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Glanzzeiten vorbei?

Mehr als 3.000 Rassekaninchen in Offenburg präsentiert

Die Baden Arena in Offenburg wurde wieder zu Deutschlands „größten Hasenstall“. Doch die Glanzzeiten in der Kleinzierzucht sind vorbei. Eine Spurensuche.

Ingo Zehnle aus Haslach im Kinzigtal ist mehrfacher Badischer Landesmeister mit einem „Deutschen Riesen“.
Ingo Zehnle aus Haslach im Kinzigtal ist mehrfacher badischer Landesmeister mit einem „deutschen Riesen“. Foto: Winfried Köninger

Die Baden Arena hat sich wieder einmal zum „größten Hasenstall“ in Deutschland entwickelt. Das Offenburger Messegelände war Schauplatz der 52. Badischen Landesrassenkaninchenschau des Landesverbands Badischer Rassekaninchenzüchter. Der Landesverband mit 22 Kreisverbänden, 330 Ortsvereinen und knapp 8.800 Mitgliedern gehöre zu den Größten ihrer Art im Bundesgebiet.

Teilnehmerzahlen von einst werden nicht mehr erreicht

„Offenburg ist ein wichtiger und bei den Züchtern sehr beliebter Veranstaltungsort für die alljährliche Präsentation der Rassekaninchen“, verdeutlicht Jörg Hess, Vorsitzender des Landesverbandes, die Bedeutung des Messestandortes. „Corona war für die Rasse-Kaninchenzucht und die Landesschau nicht förderlich“, wie es Hess zum Ausdruck brachte. Nach dem Einbruch im Vorjahr mit 2.500, statt der üblicherweise 4.000 Tiere, zeigt die Tendenz mit aktuell 3.039 Kaninchen wieder nach oben.

„Aber die einstigen Zahlen werden vermutlich nicht mehr erreicht“, bedauert der Landesvorsitzende die Entwicklung in der Rassekaninchenzucht. Die Gründe über den Rückgang an Tieren und Züchtern sind vielschichtig. Das Hobby ist aufwendiger geworden. Die Preise für Futtermittel und Einstreu haben sich nahezu verdoppelt. Die Rassekaninchenzucht kostet je Tier und Monat rund zehn Euro, rechnet Ingo Zehnle, Ringwart vom Kleintierzuchtverein Haslach im Kinzigtal vor.

Zunahme von Verordnungen demotiviert Züchter

Der mehrfache badische Landesmeister züchtet Deutsche Riesen und war mit dieser Rasse mehrfach erfolgreich. „Es ist ein Hobby, das Spaß macht, und dementsprechend auch seinen Preis hat.“ Demotivierend auf die Rassenzucht ist auch eine Zunahme von Verordnungen. Dem Tierwohl geschuldet sind dies beispielsweise Änderungen in der Stallgröße, deren Umstellungen gerade ältere Züchter nicht mehr wahrnehmen können.

Hinzu kommen kritische Reaktionen von Tierschützern und der Tierrechtsorganisation Peta, die in der Stallhaltung einen Widerspruch zum Tierwohl sehen. Das Tierwohl habe bei jedem Züchter einen hohen Stellenwert. Das war aus den Worten der Züchter unüberhörbar und im liebevollen Umgang mit den Tieren bei der Ausstellung auch unübersehbar.

Die Landesschau ist nicht nur Präsentation, sondern auch eine Art Börse. Die Züchter nutzen das Forum, um gut bewertete Tiere an Kollegen zu verkaufen. Andere wiederum, um Zuchtmaterial für die eigene Rassezucht zu erkunden. Der Präsentation voraus ging die Bewertung jedes einzelnen Tieres durch ein Fachpreisrichtergremium.

Der Zweck der Bewertung ist nicht allein wegen der Vergabe von Pokalen, sondern stellt eine Zuchtwertprüfung nach landwirtschaftlichen Aspekten dar. Dabei wird der Züchterfleiß vor allem auch in Form des Pflegezustandes bewertet, erklärt der Fachverband.

Auffallend viele Elsässer

Das Schlachten ist zwar auch ein Thema für viele Rassezüchter, es ist aber eher ein Randnutzen. Im Vordergrund stehe die Weiterzucht, mit dem Reiz, ein besonders schönes Tier ihrer Rasse zu züchten, so das Fazit aus Gesprächen mit Zuchtexperten. Der Besuch der jetzigen Landesschau und die Kaufbereitschaft nach Tieren war gut, so Hess, und berichtet von rund 900 bis 1.000 Besuchern an den beiden Tagen und von einer Verkaufsquote von über der Hälfte der verkaufsfähigen Tiere.

Auffallend stark besetzt war der Parkplatz mit Fahrzeugen mit elsässischen Kennzeichen. Für Züchter Philipp Müller und Erich Fabing aus Ratzwiller im Elsass ist Offenburg alljährlich ein Muss. „Bei keiner Schau ist die Rassenvielfalt so hoch wie hier.“ Die beiden französischen Züchter hielten im Badischen Ausschau nach der Rasse „Kastanienbraune Lothringer“. Für Züchter wie auch für Besucher, die einfach „nur“ schauen wollten, war die Fülle und die Vielfalt der angestellten Tiere außerordentlich groß.

150 Rassen galt es zu bestaunen, vom kleinen Zwergrexen oder Zwergwidder bis hin zu Wiener in allen Farben, englische Schecken oder Weißen Neuseeländer, es waren alle Größen- und Gewichtsklassen vertreten. Mit etwas Sorge betrachtet der Landesverband den Rückgang nicht nur an Mitgliedern, sondern auch das schwindende Interesse der Jugend.

Der Landesverband sehe aber in der Jugendarbeit eine wichtige Säule und hat die jetzige Landesschau mit der 51. Badischen Landesjugend-Rassekaninchenschau verbunden. Die Jugend war mit 320 Tieren vertreten.

Schwindendes Interesse an der Kleintierzucht

Der 14-jährige Max Kissinger aus dem württembergischen Schwaigern gehört zu den jugendlichen Ausstellern. Der Realschüler betreibt seit seinem siebten Lebensjahr dieses Hobby und züchtet die beliebte Kleinrasse „Perlfeh“. Der baden-württembergische Jugendmeister „hat einfach Spaß mit Tieren“ und züchtet auf dem elterlichen Hof auch die Riesen-Hühnerrasse „Brahma“.

Einig sind sich alle Kleintierzüchter in ihrer Arbeit zur Erhaltung der Rassenvielfalt. Landesvorsitzender Jörg Hess sieht aber ein Problem im schwindenden Interesse an der Kleintierzucht. „Wir würden viele seltene Rassen verlieren, wenn Züchter aufgeben.“

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