eigentlich viel zu früh und fraglos ein Hinweis auf die Klimaerwärmung.“

Tiefe Teiche retten Laich

Der Laich könne Temperaturen um die null Grad überstehen, eine Frostperiode tagsüber unter null und tiefer hingegen nicht. Wolf: „Mein Teich ist zum Glück fast einen Meter tief. Wenn nötig, kann ich den Laich in untere Zonen umsetzen.“

Im Gommersbachtal sei zeitgleich der erste Laich der Grasfrösche erschienen. „Er liegt leider im flachen Wasser, und das Anlegen eines Laichgewässers mit tieferem, länger führendem Wasser wäre dort sehr sinnvoll. In den letzten Jahren ist dieser Bereich regelmäßig zu früh ausgetrocknet.“

Große Umsiedlungsaktionen

Im Dürrejahr 2016 habe er dort vor dem Austrocknen den Laich entnommen und in seinen Teich umgesiedelt: „Was sich jetzt so tummelt, sind alles Nachfahren dieser Aktion. Im letzten Jahr hatte ich 50 Laichballen. Ich bin gespannt, wie viele es dieses Jahr werden.“

In den 80er und 90er Jahren sammelten Harald Wolf und Rudolf Krumrey am Hummelberg pro Nacht Hunderte von Amphibien ein und siedelten sie in weiter entfernte Gewässer um.

Schutzzäune retten viele Tiere

„Dieses Jahr hat es uns kalt erwischt. Die Erdkröten in Staufenberg sind bereits unterwegs. Da müssen wir jetzt flugs den für später geplanten Schutzzaun setzen“, sagt Stefan Eisenbarth, der seit mehr als zehn Jahren ehrenamtlich mit Sylvia Felder die Amphibienwanderung in Gernsbach betreut.

Was hat sich heute gegenüber früheren Jahren geändert? „Der Rekord waren einmal fast 1.000 Erdkröten in einer Nacht! Zum Vergleich: 2022 sammelten wir nur noch 100 Tiere ein, 2023 dann 150 Erdkröten. Der Bestand ist massiv eingebrochen“, beklagt Eisenbarth.

Was ist die Ursache? „Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle, die noch nicht wissenschaftlich gesichert sind. Der Sommerlebensraum wird viel zu wenig beachtet. Die Gewässer erwärmen sich und sinken schneller ab. Folge: Die Laichmöglichkeiten leiden.

Die Tiere bevorzugen Laub- und Mischwälder mit Beutetieren, Verstecken unter Totholz, Gebüsch, Laub und Wurzeln. Sie graben sich im Herbst ein und verbringen den Winter in einer Art Starre.“ Sein Wunsch: Der Wald sollte weniger bewirtschaftet und mehr Flächen sollten sich selbst überlassen werden, um den Amphibien stille, tiefe Gewässer zu ermöglichen.

Amphibienleitsystem sichert alle Daten

Die Landschaft werde immer mehr durch Straßen zerschnitten. „Das sind massive Hindernisse und Gefahren für die Amphibien, die sich gerne auf dem warmen Asphalt ausruhen“, konstatiert Eisenbarth. „Wir dokumentieren für das Amphibienleitsystem jedes Jahr exakt alle Daten.

Mitunter ist es für die freiwilligen Helfer schon frustrierend, pro Nacht nur ein bis zwei Erdkröten aufzusammeln. Doch die Leute bleiben trotzdem bei der Stange – auch, wenn sie nur sehr wenige Amphibien retten können. Das Ganze bereitet mir schon Sorgen. Wie soll das nur weitergehen?“

Die deutschlandweit stark gefährdete Gelbbauchunke, erläutert Eisenbarth, kehre nicht in ihre alten Gewässer zurück, weil die geschlüpften Kaulquappen von Libellenlarven bedroht sind. Eine Libelle könne den Verlust aller Kaulquappen bedeuten, die zudem auch bei Fischen, Molchen, Insekten und Vögeln beliebt sind.

Standorttreue Erdkröten

Die dämmerungs- und nachtaktiven Erdkröten hingegen sind standorttreu und suchen jedes Jahr jene Gewässer auf, in denen sie sich selbst von der Kaulquappe zum Frosch oder zur Kröte gewandelt haben. Damit das noch lange zu bleibt, sind die Amphibien auf das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Tierschützer angewiesen.

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