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Aufschrei des Entsetzens

Missbrauchsgutachten der Erzdiözese: So reagieren Christen in der nördlichen Ortenau

Ist diese Kirche noch zu retten? Das ist eine harte Frage. Doch mit Blick auf den aktuellen Bericht zum sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen durch katholische Geistliche ist diese Frage durchaus berechtigt

Exklusiv - Aufschrei des Entsetzens - Die Erzdiözese sieht sich mit dem Missbrauchsgutachten konfrontiert. Wie reagieren die Christen in der nördlichen Ortenau
Das Entsetzen über den offen gelegten „skandalösen Tatbestand“ zum sexuellen Missbrauch von Geistlichen an Kindern und Jugendlichen ist groß, die Kirchengemeinden stehen vor einer großen Herausforderung. Auf dem Symbolbild ist der Achertäler Dom in Kappelrodeck zu sehen. Foto: Roland Spether

Eine solche Kirche möchte wahrlich niemand in den hiesigen Pfarreien und deshalb ist der Aufschrei des Entsetzens über die offengelegten „toxischen Strukturen“ in der katholischen Kirche groß. Erzbischof Stephan Burger brachte diesen „skandalösen Tatbestand“ in einem Brief an Mitarbeiter und Gläubige auf den Punkt: „Hier wurde die Frohbotschaft Jesu eindeutig pervertiert.“

Unglaublich, fassungslos, entsetzt reagieren alle, die sich haupt- oder ehrenamtlich engagieren, seit Jahr und Tag mit der Kirche verbunden sind und die Gottesdienste besuchen. „Obwohl die Zahlen und Fakten über das erschreckende Missbrauchsgeschehen bekannt waren, hat mich nun das Ausmaß des Vertuschens seitens früherer Verantwortlicher der Bistumsleitung doch sehr erschüttert. Das macht mich wütend und traurig. Da finde ich keine Worte.“

Damit bringt Ursula Knoll-Schneider aus Lauf zum Ausdruck, wie sich alle in der Pastoral Tätigen und die Katholiken derzeit fühlen. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich ehrenamtlich in der Kirche und ist die Vorsitzende des Dekanatsrats. Deshalb weiß sie aus eigener Erfahrung nur zu gut, wie viel gute Arbeit an der Basis von vielen Jugendlichen und Erwachsenen mit Begeisterung geleistet wird, allein in der Seelsorgeeinheit Achern sind es über 900 Ehrenamtliche.

Hier wurde die Frohbotschaft Jesu eindeutig pervertiert.
Stephan Burger , Erzbischof

„Sehr nachdenklich“ machte sie die Aussage des Berichts, „dass von Missbrauch Betroffene, die so mutig waren, Taten und Täter zu benennen, oft in ihren Gemeinden keinen Rückhalt gefunden haben, sondern im Gegenteil für ihr Aufdecken von Straftaten angefeindet wurden“. Deshalb begrüßt sie sehr, dass mit Erzbischof Burger „ehrliche Aufklärung und Auseinandersetzung“ geschieht und verweist darauf, dass sich die Verantwortlichen in der Diözese und in den Pfarreien seit Jahren um Prävention bemühen.

„Mir wird immer mehr bewusst, wie wichtig und notwendig diese Sensibilität, diese Achtsamkeit im Umgang miteinander ist, um eine Vertrauensbasis zu haben, in der jede und jeder angenommen ist und über Probleme reden kann.“ Denn alle seien alle mitverantwortlich, „dass Kirche ein guter und sicherer Ort für alle ist und die Botschaft von der Liebe Gottes zu den Menschen lebendig bleibt“.

Versöhnungsgottesdienst zum Missbrauchsgutachten in Acherner Kirche geplant

„Wir dürfen dankbar sein, dass es diese Studie gibt, weil sie zeigt, wie umfassend und niederdrückend das Fehlverhalten im Umgang mit sexuellem Missbrauch war“, so Dekan Georg Schmitt und die Leiter der Seelsorgeeinheiten im Dekanat. Die Aufarbeitung zeige auf, „wie innerhalb einer Diözese das jahrelange kirchliche System des Verschweigens, Verdrängens, Vertuschens möglich wurde“.

Deutlich betonen die Pfarrer: „Die Aktenanalyse hat eine Seite der Kirche aufgeschlagen, die einfach nur weh tut. Das Leben und der Glaube für Menschen wurden zerstört.“ Und: „Davor weglaufen geht nicht. Es gilt das Unrecht anzuschauen, Umkehr zu leben und weiterhin konkrete, konsequente und transparente Schritte der Aufarbeitung und Veränderung und Prävention zu gehen.“

Die Pfarreien würden sich alle Mühe geben, offene und lebendige Gemeinden zu sein, in denen Toleranz, Respekt und Wertschätzung sowie grenzachtender Umgang gelebt werden. Deshalb würden allen Menschen, die sich kirchlichem Handeln anvertrauen, Lebensräume angeboten, in denen sie ihre Persönlichkeit, Begabungen und Beziehungsfähigkeit und ihren persönlichen Glauben entfalten können.

„Unsere Kirchengemeinden mit ihren Gruppierungen und Diensten sollen ein sicherer Ort sein für unsere Gemeindemitglieder und für die uns anvertrauten Menschen.“ Dazu hätten die Kirchengemeinden eigene Schutzkonzepte zur Prävention gegen sexualisierte Gewalt erstellt und würden diese immer wieder weiter entwickeln. Es wurde auch ein Verhaltenskodex für die Mitarbeiter erstellt und Schulungen und Seminare errichtet, die ihnen helfen, den grenzachtenden Umgang zu leben. „Kinder, Jugendliche und Erwachsene haben ein Recht auf seelische und körperliche Unversehrtheit und Wahrung ihrer sexuellen Integrität.“

Ein Versöhnungsgottesdienst zum Missbrauchsgutachten findet am Dienstag, 25. April, um 19 Uhr in der Kirche „Unserer Lieben Frau“ in Achern statt.

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