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Besuch auf eigenes Risiko

Experten warnen vor Blitzeis und Schneelast im Schwarzwald

Mehr denn je zieht es derzeit die Menschen in den Wald. Dass der Besuch besonders im Winter mit mehr als nur einem blauen Auge enden kann, wissen nur wenige.

Blick von der Hornisgrinde
Achtung vor Schneebruch: Auch die Äste der Tannen an der Hornisgrinde lassen die Köpfe hängen. Waldbesucher sollten den Wetterbericht vor dem Ausflug ganz genau im Blick behalten. Foto: Julian Meier

Der Weg ist bedeckt von einem Traum von Weiß, nur vereinzelt schimmert das Grün der Tannennadeln durch die dicke Schneeschicht auf den Ästen. Plötzlich ist ein lautes Krachen zu hören. Eine Ladung Schnee fällt herab.

Die Menschen zieht es spätestens seit der Corona-Pandemie in Scharen in die Wälder der Region. Dass der Besuch in der Natur jedoch schnell zu einer echten Gefahr werden kann, ist den meisten Menschen nicht bewusst. „Es kann jederzeit etwas passieren“, weiß Franziska Lemoine, stellvertretende Pressesprecherin des Nationalparks Schwarzwald.

Durch die sich schnell ändernden Wetterverhältnisse sei die Last auf den Ästen der Bäume immens – die Gefahr durch Schneebruch demnach besonders hoch, sagt sie. Die herabstürzenden Massen sind nicht selten vereist und bringen ein stolzes Gewicht auf die Waage. „Ich möchte das ungern abbekommen“, sagt die Pressesprecherin.

Besucher sollten vor ihrem Ausflug in den Nationalpark unbedingt den Wetterbericht im Auge behalten, rät Franziska Lemoine, stellvertretende Pressesprecherin des Nationalparks Schwarzwald. Auch der Blick auf die Internetseite des Parks lohnt sich, dort wird über aktuelle Wegsperrungen informiert.

Gefahr durch Blitzeis, Schneelast und Windböen

Auch wenn die Forstleute des Fachbereichs Wald- und Naturschutz das Ausflugsziel stets im Blick hätten, liege die Verantwortung und das Risiko allein bei den Besuchern. „Wer sich vorher informiert, ist klar im Vorteil“, sagt Pressesprecherin Franziska Lemoine.

Die Bildung von Blitzeis, die hohe Schneelast auf den Ästen und starke Windböen seien eine nicht zu unterschätzende Gefahr. Notfalls müsse der Sonntagsausflug eben abgeblasen werden, sagt sie.

Rangerin Friederike Schneider ist da ähnlicher Meinung. Sie ist zuständig für das Gebiet „Wilder See“, nordöstlich des Nationalparkzentrums am Ruhestein. Sie kontrolliert, ob die Besucher die angelegten Wege einhalten und die Regeln des Walds beachten.

Auch sie warnt vor herabfallenden Schneemassen. „Derzeit sind die Bäume vollgeladen mit Schnee“, weiß die Rangerin. Bei plötzlichen Wetterumschwüngen rät Schneider den Besuchern, zügig zum Auto zurückzugehen. Falls der Wagen nicht schnell genug erreicht werden kann, sollen sie sich unter Felsvorsprüngen unterstellen oder offene Felder aufsuchen.

Auch der Rucksack könne dazu genutzt werden, den Kopf vor kleineren herabfallenden Ästen zu schützen. Besucher sollten zudem stets ihren aktuellen Standort kennen. Nicht selten verirrten sich die Ausflügler, sagt die Rangerin.

Totholz erhöht das Risiko

Im Nationalpark Schwarzwald befindet sich eine Menge Totholz. Das Risiko, dass die Bäume den starken Winden und den Wetterumschwüngen nicht standhalten, sei daher umso größer. Nasser Schnee auf den Ästen sei besonders gefährlich, erklärt Schneider.

Wenn die weiße Pracht auf den Ästen zu tauen begonnen hat, sich das Wetter plötzlich ändert und Neuschnee fällt, sollten Besucher besonders vorsichtig sein. Die neue Schicht Schnee gefriert fest und drückt die Äste zusätzlich nach unten.

Auch wenn es mehr Menschen coronabedingt in die Wälder zieht, gebe es nicht mehr Einsätze der Bergwacht Schwarzwald, sagt Judith Joos, Referentin der Presse und Öffentlichkeitsarbeit. „Unsere Arbeit ist komplexer geworden“, räumt sie jedoch ein. Vorher habe sich der Einsatz der Bergwacht vor allem auf die Skigebiete begrenzt. Durch die vielen Spaziergänger und Schlittenfahrer sei der Einsatzraum sehr viel weitläufiger geworden.

Schnee fällt im Oberacherner Wald von den Bäumen.
Nicht zu unterschätzen: Auch die Spaziergänger im Oberacherner Wald müssen sich vor dem herabfallenden Schnee in Acht nehmen. Foto: Michaela Gabriel

Wer nun meint, dass die Gefahr durch Schneebruch nur im Nationalpark eine Rolle spielt, liegt falsch. Ab Höhenlagen von 400 Metern müssen sich Waldbesucher bereits in Acht nehmen, weiß Yvonne Chtioui, Leiterin des Forstbezirks Oberkirch. Auch im Ortenaukreis ist Vorsicht geboten: „Die Gefahr ist noch nicht vorbei“, warnt sie. Laut einer Pressemitteilung des Landratsamts Ortenaukreis ist die Landesstraße L94 zwischen dem Gasthaus Linde in Oberharmersbach, über den Löcherberg bis hin zur Bundesstraße B 28 wegen starkem Schneebruch gesperrt. Auch die Kreisstraße 5354 von Nordrach-Kolonie über den Löcherberg bis zur B28 musste gesperrt werden.

Förster raten von Waldbesuchen ab

Laut der Forstbezirksleiterin müssten Menschen in allen Waldgebieten im Umkreis vorsichtig sein. Von spontanen Besuchen ins Grüne rät die Forstbezirksleiterin ab. „Die Leute sollten den Wald lieber nicht betreten.“ Den Rat von Chtioui nehmen offenbar zu wenige ernst: Zahlreiche Spaziergänger besuchten am Wochenende den Illenauer Wald in Oberachern – obwohl dessen Wege teilweise durch Gitter versperrt waren.

Auch der Oberacherner Revierförster Gerhard Bruder rät vom Spaziergang ab. Am Freitagnachmittag habe er geprüft, ob zum Wochenende noch Wege freigemacht werden können. Er habe die Unfallgefahr für die Forstarbeiter jedoch als zu hoch eingeschätzt.

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