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Umstrittenes Bauprojekt

Lärm und Staub von Biomasse-Heizkraftwerk und Pelletwerk: Sorgen in Oberachern

Bei einer Infoveranstaltung des Sägewerks Hermann Keller und der Stadt Achern dürfen die Besucher Fragen und Sorgen äußern. Die Fachleute beruhigen die Gemüter.

Christian Gebele von der Rudnick & Enners GmbH, Lieferant für das Pelletwerk, erläutert interessierten Bürgern am Freitag Einzelheiten des Projekts.
Christian Gebele von der Rudnick & Enners GmbH, Lieferant für das Pelletwerk, erläutert interessierten Bürgern am Freitag Einzelheiten des Projekts. Foto: Katrin König-Derki

Mit einer Infoveranstaltung haben das Sägewerk Hermann Keller und die Stadt Achern Bürgern am Freitag die Möglichkeit gegeben, sich ein Bild vom geplanten Biomasse-Heizkraftwerk (BMHK) und einer angegliederten Holzpellet-Anlage zu machen: Neben der „Offenlegung des Ganzen“ gehe es auch um den Austausch, sagte Oberbürgermeister Manuel Tabor. Erfreut äußerte er sich über das große Interesse.

Sägewerk Hermann Keller senkt seinen CO2-Ausstoß durch neue Anlagen deutlich

Zunächst skizzierte Geschäftsführer Christian Keller die bisherige Arbeit des Sägewerks. Das anfallende Restholz werde mit rund 29 Lkw täglich zu wenigen, teils weit entfernten Kunden gefahren, sagte er. „Sollten diese wegfallen, wird es für uns gefährlich. Um das Risiko zu minimieren, kamen wir letztlich zur Lösung eines BMHK mit Pelletwerk.“

Dies bedeute auch mehr Nachhaltigkeit: Indem Sägemehl und Hackschnitzel künftig im Unternehmen verarbeitet würden, entstehe eine höhere Wertschöpfung; über die Restholz-Lkw werde man 30 Prozent weniger CO2 pro Jahr ausstoßen.

Alexander Salfner vom Planungsbüro HEP sagte, das BMHK werde vorrangig zur Stromerzeugung für das Sägewerk und die Pelletierung dienen. Die Stromproduktion belaufe sich auf 1.000 Kilowatt jährlich. „Verwendet wird naturbelassene Biomasse, die in erster Linie aus dem Betrieb kommt.“

Alle Anforderungen gemäß TA Luft (dem zentralen Regelwerk zur Verringerung von Emissionen und Immissionen von Luftschadstoffen aus immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen) seien den Gutachten folgend erfüllt, die mehrstufige Staubabscheidung erfolge über Filter. Auch allen weiteren gesetzlichen Vorgaben werde das Gesamtprojekt gerecht.

Lärmpegel und Staubemissionen werden in Achern so niedrig wie möglich gehalten

Christian Gebele von der Rudnick & Enners GmbH, Generalunternehmer für das Pelletwerk, bezifferte dessen Jahresleistung auf bis zu 61.000 Tonnen.

Er beschrieb die Anlage von der Rohstoffannahme bis hin zu Lagerstätten und verdeutlichte, dass alles in geschlossenen Räumen stattfinde, um Lärmpegel und Staubemissionen so niedrig wie möglich zu halten. In den Kaminen seien zudem Schalldämpfer installiert.

Die Trocknung der Pellets erfolge bei Niedertemperatur, es gebe Wärmerückgewinnungsmodule. Die Pellets würden abschließend auf Fahrzeuge verladen und für die Endkunden bereitgestellt.

Die Sorge eines Anliegers, man werde bei so viel Staub bald keine Fenster mehr öffnen können, beschwichtigte er: Man werde vermutlich deutlich weniger Staub produzieren als zulässig. Und die Grenzwerte, ergänzte Salfner, seien viel niedriger angesetzt als früher.

Lkw-Verladetätigkeit verursacht tagsüber am meisten Lärm

Zu den Geräuschimmissionen prognostizierte Georg Eßer von der ita Ingenieurgesellschaft mbH, der lauteste Ort in der Straße Spinnerhöfe sei das Haus Nummer fünf, es liege aber mit 200 Metern weit weg von der Anlage.

Tagsüber erwarte man 49 Dezibel, nachts 39 dB – gegenüber Richtwerten von 54 dB tagsüber und 39 nachts. Der Innengeräuschpegel sei recht hoch, weshalb das am stärksten betroffene Gebäude schalldämmende Außenbauteile erhalte. Am lautesten sei die Lkw-Verladetätigkeit von 6 bis 22 Uhr mit voraussichtlich 43 dB. Sämtliche Anforderungen würden dennoch eingehalten, auch unabhängig vom Wind.

Robin Sieb von der Firma Müller bbm beschrieb das Gutachten für Emissionsschutz: Die Schornsteine seien bis zu 30 Meter hoch, die Freiabströmung also gewährleistet. In der ganzen Umgebung lägen keine relevanten Emissionen wie Staub, Stickstoff und Geruch vor.

Wir sind zugleich Überwachungsbehörde.
Herbert Swarowsky
Referatsleiter beim RP Freiburg

Wie der Leiter des Referats Industrie, Luftreinhaltung und Anlagensicherheit beim Regierungspräsidium Freiburg, Herbert Swarowsky, erläuterte, ist das RP für das Genehmigungsverfahren zuständig, weil die Firma Keller Anlagen mit europarechtlichem Hintergrund habe. „Wir sind zugleich Überwachungsbehörde.“

Schwerpunkt der RP-Prüfung ist der Brand- und Explosionsschutz

Die bundesgesetzlich geregelten Verfahren für Pelletwerk wie BMHK sind ihm zufolge „vereinfacht und nicht öffentlich“. Bürger könnten aber konkrete Informationen beim RP beantragen. Schwerpunkte der Prüfung des RP seien Emissionen und Immissionen von Lärm und Staub sowie der Brand- und Explosionsschutz.

Alle Prognosen bescheinigten korrekte Werte, es werde zudem regelmäßige Kontrollen und Umwelt-Audits geben. Auch in den Anlagen selbst erfolgten Messungen. Bei Beschwerden von Nachbarn veranlasse das RP weitere Überwachungen und ordne bei Bedarf Nachrüstungen an.

Er kündigte an, dass die Firma Keller vorbehaltlich der Zustimmung des Gemeinderats mit dem Bau beginnen könne, schon bevor die immissionsschutzrechtliche Schlussgenehmigung erteilt sei. Zum Abschluss erläuterte Bürgermeister Dietmar Stiefel „die Rolle der Stadt“: Sei das Projekt planungsrechtlich zulässig, müsse sie ihr Einvernehmen erklären. Dies werde dem RP noch im laufenden Verfahren mitgeteilt.

Dass OB Tabor auf den Gesprächsbedarf von Anliegern reagierte, quittierte eine Besucherin am Ende mit viel Lob – und die rund 80 Teilnehmer mit Applaus. Die finale Entscheidung des Gemeinderats zum Projekt fällt an diesem Montag.

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