Skip to main content

Bewerber präsentieren sich

Kandidatenforum zur Acherner OB-Wahl: Bei aller Ernsthaftigkeit der Themen bleibt Raum für Humor

Wie ticken die OB-Kandidaten? Spannende Frage. Redakteure und Leser fühlen den Bewerbern um das Amt des Oberbürgermeisters in der Großweierer Schloßfeldhalle auf den Zahn.

Zwei Frauen und vier Männer auf einem Podium
Die OB-Kandidaten Carmen Lötsch (zweite von rechts), Andreas Herbrandt (dritter von rechts), Manuel Tabor (vierter von rechts) und Thomas Merkt (fünfter von rechts) stellten sich in der Schloßfeldhalle in Großweier den Fragen der ABB-Redakteure Stefanie Prinz (links) und Frank Löhnig. Foto: Roland Spether

Am 17. September wählt Achern einen neuen Oberbürgermeister. Welche Positionen vertreten die vier Kandidaten, die die Nachfolge von OB Klaus Muttach (CDU) antreten möchten, in zentralen kommunalpolitischen Fragen?

Beim ABB-Kandidatenforum am Donnerstagabend zeigten sie Gesicht: Carmen Lötsch (57, CDU ), Manuel Tabor (42, CDU), Thomas Merkt (65, FBL) sowie Andreas Herbrandt (37, parteilos) stellten sich vor rund 250 Besuchern in der Schloßfeldhalle Großweier den Fragen der ABB-Redakteure Frank Löhnig und Stefanie Prinz.

Eine offene Diskussion wünscht sich Löhnig, und tatsächlich werden im Laufe des Abends Rufe aus den Reihen des Publikums laut – nach mehr Redezeit für Merkt und Herbrandt etwa.

Die fassen sich indes auch von sich aus kurz, während Tabor und Lötsch eine gewisse verbale Versiertheit zu eigen ist. Die Fragen der Redakteure kommen pointiert daher, ebenso einige Antworten, wobei der kantig-humorvolle Merkt am häufigsten für Amüsement sorgt.

Auf eine mögliche Ausweitung der Tempo-30-Zonen in Achern angesprochen, bedauert Tabor das Fehlen einer einheitlichen Regelung des Bundes, die diese innerorts auferlegt. Pauschal lasse sich nicht sagen, „dass Tempo 30 gut ist“; zu bedenken sei auch, dass die Zuständigkeit teils bei ganz anderen Behörden liege und vieles durch Gesetze geregelt sei.

Lötsch richtet den Blick auf „die Schwächsten“ und meint damit Fußgänger und Radfahrer. Sie wünscht sich einen „Mix“ samt ÖPNV und Car-Sharing, der die Innenstädte automatisch vom Verkehr entlaste.

Merkt hält Tempo 30 nicht einmal auf Bundesstraßen für illusorisch. Und plädiert für praktische Lösungen. Die beginnen bei ihm schon beim Reduzieren von Schildern. Herbrandt: „Eine 30er-Zone macht nur da Sinn, wo es Alternativen gibt.“

Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.
Manuel Tabor
OB-Kandidat

Zu einer Fußgängerzone im Zentrum sagt Tabor: „Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit.“ Dort lägen Arbeitsplätze, eine Umlenkung würde zudem etwa die Marktstraße belasten. „Der Verkehr ist da“, sieht auch Lötsch Probleme. Merkt meint, man sollte bestimmte Bereiche nur noch für Anliegerverkehr öffnen. Herbrandt hält eine Fußgängerzone nur in einem „kleinen Bereich“ für denkbar.

Beim Sujet des bezahlbaren Wohnraums verweist Lötsch auf kurzfristig umsetzbare Lösungen für Menschen mit sozialen Problemen: „Die Stadt kann leer stehenden Wohnraum anmieten und zu bezahlbaren Preisen weitervermieten.“ Der Ansatz, in den Neubaugebieten Sozialwohnungen auszuweisen, müsse weiterverfolgt werden. Langfristig könne eine Wohnbaugenossenschaft hilfreich sein.

Tabor pflichtet dem bei und spricht von „der sozialen Frage der Zeit“. Die betreffe längst auch andere Gesellschaftsschichten. „Das ist sozialer Sprengstoff, da muss die Stadt aktiv werden.“ Ähnlich äußert sich Herbrandt. Merkt ruft dazu auf, neue Wege zu gehen. Ungenutzte Grundstücke in privater Hand sollten verpachtet werden, um Module zu errichten. Wenn dort etwa Rentner einzögen, könnten die wiederum ihre teils viel zu großen Häuser zur Verfügung stellen. Letztlich stimmen auch seine drei Konkurrenten der Idee zu.

Schnell abgehandelt ist die Frage nach der Nutzung des Areals der alten Klinik. Tabor bringt den Tenor mit Blick auf die ferne Zukunft dieses Projekts auf den Punkt: „Wer Großbauprojekte in Deutschland kennt, darf gespannt sein“ (Gelächter im Saal). „Bis dahin haben wir gesellschaftliche Veränderungen, die wir heute noch gar nicht kennen.“

Beim „heißen Eisen“ der Kinderbetreuung kristallisiert sich ein Kernaspekt heraus: Alle Kandidaten sehen das Hauptproblem im Fachkräftemangel und bieten ein ganzes Bündel an Lösungsvorschlägen an.

Als Gruppe sind wir effizienter.
Andreas Herbrandt
OB-Kandidat

Stefanie Prinz thematisiert eine zunehmend aggressive Gesellschaft auch in Achern. Da spricht Herbrandt von der Spaltung in den letzten drei Jahren. Ein OB habe die Aufgabe, die Menschen wieder zusammenzubringen.

„Als Gruppe sind wir effizienter.“ Tabor bestätigt den Eindruck, dass die Gesellschaft polarisiert sei. „Das ist eine große Herausforderung.“ Lötsch sieht besonderen Bedarf, das Ehrenamt und speziell die Vereine von städtischer Seite stärker zu unterstützen, finanziell wie auch über Hilfe bei bürokratischen Aufgaben. Der Regulierungswahn ärgert auch Merkt.

Leserfragen fokussieren sich auf soziale Themen

Auch vorab eingegangene Leserfragen erreichen das Podium: WO-Redakteur Thomas Riedinger platziert sie und holt griffige Antworten ein. Ob es richtig war, fünf Millionen Euro für den neuen Rathausplatz auszugeben, statt das Geld etwa für soziale Zwecke zu nutzen: Da erlauben sich Tabor und Lötsch kein Urteil, Merkt und Herbrandt erscheint die Priorität falsch gesetzt - was das Publikum mit Applaus honoriert.

Im Kontext mit Leserfragen zeigt sich auch, dass der Erhalt von Grundschulen allen Beteiligten am Herzen liegt, der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung nicht nur aus Tabors Sicht am Personalmangel scheitern dürfte und Ordnungsamt und Polizei Störenfriede wie Poser stärker in den Fokus rücken sollten.

3 Personen
Die Redakteure Thomas Riedinger, Katrin König-Derki und Jörg Seiler (von rechts) vor Ort. Foto: Roland Spether

Und natürlich muss es um den Einzelhandel gehen, nennt sich Achern doch gerne die Einkaufsstadt. Auch da ist bei allen das Problembewusstsein vorhanden und die klare Einstellung, wie wichtig die Geschäfte für Achern sind. Klima und Windkraft sind weitere Themen, bevor es dann noch in die Schnellfragerunde geht.

Da wird dann auch das ein oder andere Geheimnis gelüftet. So zum Beispiel gesteht Manuel Tabor ein, dass er ein „grottenschlechter Tänzer“ sei. Andreas Herbrandt findet Carmen Lötschs Brille toll, die Dame im Quartett würde als erstes „befreit auflachen“, wenn sie im OB-Sessel sitzt und Thomas Merkt angesichts seines Gewichts die Stabilität des Chefsessels prüfen.

Es solle eine Entscheidungshilfe sein, so Stefanie Prinz. Einige Anregungen bekommen die Redakteure gleich mit auf den Weg. Es sei ja nicht über Senioren und Jugend geredet worden, meinen zwei Teilnehmer.

Service

Weitere Berichterstattung zur OB-Wahl finden Sie auf bnn.de und auf weiteren Sonderseiten im Acherner Teil des ABB. Videoporträts von den Kandidaten werden in den kommenden Tagen auf bnn.de veröffentlicht. Immer auf dem Laufenden sind Sie zudem mit dem kostenlosen Newsletter zur OB-Wahl, den man unter https://service.bnn.de/newsletter abonnieren kann. Er ist jederzeit wieder abbestellbar.

nach oben Zurück zum Seitenanfang