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Prozess in Offenburg

Gericht verurteilt früheren Leiter des Kehler Ordnungsamtes wegen Bestechlichkeit

Das Landgericht Offenburg hat den früheren Leiter des Kehler Ordnungsamtes wegen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit verurteilt.

Der frühere Leiter des Kehler Ordnungsamtes ist zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. 
Der frühere Leiter des Kehler Ordnungsamtes ist zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt worden, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.  Foto: Uli Deck/dpa

„Es ist gut, dass der Prozess zu Ende geht, die Erschöpfung ist den Beteiligten anzumerken“, so Richter Matthias Eckelt, eingangs der Urteilsverkündung im Kehler Korruptionsprozess, und ergänzt: „Wir haben es hier mit drei Angeklagten mit beeindruckenden Lebensleistungen zu tun.“

Die zweite große Strafkammer des Landgerichts Offenburg verurteilte am letzten der fünf Prozesstage die drei noch verbliebenen Angeklagten zu Bewährungs- und zum Teil hohen Geldstrafen.

Bewährungsstrafe statt Haft für früheren Leiter des Kehler Ordnungsamtes

Der Hauptangeklagte, der frühere 41-jährige Ordnungsamtsleiter der Stadt Kehl, erhielt wegen Vorteilsnahme und Bestechlichkeit eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten Haft. Das Gericht verordnete ihm darüber hinaus eine psychologische Beratung zur Abklärung einer Behandlungsbedürftigkeit und er erhielt eine Arbeitsauflage von 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Erheblich höher waren die finanziellen Sanktionen für den angeklagten Unternehmer, Hotelier und Spielhallenbetreiber. Seinen „Riesenfehler“, wie es der 74-Jährige selbst bezeichnete, indem er dem Amtschef einen Kredit von 50.000 Euro zusicherte, kostet ihn als Bewährungsauflage 300.000 Euro. Er erhielt, wie der Hauptangeklagte, eine Bewährungsstrafe wegen Bestechung von einem Jahr und zwei Monaten Haft.

Der mitangeklagte 51-jährige Geschäftsführer des Unternehmers, der entscheidend als Strippenzieher in die Machenschaften seines Chefs mit dem Ex-Amtsleiter involviert war, wurde wegen Beihilfe zur Bestechung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt.

Das Strafverfahren hatte mit der Einstellung gegen zwei mitangeklagte Spielhallenbetreiber und weiteren Zurücknahmen von Vorwürfen im Verlauf des Prozesses an Umfang verloren. Im Wesentlichen blieb der Tatvorwurf eines gewährten kostenlosen Ferienaufenthaltes und eines versprochenen Kredites von 50.000 Euro.

Jener sollte dem damaligen Ordnungsamtsleiter zur Finanzierung eines Immobiliengeschäftes vom Unternehmer zugesichert worden sein. Diese Kreditzusage war ein Entgegenkommen für pflichtwidrige Ausnahmegenehmigungen von Spielhallen und der Offenbarung von geheimhaltungswürdigen Informationen. Es soll auch eine „Vorabgewährung“ gewesen sein, um den Mann von Abwanderungsgedanken aus dem Kehler Rathaus abzuhalten.

Bei dieser Kreditgewährung spricht einiges für Schenkung, so der Richter, und erklärt weiter: Auch wenn das Geld im letzten Moment von dem Amtsleiter abgelehnt wurde, sei der Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit erfüllt. „Man ist sich handelseinig geworden.“

Verteidiger möchte in Revision gehen

Von Gewicht war auch die Gewährung eines Ferienaufenthaltes in der privaten Ferienwohnung des Unternehmers im Schwarzwald. Wenn auch nur für eine Nacht, und keinesfalls aus sozial adäquaten Gesichtspunkten, wie es die Verteidigung zitierte, sondern eindeutig als Vorteilsannahme. Richter Eckelt: „Wer stellt trotz Vermietungsverbot während der Corona-Zeit eine Ferienwohnung ohne Hintergründe unentgeltlich zur Verfügung. Die Geldstrafe von 300.000 Euro ist zumutbar, soll diese doch auch eine abschreckende Wirkung auslösen.“

Das Gericht ordnete diese Geldsumme zu je 25.000 Euro als Zuwendung an insgesamt elf gemeinnützige Vereine und Einrichtungen im Ortenaukreis, wie beispielsweise der Drogenberatung, der sozialen Rechtspflege, der Jugendhilfe, dem DRK und anderen an.

An den Amtsleiter gerichtet: „Sie haben als vollziehende Gewalt total versagt, und haben sich nicht an Recht und Gesetz gehalten.“ Richter Eckelt legte Wert auf die Tatsache, dass hier nicht die Stadt Kehl angeklagt ist, sondern einzig und allein der Amtsleiter. Dieser habe das Amt ausgeführt, ohne deren Grenzen zu erkennen.

„Sie trotzten jeglicher Gerechtigkeit.“ Die Bewährungsstrafen an die Verurteilten waren in diesem Korruptionsprozess neben den Geständnissen und der Vorstrafenfreiheit auch der Tatsache geschuldet, dass nach Abwägung aller Vorwürfe „der Tatbestand des besonders schweren Falles“ nicht vorliege. „Aber auch keinesfalls handelt es sich um einen minderschweren Fall, wie von der Verteidigung erwogen“, so Eckelt.

Der Verteidiger des Unternehmers, der Freiburger Strafrechtler Christian Rhode, erwägt, für seinen Mandanten gegen das Urteil in Revision zu gehen, wie er im Gespräch erklärte.

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